Existenzgründung: Die gute Idee reicht nicht

Außerhalb ihres Kerngeschäfts brauchen Gründerinnen und Gründer oft Hilfe

„Jeder kann verkaufen“ – das ist das Credo von Birgit Kieslich.

Text: Daniel Boss, Foto: Dunkhase

„Die Fachexpertise unter Gründerinnen und Gründern ist groß – aber eine vertriebliche Ausbildung fehlt den meisten.“ Diese Erfahrung hat Birgit Kieslich gemacht. Die Ratingerin ist seit zehn Jahren als Vertriebscoach unterwegs. Viele ihrer Kundinnen und Kunden hätten eine Aversion gegen das Verkaufen. Oder sie trauten sich nicht, potenzielle Auftraggeber aktiv anzusprechen – „aus Angst, verbrannte Erde zu hinterlassen“. Im Vertriebscoaching gehe es um Impulse und Ideen, wie Verkaufen ganz praktisch für die Gründerinnen und Gründer funktionieren könne, ohne dass man sich verbiegen müsse.
Birgit Kieslich ist überzeugt: „Jeder kann verkaufen.“ Aber nicht jeder Vertriebskanal passe zu jedem Business und jedem Anbieter. „Manchmal wollen auch die richtigen Kunden erst noch gefunden werden und wir feilen noch ein wenig am Geschäftsmodell.“ Seit einigen Jahren beobachtet sie, dass „alle ins Online-Business drängen“, wobei die klassischen Vertriebskanäle und der direkte Dialog häufig vergessen werden. „Moderne und klassische Kanäle gehen heute Hand in Hand: Man kann online hervorragend Vertrauen aufbauen und offline – im direkten Kunden-Dialog – verkaufen.“

Foto: IHK Düsseldorf

„Professioneller Vertrieb und ordentliche Buchhaltung sind das A und O“

Mathias Meinke, IHK Düsseldorf

Auch wenn die Zahlen der Neugründungen in ganz NRW durch Corona zurückgegangen sind, übt der Sprung in die Selbstständigkeit auf viele Menschen nach wie vor eine große Faszination aus. Ob innovatives Start-up oder Einstieg in ein klassisches Metier – mit einem am Markt gefragten Geschäftsmodell kann dieser Schritt zum Erfolg führen. „Ohne eine gute Idee geht es natürlich nicht“, sagt Mathias Meinke von der IHK Düsseldorf. Allerdings sei sie nur die „halbe Miete“, betont der Gründungsexperte. Denn neben dem operativen Geschäft seien vor allem ein professioneller Vertrieb und eine ordentliche Buchhaltung gefragt, wolle man keinen Schiffbruch erleiden. Hier gilt es, sich gegebenenfalls weiterzubilden oder externe Experten an Bord zu holen. Diverse Unternehmen aus verschiedenen Branchen haben sich auf die Begleitung junger Unternehmen spezialisiert.

Knackpunkt IT-Infrastruktur

So auch Andreas Eickel, Geschäftsführer der Düsseldorfer NAS Conception GmbH. Der IT-Dienstleister bietet seit mehr als zwei Jahren „Einrichtungspakete“ für Start-ups an. Professioneller Mailserver, Warenwirtschaft, CRM für die Kundenbetreuung, Cloud-Festnetztelefonie und Dokumentenmanagement sind die wichtigsten Schlagworte. „Gründer müssen schlicht und ergreifend von Beginn an eine funktionierende IT-Infrastruktur haben“, so Eickel. Da es gelegentlich vorkommt, dass solche NAS-Kunden noch gar nicht über ein eigenes Büro verfügen, ist ein dezentraler Zugriff auf alle Bereiche zwingend erforderlich. „Das wollen die meisten jungen Gründerinnen und Gründer ohnehin so haben – Home-Office ist für sie seit Jahren völlig normal.“ Mails empfangen, Verkaufsprozesse steuern, telefonieren – was noch vor Jahren durch einen „riesigen Serverschrank“ an einem Ort geleistet worden sei, komme inzwischen als mobiler Dienst aus der „digitalen Wolke“.

Foto: Dehn

Für einen erfolgreichen Start ist es essenziell, sich über seine Einzigartigkeit bewusst zu sein“

Christina Dehn, Strandgut Kommunikationsdesign

„Selbstständigen Mut zur Marke machen“, das will Christina Dehn von Strandgut Kommunikationsdesign in Düsseldorf. Für einen erfolgreichen Start sei es essenziell, sich über seine Einzigartigkeit bewusst zu sein. Gemeinsam mit ihren Kunden entwickele sie daraus das visuelle Erscheinungsbild, also: Logo, Geschäftsausstattung, Werbemittel und Website. „Mein Ziel ist, dass sie sich damit hundertprozentig wohlfühlen, weil es authentisch ihre Persönlichkeit widerspiegelt und auf ihre Kunden sympathisch und überzeugend wirkt.“
Die Ansprüche an Gestaltung sind ihrer Beobachtung nach in den vergangenen Jahren digitaler geworden. „Ich muss bei der Gestaltung viel stärker berücksichtigen, dass beispielsweise ein Logo auch in den digitalen Medien funktioniert.“ Hat sie bis vor fünf Jahren auch noch für Agenturen gearbeitet, so sind es heute vielmehr Solo-Selbstständige, die sie beauftragen. Meist sind es Kundinnen, die in ihrer zweiten Lebenshälfte noch einmal durchstarten wollen. „Dann kann ich auch mit Empathie und weiblichem Fingerspitzengefühl punkten, weil ich mich 2007 bei meiner Gründung, die übrigens von der IHK unterstützend begleitet wurde, in derselben Situation befunden habe.“

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