Internationale Fachkräfte: Wie gelingt die faire Anwerbung?

Aus der IHKInternationale Fachkräfte: Wie gelingt die faire Anwerbung?

Mit einem fulminanten Auftakt hat die IHK zu Düsseldorf ein neues Netzwerk ins Leben gerufen.

Autor: Daniel Boss / © IHK Düsseldorf / Dezember 2025
Im Ernst-Schneider-Saal der IHK zu Düsseldorf war kein Sitzplatz mehr frei: „Dass es so rappelvoll werden würde, hätten selbst wir nicht erwartet“, so ein hocherfreuter IHK-Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen in seiner Begrüßung. Das hohe Publikumsinteresse an der Auftaktveranstaltung „Netzwerk Internationale Fachkräfte Düsseldorf und Kreis Mettmann“ spiegelt die Relevanz des Themas wider. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage habe die Fachkräftesicherung nach wie vor eine hohe Priorität bei den Unternehmen im Kammerbezirk, sagte Berghausen und verwies auf aktuelle Unternehmensbefragungen. „Die Fachkräftelücke lässt sich nicht allein durch Rekrutierung im Land schließen.“ Es braucht also Anwerbung im Ausland. Wie dieser komplexe und damit herausfordernde Prozess – gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen – erfolgreich gelingen kann, darum ging es an dem Abend in Düsseldorf. 

Die IHK Düsseldorf gab damit den Startschuss für eine neue regionale Plattform zur internationalen Fachkräftegewinnung. „Sehr wahrscheinlich ist es das erste Netzwerk dieser Art in NRW“, so Berghausen. Erklärtes Ziel ist es, die vielfältigen Akteure – von Personaldienstleistern über Qualifizierungs- und Sprachträger bis hin zu Beratungsstellen, Kommunen und Unternehmen – stärker als bisher zusammenzubringen. Für den ersten Austausch auf großer Bühne hatte das IHK-Team rund um Theresa Proyer, hiesige Referentin für Internationale Fachkräftesicherung, kompetente Gäste geladen. Für das NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hob Referentin Susanne Matic-Wilkening zunächst die NRW Fachkräfte Agentur International, kurz FAI, als „systemischen Lösungsansatz“ hervor. Die FAI unterstützt Arbeitgeber durch kostenlose Leistungsangebote mit Fokus auf Fachkräfte und Azubis von außerhalb der EU und dient unter anderem als „Bürokratielotse“. Aber: „Die FAI wirbt selbst nicht an“, betonte Matic-Wilkening. Hier müssen Unternehmen also selbst aktiv werden. 

Ein naheliegender Schritt ist es, professionelle Dienstleister zu beauftragen. Doch welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um internationale Fachkräfte zu gewinnen und zu integrieren? Darüber diskutierte Dr. Nikolaus Paffenholz, Abteilungsleiter Unternehmensservice bei der IHK, mit FAI-Projektleiterin Almut Schmitz, Viktoria Landers von der DIHK Service GmbH (Hand in Hand for International Talents) sowie den Branchenvertretern Christian Sassin vom Vorstand des Bundesverbands internationale Fachkräftegewinnung e.V. und Martin Klingen, Vorstandsmitglied im Gesamtverband der Personaldienstleister e.V. (GVP). 

Zwei Begriffe prägten die Gesprächsrunde: fair und nachhaltig. „Wir haben uns als Verband zusammengetan, um Regeln aufzustellen. Wir wollen es langfristig gut machen“, sagte Sassin. Dazu gehört für ihn unter anderem das „Employer Pays“-Prinzip. Heißt: Arbeitnehmende dürfen niemals Kosten für ihre Anwerbung tragen – und dadurch womöglich hohe Schulden auftürmen. „Wenn Menschen ,umsonst‘ angeboten’ werden, zahlt jemand anders“, warnte Sassin vor unseriösen Angeboten. Für die Zeitarbeit verwies Klingen auf Qualitätsstandards, die sein Verband entwickelt habe. Es gebe interne Kontakt- und Schlichtungsstellen.  

Einig sind sich alle, dass „Schwarze Schafe“ in der Vermittlung von Arbeitskräften aus dem Ausland möglichst nicht zum Zuge kommen dürfen. Die FAI will im kommenden Jahr mit dem Werkzeug der Selbstauskunft für Vermittlungsagenturen eine Orientierungshilfe bieten. Eine branchenspezifische Suche nach Anwerbespezialisten ist in Planung. Zu einem fairen und nachhaltigen Verfahren gehört für Schmitz auch die Begleitung nach der Einstellung: „Es geht nicht, dass Menschen einfach an der Türschwelle abgesetzt werden.“

Zudem müssten sich laut Klingen auch die deutschen Unternehmen auf die neuen Kolleginnen und Kollegen einstellen: „Eine kulturelle Offenheit ist gefragt.“ Landers regte „ein bisschen mehr Risikobereitschaft“ in diesem Bereich an. Unternehmen sollten in ausländische Fachkräfte investieren, „selbst wenn nicht 100 Prozent der Fallstricke beseitigt sind“. Wer das Thema nun im nächsten Jahr verstärkt angehen will, hatte dazu gleich optimale Einstiegsmöglichkeiten: Im Rahmen einer „Pitch Section“ stellten sich 15 Dienstleister und Institutionen jeweils zwei Minuten lang vor. Die Bandbreite reichte von Indien- und Südamerika-Spezialisten über Fachleute für Business Immigration bis zu Deutschkurs-Anbietern. Alle standen nach dem offiziellen Teil für weitere Gespräche zur Verfügung. Zum Abschluss betonte Dr. Nikolaus Paffenholz den gemeinsamen Konsens darüber, dass internationale Fachkräftegewinnung Transparenz und faire Bedingungen benötige, die für die Unternehmen einfach umsetzbar sei. Theresa Proyer zieht das Fazit, dass die IHK Düsseldorf angesichts der großen Resonanz das Netzwerk nun weiter ausbaut und weitere Veranstaltungen dazu organisieren möchte.


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