Text: Gesa van der Meyden, Fotos: Paul Esser
Daniel Franzen ist Dozent an der privaten Wirtschaftsschule Schatz in Düsseldorf, die Menschen eine Umschulung anbietet, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in ihrem alten Job arbeiten können. Auch er musste sein Leben nach einer Krebsdiagnose umstellen. Für seinen Chef ist er aus mehreren Gründen der ideale Mitarbeiter.
Das Vorstellungsgespräch lief erst wenige Minuten, da war die Sache für Martin Flachskamm, Geschäftsführer der privaten Handels- und Wirtschaftsschule Schatz GmbH, bereits klar. „Herr Franzen hat einen sehr guten Eindruck auf mich gemacht. Die Bewerbungsunterlagen waren perfekt, er hatte durch einen zweijährigen Auslandsaufenthalt sehr gute Englischkenntnisse und Erfahrung als Dozent für EDV. Außerdem war er mir auf Anhieb sympathisch“, sagt der 57-Jährige. Zusammen mit seinen sieben Mitarbeitern unterrichtet er Menschen, die wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr in ihrem ursprünglichen Job arbeiten können und schult sie auf kaufmännische Berufe um. „Die Umschulung dauert zwei Jahre, dann machen unsere Kandidaten einen IHK-geprüften Abschluss, der absolut gleichwertig mit dem herkömmlichen Abschluss nach dreijähriger Ausbildung ist. Auch das Zeugnis ist identisch, es gibt darauf keinen Hinweis auf die Umschulung.“
„Es ist wichtig, empathisch zu sein“
Martin Flachskamm, Wirtschaftsschule Schatz
Martin Flachskamm betont das deshalb, weil viele Menschen fürchten, wegen ihres erzwungenen zweiten Bildungswegs stigmatisiert zu werden. „Ein früherer Handwerker oder eine gelernte Altenpflegerin zweifeln manchmal daran, ob sie für die Arbeit am Computer geeignet sind, um die es bei kaufmännischen Berufen hauptsächlich geht. Es ist daher wichtig, empathisch zu sein und die Schüler bei diesem Umbruch nicht nur fachlich, sondern auch menschlich zu begleiten.“ Dass Daniel Franzen das aufgrund seiner eigenen Lebensgeschichte vielleicht besser kann als andere, wusste Flachskamm noch nicht, als er sich für ihn entschieden hatte. Erst später im Gespräch erwähnte der junge Bewerber, dass er eine Krebserkrankung hinter sich hat. Dass der Privatschule wegen der Einstellung des jungen Dozenten für EDV öffentliche Fördermittel zustehen, erfuhr Flachskamm, als er Franzen längst eingestellt hatte.
Fördergelder bieten Anreize
„Die Arbeitsagentur hat sich in meinem Namen an die IHK gewandt und darauf hingewiesen, dass die Schule wegen meiner früheren Krebserkrankung eine Förderung beantragen kann“, sagt Daniel Franzen, der wegen seiner Krankengeschichte einen Schwerbehindertenausweis besitzt, körperlich aber voll einsatzfähig ist. „Die IHK hat uns dann bei der Antragstellung unterstützt.“
Zuständig dafür ist André Lutz Overrath, Fachberater für Inklusion bei der IHK Düsseldorf. Er wirbt bei Unternehmen dafür, den Blick bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter zu weiten und auch Menschen mit Behinderungen in den Blick zu nehmen. „Sie sind häufig besonders motivierte Mitarbeiter und können eine echte Alternative in Zeiten des Fachkräftemangels sein. Die öffentlichen Fördergelder sind ein zusätzlicher Anreiz, diesen Menschen eine Chance zu geben.“ Positive Beispiele wie Daniel Franzen wirkten wie „Multiplikatoren für andere Menschen mit Handicap und Arbeitgeber, diesen Weg zu gehen“, sagt Overrath.
„Ich habe meine Berufung gefunden“
Daniel Franzen, Dozent
Daniel Franzen hatte ursprünglich ganz andere Pläne. Der 34-jährige gebürtige Mönchengladbacher studierte Journalistik und Germanistik, wollte beruflich schreiben. Weil die Jobaussichten nicht gut waren, entschied er sich nach einem zweijährigen Aufenthalt in Australien um, machte eine Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement. Während dieser Zeit hatte er Gelegenheit, erste Erfahrungen als EDV-Dozent zu machen. „Da habe ich schnell gemerkt, dass mir diese Arbeit liegt und großen Spaß macht. Inzwischen würde ich sagen, ich habe meine Berufung gefunden.“
Mitten in der Ausbildung ging es ihm 2018 plötzlich schlechter, er suchte einen Arzt auf. Die Diagnose traf den damals 32-Jährigen wie aus dem Nichts: Krebs. „Ich wurde dann recht schnell operiert und habe eine Chemotherapie gemacht. Es war Glück im Unglück, weil der Krebs früh erkannt wurde und nicht gestreut hat. Insgesamt war ich zwei Monate krankgeschrieben und konnte meine Ausbildung danach beenden“, erzählt Franzen.
Den Neueinstieg wagen
Heute ist er körperlich wieder komplett gesund, muss aber alle sechs Monate zur Kontrolle und mit der Sorge leben, dass die Krankheit wiederkommen könnte. „Ich denke nicht permanent daran, habe es aber im Hinterkopf.“
Weil Franzen weiß, wie es sich anfühlt, das Leben neu in Angriff nehmen zu müssen und dabei auch mit Ängsten zu kämpfen, ist er an der Privatschule genau richtig. „Ich kann gut nachfühlen, wie es meinen Schülern geht. Auch ich musste wieder neu ins Berufsleben einsteigen und mit diesem Bruch zurechtkommen. Dadurch habe ich eine gute Bindung zu ihnen und kann schnell Vertrauen aufbauen.“
Inklusion ist im Online-Magazin der IHK Düsseldorf immer wieder ein Thema. Eine Reihe von Beiträgen zeigt, dass die Ausbildung und die Integration von Menschen mit Handicap auch für die Unternehmen viele Vorteile bietet. Unternehmen, die sich dafür interessieren, können sich bei der IHK an André Lutz Overrath wenden.
Fragen, Anregungen oder konstruktive Kritik zum Online-Magazin der IHK Düsseldorf? Wir freuen uns auf Ihre E-Mail.
Die Redaktion