Fachkräftesicherung durch Vielfalt

Aus der IHKFachkräftesicherung durch Vielfalt

Anlässlich des Deutschen Diversity-Tags zeigte die IHK Düsseldorf, wie internationale Fachkräftesicherung in der Praxis funktioniert – mit starken Beispielen aus der Region, engagierten Unternehmen und einem klaren Appell: Vielfalt ist kein Nice-to-have, sondern ein Muss.

Text: Simone Fischer, Fotos: Andreas Endermann
„Der Diversity-Tag ist mehr als nur ein Kalendereintrag. Er ist ein Aufruf zu Offenheit, Perspektivenvielfalt und praktischem Handeln. Unternehmen erkennen zunehmend, dass Vielfalt nicht nur moralisch richtig, sondern auch wirtschaftlich notwendig ist. Anders ausgedrückt: In Zeiten des Fachkräftemangels ist Vielfalt keine Kür, sondern ein Muss.“ Mit diesen Worten eröffnete Dr. Nikolaus Paffenholz, Leiter der Abteilung Unternehmensservice der IHK Düsseldorf die Veranstaltung zum 13. Deutschen Diversity-Tag. Und er stellte klar: Vielfalt ist ein strategischer Erfolgsfaktor. Wer sie lebt, gewinnt an Ideen, Innovationskraft und Attraktivität. Den Schwerpunkt der Veranstaltung bildete das Thema „Internationale Fachkräftesicherung“ mit einem klaren Fokus auf Praxisbeispiele und konkrete Unterstützungsangebote für Unternehmen. Vielfalt und Internationalität wurden dabei nicht nur diskutiert, sondern anhand erlebbarer Beispiele greifbar gemacht mit positiven Effekten für alle Beteiligten.

In ihrem Impulsvortrag skizzierte Dr. Andrea Hammermann, Senior Economist am Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln), die Dringlichkeit des Handelns: „Bis 2040 wird die Zahl der Über-67-Jährigen deutlich steigen. Gleichzeitig schrumpft das Erwerbspersonenpotenzial rapide, wenn wir nicht gegensteuern.“ Die IW-Köln-Expertin machte klar: „Wir brauchen heterogene Arbeitskräfte, also eine Aktivierung des heimischen Potenzials ebenso wie gezielte Zuwanderung.“ Doch es geht nicht nur um Quantität, sondern auch um Qualität: Wie genau das gelingen kann, zeigten im Anschluss gleich mehrere Praxisbeispiele in Zusammenarbeit mit der IHK.

Netigo GmbH – Fachkräfte international gewinnen

Die Netigo GmbH aus Düsseldorf ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie gezielte internationale Fachkräftegewinnung gelingen kann. Das auf digitale Lösungen spezialisierte Unternehmen beschäftigt heute 20 Mitarbeitende aus neun Nationen. Um dem wachsenden Bedarf an qualifizierten IT-Fachkräften zu begegnen, wandte sich Geschäftsführer Tobias Bühne an die IHK Düsseldorf – konkret an das Projekt „Hand in Hand for International Talents“ (HiH). HiH ist ein gemeinsames Pilotprojekt von IHK-Organisation, DIHK und der Bundesagentur für Arbeit, das gezielt gut ausgebildete Fachkräfte aus ausgewählten Drittstaaten mit deutschen Unternehmen zusammenbringt. Im Fall von Netigo übernahm das Projektteam nicht nur die passgenaue Rekrutierung im Ausland, sondern unterstützte auch bei der Anerkennung der Berufsqualifikation sowie beim Visumsverfahren. „Ein Jahr hat der Anerkennungsprozess gedauert, aber die Unterstützung durch die IHK war entscheidend. Seit 2022 ist Duy Nguyen aus Vietman nun bei uns und eine weitere Bereicherung“, freut sich Bühne.

ProExpat und ESD – Für ein (Will)Kommen, um zu bleiben

Doch nicht nur das Ankommen ist entscheidend, sondern auch das Bleiben. Genau hier setzt der Expat Service Desk ME & DUS (ESD) an. Als Schnittstelle zwischen Behörden und Privatwirtschaft arbeitet der ESD mit Relocation-Agenturen wie ProExpat Relocation zusammen und begleitet Unternehmen und internationale Fachkräfte durch administrative Prozesse, von der Arbeitserlaubnis über Visa-Fragen bis zur Integration. Svitlana Bayer, Leiterin des ESD, beschreibt das Ziel: „Wir schaffen eine Plattform für Beratung, Begleitung und Begegnung. Das reicht von Informationen zu arbeitsrechtlichen Themen über Veranstaltungen zu interkultureller Kompetenz bis hin zur Vernetzung in Vereinen und Communities. So entstehen internationale Netzwerke und echte Willkommenskultur, wie bei Social Melting Pot.“

Inklusion bei Durapact 2.0 – Chancen erkennen

Vielfalt bedeutet auch Inklusion. Die Durapact 2.0 Kompetenzzentrum Faserbeton GmbH in Haan gab einem Mann mit Beeinträchtigungen eine Chance – zunächst in Form eines Praktikums. Begeistert von seinem Engagement und seiner Loyalität, entschied sich das Unternehmen zur festen Anstellung. Unterstützt wurde der Weg von der Einheitlichen Ansprechstelle für Arbeitgeber (EAA) der IHK. „Mehr als 80 Prozent der Menschen mit Behinderungen erkennt man nicht auf den ersten Blick. Es ist ein Irrglaube, sie seien automatisch nicht leistungsfähig. In ihnen steckt enormes Potenzial für den Arbeitsmarkt“, sagte Lutz Overrath, Fachberater für Inklusion der EEA der IHK. Und das Praxisbeispiel zeigt es deutlich: Die Unterstützung durch Fördermittel und Beratung schafft Win-Win-Situationen für Unternehmen und den einzelnen Menschen.

Rheinbahn – Integration im „Rheinbahnland“

Auch die Rheinbahn AG setzt gezielt auf Vielfalt und hat dafür ein eigenes Integrationsprogramm im „Rheinbahnland“ gestartet. Mit 3.700 Mitarbeitenden aus mehr als 50 Nationen ist das Unternehmen bereits heute international geprägt. Doch der Bedarf ist hoch: 450 offene Stellen allein im Fahrdienst zählt das Unternehmen. Deshalb startet im Sommer ein Pilotprojekt mit Unterstützung der IHK Düsseldorf (Willkommenslotsen, UBAconnectIHK FOSA) zur Integration von Menschen mit Fluchthintergrund. „Unter dem Titel ‚Steig ein – lenk mit‘ bieten wir eine praxisnahe Qualifizierung an, bei der Sprachförderung und Arbeitsalltag eng miteinander verzahnt sind“, erklärte Lennart Welz, Referent für kulturelle Vielfalt, Integration und Migration bei der Rheinbahn. Allein in diesem Jahr sollen 50 Personen qualifiziert werden, im kommenden Jahr bereits 100, um dem wachsenden Engpass entgegenzuwirken und gleichzeitig auch weiterhin die rund 550.000 Personen im Raum Düsseldorf und dem Kreis Mettmann bewegen zu können.

Markt der Vielfalt und Resümee

Begleitet wurde das Bühnenprogramm des Diversity-Tagsvom „Markt der Vielfalt & Internationalität“ im IHK-Foyer. Dort präsentierten sich weitere Akteure wie TalentSure by Certif-ID International GmbH, Educaro Deutschland GmbH, Leo & Sagittarius Consulting, SEARCH4 Global Talent Solutions GmbH sowie die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE)/GIZ.

Moderator Stephan Jäger, Berater für Fachkräftesicherung bei der IHK Düsseldorf, zog ein positives Fazit: „Die heutige Veranstaltung hat eindrucksvoll gezeigt, wie gut Vielfalt funktionieren kann. Ob internationale Rekrutierung, individuelle Begleitung durch den Expat Service Desk, Inklusion mit der EAA oder gezielte Integrationsprojekte, wie bei der Rheinbahn mit dem Willkommenslotsen, und vieles andere mehr: Vielfalt ist kein Hindernis, sondern der Weg in eine zukunftsfähige Arbeitswelt und ein wichtiger Bestandteil der Fachkräftesicherung.“


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