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Fachkräftesicherung – erster IHK-Zukunftskongress


Text: Dagmar Haas-Pilwat; © Melanie Zanin
Wer macht eigentlich morgen noch die Arbeit? So provokant die Frage auch klingen mag, so ernst stellt sie sich in der Realität dar. Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Arbeitskräfte werden immer weniger, immer älter, immer bunter. Was tun, um Fachkräfte zu finden, zu binden, zu entwickeln und zu fördern?

„Es gibt Lösungen, aber nicht den einen Trick. Wir müssen vielmehr alle Potenziale ausschöpfen“, sagte Dr. Nikolaus Paffenholz, Abteilungsleiter Unternehmensservice der IHK Düsseldorf, zu Beginn der Informationsrunde aus spannenden Impulsen, praxisnahen Diskussionen und konkreten Lösungsansätzen. Unter dem Motto „Jeder Kopf zählt“ wurde im Ernst-Schneider-Saal ein 360° Rundumblick gewagt. 

Fachkräftesicherung ganzheitlich denken: Potenziale nutzen und Strukturen modernisieren

In seinem Vortrag „Quo vadis Fachkräfte?“ sprach Florian Bernardt, Senior Researcher im Bereich Wirtschaft & Soziales von der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung in Osnabrück, davon, dass die Engpässe an Arbeitskräften sich verschärfen, die Zahl der unbesetzten Stellen weiter steigen werden. 2035 – so die Studien – werden 30 Prozent der Arbeitnehmer in Rente gehen, zusätzlich 10000 Arbeitsplätze unbesetzt sein und sich allein in Nordrhein-Westfalen ein Wertschöpfungsverlust von 230 Milliarden Euro ergeben „Wir müssen deshalb die Werkzeugkiste weit aufmachen“, betonte Dr. Paffenholz. Das bedeutet beim Thema „Fachkräfte finden“ in erster Linie Folgendes: Deutlich mehr Frauen für den Beruf gewinnen, aber auch in entsprechenden Führungspositionen. „Wir pflegen Strukturen aus dem letzten Jahrhundert“, kritisierte Johanna Torkuhl, Leiterin des Kompetenzzentrums Frau und Beruf Düsseldorf und Kreis Mettmann (Competentia). Die größten Hebel seien das Angebot an Kinderbetreuung, die flexible Arbeitszeitgestaltung und das Ausprobieren der Möglichkeiten.

„Frauen brauchen Zugang zu Netzwerken, keine Sonderbehandlung. Auch Frauen in Teilzeit wollen Karriere machen. Wer Frauen gewinnt, trifft die klügste Wachstumsstrategie“

Johanna Torkuhl
Johanna Torkuhl, Leiterin des Kompetenzzentrums Frau und Beruf Düsseldorf und Kreis Mettmann (Competentia)

Passend zum Stichwort „inländische Potenziale“ ausschöpfen, stellte Ulla Backes, zuständig für Ausbildungsberatung, -stellenvermittlung und -Projekte, IHK, die Frage: „Warum nicht selber ausbilden?“. Schließlich seien Ex-Auszubildende nicht nur loyale Mitarbeiter, sondern sie verjüngten das Team. Für mehr Inklusion warb Lutz Overrath, EAA-Berater (Einheitliche Ansprechstelle für Arbeitgeber) der IHK Düsseldorf: „In NRW warten 56 000  motivierte arbeitslose Menschen mit Behinderung darauf, eingestellt zu werden. Das ist ein Schatz, der gehoben werden sollte, zumal die IHK beratend und unterstützend zur Seite steht – beispielsweise wenn es um Fördermittel geht.“ 

Internationale Fachkräfte gewinnen und langfristig binden

Beim Thema „Fachkräfte finden“ spielt die internationale Anwerbung eine bedeutende Rolle: Theresa Proyer, IHK-Referentin für Internationale Fachkräftesicherung, sagte: „Unsere Aufgabe ist es, Unternehmen zu begleiten – von Bewerbungsgesprächen über die Anerkennung bis hin zur Integration. Niemand muss diesen Weg allein gehen.“ Das gelte besonders für das Modellprojekt „Hand in Hand for International Talents“: Es unterstütze gezielt bei der Rekrutierung qualifizierter Fachkräfte für die Berufsfelder Hotellerie, Gastronomie, Elektrotechnik, Metallverarbeitung und Mechatronik sowie IT aus dem Ausland – passgenau, praxisnah und „Hand in Hand“ mit allen Netzwerkpartnern.

Der Bedarf ist groß: „Nur knapp sechs Prozent der Unternehmen in Deutschland werben bislang aktiv international Fachkräfte an. Rund 58 Prozent sehen keinen Bedarf, während 36 Prozent trotz Engpässen nicht im Ausland rekrutieren – meist wegen Bürokratie, Anerkennungsfragen oder fehlender Integrationserfahrung“, betonte Almut Schmitz, Projektleiterin der NRW Fachkräfteagentur International (FAI). Hier setze die (FAI) an: Sie begleitet Unternehmen bei allen Fragen – von Anerkennung über Visumsverfahren  bis zum Onboarding. Finanziert durch das Land NRW und den Europäischen Sozialfonds (ESF) ist die Beratung kostenfrei. Das Ziel sei, Deutschland als attraktives Einwanderungsland mit fairer Anwerbung zu positionieren.

Erfolgsfaktor Willkommenskultur: Unterstützung für internationale Fachkräfte und ihre Familien

Wie wertvoll ein unterstützendes Umfeld wirkt, unterstrich Svitlana Bayer, Leiterin des Expat Service Desk (ESD). Die gemeinsame Einrichtung der IHK Düsseldorf, der Stadt Düsseldorf und des Kreises Mettmann berät zu aufenthalts- und arbeitsrechtlichen Verfahren, gibt Orientierung bei alltäglichen Herausforderungen wie bei der Suche nach Wohnraum, Schule oder Kita und hilft mitreisenden Partnerinnen und Partnern beim beruflichen Anschluss. „Wir bieten nicht nur Informationen, sondern schaffen Netzwerke – damit sich internationale Fachkräfte und ihre Familien hier schnell wohlfühlen können“, so Bayer.
Damit Fachkräfte auch bleiben, sei eine attraktive  Unternehmenskultur nötig, die etwa flexible Arbeitszeiten, Beteiligung, gute Führung und Vertrauen umfasse – so Beraterin Alexandra Wachendorfer (ar priori) in ihrem Impulsvortrag. Das Zertifikat für wegweisende Unternehmenskultur von Competentia und IHK helfe dabei. Zum Binden von Fachkräften gehöre auch der Fokus auf ältere Mitarbeitende und insgesamt das Thema Vielfalt, wie Christian Jerusalem (Wiseforce Advisors GmbH) und Stephan Jäger (IHK) ausführten. 

Neben einer attraktiven Unternehmenskultur steht generell die Weiterbildung als Zukunftsmotor im Mittelpunkt. „Talente stärken, Potenziale entfalten – das sind unsere Schlüssel“, betonte Dr. Kerstin Vorberg, IHK-Geschäftsführerin Berufliche Weiterbildung.  

Als Fazit resümierte Stephan Jäger, IHK Berater für Fachkräftesicherung: „Dieser IHK-Zukunftskongress hat eindrucksvoll gezeigt, wie dringlich die Herausforderung für Unternehmen ist und wie mehrere Stellschrauben zur Fachkräftesicherung weiterhelfen können. Es gibt nicht die eine perfekte Lösung zur Beantwortung des Fachkräftemangels. Jedes Unternehmen muss eine eigene Arbeitgebenden-Marke und am besten eine eigene positive Unternehmenskultur in Richtung Personalattraktivität entwickeln. Zusammen mit unseren Kooperationspartnern bieten wir als IHK Düsseldorf dabei vielfältige Unterstützung, wie auch unser ,Wegweiser Fachkräftesicherung‘ für Unternehmen aufzeigt.“

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