Düsseldorfer Direktkandidierende stehen Rede und Antwort

Bundestagswahl-Arenen der IHK in den Düsseldorfer Wahlkreisen

Text: Isabel Klaas, Fotos: Andreas Wiese/Andreas Endermann

Insgesamt 18 Direktkandidierende der derzeit im Bundestag vertretenen Fraktionen stellten sich bei den diesjährigen IHK-Wahlarenen den jeweils zweistündigen, intensiven wirtschaftspolitischen Diskussionen. Mit von der Partie waren dabei Vertreterinnen und Vertreter der vier Wahlbezirke in Düsseldorf und dem Kreis Mettmann. „Noch sind es gut zwei Wochen bis zum Wahltag. Es lohnt sich auf jeden Fall, genau hinzuhören, was die Kandidierenden für die Wirtschaft zwischen Rhein und Niederberg künftig in Berlin zu tun gedenken“, betont auch Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, den inhaltlichen Mehrwert des Formates.

Bundestagswahl-Arena Düsseldorf I

Bereits in der vergangenen Woche waren die Kandidaten aus dem Norden Düsseldorfs bei der IHK zu ihrer ersten Wahlarena eingeladen. In den regionalen Unternehmen stecke eine Menge Potenzial, das es lohne, zu fördern, waren die Direktkandidaten Thomas Jarzombek (CDU), Zanda Martes (SPD), Dr. Marie-Agnes Strack- Zimmermann (FDP), Frederik F. Hartmann von den Grünen und Helmut Born von den Linken einhellig der Meinung. Wichtig seien für die Unternehmen klare, verlässliche Ziellinien und mehr Sicherheit in Bezug auf Investitionen und Kredite, betonte Pantel.

„Wir haben hier alle zusammen, die über die nötige Kompetenz verfügen, uns Rede und Antwort zu stehen“

Andreas Schmitz, Präsident der IHK Düsseldorf

Bei der Bundestagswahl-Arena I waren dabei (von links): Helmut Born (Die Linke), Andreas Schmitz (IHK-Präsident), Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, MdB (FDP), Zanda Martens (SPD), Frederik F. Hartmann (B90/ Die Grünen) und Thomas Jarzombek, MdB (CDU). Foto: Andreas Wiese

Zuvor wies der Präsident der IHK Düsseldorf, Andreas Schmitz, bei der Begrüßung der Politiker-Runde, der Gäste im Tulip Inn Düsseldorf Arena und an den heimischen Tablets darauf hin, dass es sich um eine parteiunabhängige, offene Diskussion über Sachthemen handele. „Wir haben hier alle zusammen, die über die nötige Kompetenz verfügen, uns Rede und Antwort zu stehen“, sagte er mit Blick auf die Teilnehmenden.

Verschiedene Wege im Blick

Naturgemäß haben die verschiedenen Parteien unterschiedliche Vorstellungen, wie man ans Ziel kommt. Eine Steuererhöhung für den Klimaschutz ist beispielsweise für Strack-Zimmermann völlig undenkbar. Sie nennt es eine Sabotage am Aufschwung, der gerade wieder so ganz langsam anlaufe. Lieber will sie Firmen mit innovativen Ideen unterstützen und dafür in Land und Bund auch noch mehr Schulden machen, wenn die sich später durch eine florierende Wirtschaft wieder einspielen. „Wir müssen Unternehmen, die Ideen haben und klimaneutral produzieren, fördern“, betonte auch der Grüne Frederik F. Hartmann. „Sichere Arbeit und Klimaschutz“ schließen für Zanda Martens (SPD) einander nicht aus. „Wir müssen schauen, was der Region hilft“, sagte sie. Auch Thomas Jarzombek (CDU) schrecken hohe Investitionen in neue umweltfreundliche Technologien nicht. „Wir müssen machen, was Arbeit schafft“, erklärte er. Am besten partnerschaftlich mit Staat und den entsprechenden Unternehmen in einem Boot, gerne auch mit intelligenten Start-ups.“

Klimaschutz nur mit Unternehmen

Dass Klimaschutz ohne hiesige Unternehmen nicht zu schaffen ist, stellte selbst der Linke Helmut Born heraus. Allerdings mache stetiges Wirtschaftswachstum die Erde auf Dauer unbewohnbar. Die hiesigen Unternehmen forderte er auf, alle Einzelteile wieder selbst herzustellen und nicht in Asien billig und umweltfeindlich produzieren zu lassen. Damit rannte er beim Grünen-Vertreter fast offene Türen ein: Der zumindest setzt auf die Realisierung des Lieferkettengesetzes. „Damit man weiß, woher jedes Produkt kommt und unter welchen Bedingungen es gefertigt wurde.“ Gleichzeitig plädierte er für eine Steuererleichterung der kleinen und mittleren Unternehmen.

Düsseldorfer Verkehrsstrukturen

Eine rege Diskussion entspannte sich vor allem auch über die Deutsche Bahn. Es werde zu wenig in den Bahnbereich investiert, so der Grünen-Kandidat. Es müssten mehr Passagiere, aber auch mehr „Lkw auf die Schiene“. Für schwere Lasten sei die Bahn zu wenig flexibel, hieß es. Strack-Zimmermann sieht eine Lösung im Privatisieren der Züge. „Mit der normalen S-Bahn zu fahren, ist ja eklig“, sagte sie. Privat fahre man erheblich komfortabler. Die Verkehrslawine, die täglich durch Düsseldorf rollt, macht übrigens nicht nur Born Sorgen. Ein Vertreter des Forums Stadtmarketing meldete sich aus dem Publikum zu Wort: „Die Verkehrsstrukturen hier in Düsseldorf sind nicht in Schuss“, klagte er. Im Düsseldorfer Norden gebe es ein Loch in der Straße. „Das dauert nun fünf bis sechs Monate, ehe es geflickt wird.“

Corona als Treibstoff der Digitalisierung

Einig war man sich, dass Corona die Digitalisierung vorangetrieben habe. „Das wird eine komplette Veränderung der Arbeitswelt mit sich bringen“, so Strack-Zimmermann. Allerdings seien die Behörden da oft weiter hinter den Unternehmen zurück, so Hartmann. „Es gibt bei uns noch Abteilungen, aus denen gefaxt wird“, bestätigte die FDP-Vertreterin. Vielleicht kann das ja bald ein Ministerium für Digitalisierung unterbinden, das die CDU dringend fordert. „Wir müssen Gas geben, in den Schulen und in Bezug auf die Infrastruktur für Unternehmen“, sagt er. Als Fazit aus den vielen Online-Käufen während der Pandemie forderte die FDP eine Sonntagsöffnung für die Läden, die es wollen. „Ich weiß, Kirchen und Gewerkschaften wollen nicht“, so Strack-Zimmermann. „Ich bin für eine Nachmittagsöffnung. Da kann man morgens auch in die Kirche gehen. Und laut Statistik wird da am meisten im Internet geshoppt.“

Aufzeichnung der Bundestagswahl-Arena Düsseldorf I

Bundestagswahl-Arena Düsseldorf II

Die Zukunft der Düsseldorfer Unternehmen nach der Pandemie und im Zuge der Energiewende wird nicht leicht. Aber es soll Hilfe vor allem von den zuständigen Bundestagsabgeordneten geben. Das jedenfalls versprachen die fünf Kandidaten für den Düsseldorfer Süden, die auf Einladung der IHK zur Wahlarena Nummer II in den Flughafen gekommen waren. Mit dem IHK-Präsidenten Andreas Schmitz und Moderator Helmut Rehmsen diskutierten Sylvia Pantel (CDU), Andreas Rimkus (SPD), Sara Nanni (Grüne), Julia Marmulla (Linke) und Dr. Christoph Schork (FDP).

„Was die Politik unternimmt, ist für die Unternehmer in unserer Region und deren Wirtschaften sehr wichtig“

Andreas Schmitz, Präsident der IHK Düsseldorf
Bei der Bundestagswahl-Arena II diskutierten (von links) IHK-Präsident Andreas Schmitz, Sylvia Pantel, MdB (CDU)
Dr. Christoph Schork (FDP), Sara Nanni (B90/ Die Grünen), Julia Marmulla (Die Linke) und Andreas Rimkus, MdB (SPD)
Foto: Andreas Endermann

Wichtig für die Region

Schmitz betonte als Gastgeber die Unabhängigkeit der IHK und deren Wunsch nach konkreten Aussagen der Politiker. „Wir werden hier schnell erkennen, wer nur populistische Schlagworte verbreitet oder echte Kompetenz hat“, warnte Schmitz zu Beginn. „Was die Politik unternimmt, ist für die Unternehmer in unserer Region und deren Wirtschaften sehr wichtig“, betonte er. Er wies auf die angespannte Situation nach Corona hin. Viele Unternehmen hätten nur durch staatliche Hilfen überlebt. „Wir müssen uns auf die Region konzentrieren“, sagte er. Sorgen mache ihm auch die zunehmende Akademisierung junger Menschen und der damit einhergehende Fachkräftemangel: „Abitur und Studium sind nicht der alleine seligmachende Pfad“, erklärte er.

Bürokratie macht das Leben schwer

Doch nicht nur letzteres Problem brennt den Unternehmern auf den Nägeln: Energiewende bis 2045 und Nachhaltigkeit, schadstofffreie Mobilität, Digitalisierung und die Bürokratie in den Behörden, wenn es um Unterstützung oder Förderung geht, machen besonders mittelständischen und kleinen Firmen das Überleben schwer. Dass die Weichenstellung in Sachen nachhaltige Energie unbedingt in Richtung „mehr Wind und mehr Sonne“ gehen müsse, bezweifelte Andreas Rimkus (SPD) nicht. Er sieht auch die Möglichkeit, mit neuen Methoden neue Arbeitsplätze zu schaffen. Als Exempel führte er eine Siedlung an, deren komplettes Müllaufkommen in Strom und damit auch in Wasserstoff umgewandelt werde, der dann wiederum von Firmen genutzt werden könne.

Socken aus CO2

Start-ups, die auf solche Ideen kommen, sind unter Umständen fein raus. Aber auch diejenigen, die zur Produktion noch viel herkömmliche Energie benötigen, dürften nicht zum Aufgeben gezwungen werden, stellten die Politiker unisono fest. „Mit allen, die derzeit noch nicht können, weil es nicht rentabel ist, müssen wir Investitionsverträge schließen“, sagt Grünen-Vertreterin Nanni. „100 Prozent erneuerbare Energie? Wir müssen uns fragen, wie realistisch ist so etwas in absehbarere Zeit?“, warf Sylivia Pantel von der CDU ein. Viele gute Ideen schwirrten durch den Raum: Da habe eine Firma aus dem CO2 aus der Atmosphäre einen Kunststoff entwickelt, aus dem man Socken machen kann, so der FDP-Vertreter Dr. Christoph Schork begeistert. Doch vor Ort stelle sich erst einmal die Frage, wie man eine Gießerei im Süden Düsseldorfs, die mit den teuren Stromkosten zurechtkommen müsse, entlasten könne, ohne dass Arbeitsplätze verloren gingen, erklärte Pantel. „Da braucht es unbedingt Lösungen.“ Besonders, da sowohl Grüne als auch Linke den Preis für eine Tonne CO2 langfristig in Richtung 180 Euro bewegen wollen. Zurzeit sind es 25 Euro.

Uneinigkeit in Sachen Binnenschifffahrt

Während sich Rimkus eindeutig für eine zügige klimaneutrale Umstellung der Binnenschifffahrt etwa auf dem Rhein ausspricht, zählt dies die Grünen-Vertreterin Nanni nicht zu ihrer ersten Priorität. Sie plädiert dafür, sich bei einer wasserstoffbasierten Mobilität zuerst auf den LKW- und den Luftverkehr zu konzentrieren. Der SDP-Politiker hingegen sieht bereits in kürzerer Frist für Wasserstoffantriebe in Binnenschiffen großes Potenziale, auch wenn die Umstellung nicht ganz so einfach würde. „Wir brauchen das Binnenschiff“, betont er, „deshalb werden wir die Wasserstraßen ausbauen“. Die Sorge von Anwohnern versucht er zu beruhigen, dass es beim dortigen Ausbau des Reisholzer Hafens um eine dringend benötigte Versorgung der Industrie im Düsseldorfer Süden gehe, „und eben nicht um den Bau eines überdimensionierten Container-Hubs“. „Kein Verbot von innerdeutschen Kurzstreckenflügen“, so der Tenor aller Kandidierenden, mit Ausnahme der Linken Marmulla. Vielmehr werde umgekehrt ein Schuh daraus: Die Schiene müsse so attraktiv gemacht werden, dass die Nachfrage nach diesen Flügen weitgehend entfalle. Und konkret für den Düsseldorfer Flughafen sehen sie bei der aktuellen Nachtflugregelung einen gelungenen Kompromiss zwischen den berechtigten Anwohnerinteressen und dem Drehkreuz Düsseldorf als Wirtschaftsfaktor für die Region.

Aufzeichnung der Bundestagswahl-Arena Düsseldorf II

Am 7. September fand die Serie der IHK-Bundestagswahl-Arenen 2021 im Südkreis Mettmann ihren erfolgreichen Abschluss. Darüber haben wir in einem separaten Artikel berichtet.