Ein Glasbote gegen den Verpackungsmüll

Das 2021 gegründete Düsseldorfer Start-up setzt auf Lebensmittel in Gläsern

Glasbote
Julia Riensche und Florin Kutten haben das Start-up Glasbote gegründet.

Text: Dagmar Haas-Pilwat, Fotos: Glasbote
Manchmal liegen gute Ideen auf der Straße oder am Strand oder unter Wasser. Die Erfahrung jedenfalls machte Florin Kutten, als er nach seinem Examen auf Weltreise ging. Nicht nur auf Bali und in Laos am Mekong-Ufer sah er überall Plastikmüll – sogar beim Tauchen. Da der 27-Jährige Pandemiebedingt seine Tour vorzeitig beenden musste und er so ein paar Tausend Euro Gespartes auf der hohen Kante hatte, gründete er nach seiner Rückkehr mit seiner Studienkollegin Julia Riensche das Start-up Glasbote. Der aus Luxemburg stammende Kutten und die 25-jährige hatten sich an der Düsseldorfer Universität beim Wirtschaftsstudium kennengelernt.

Der Name Glasbote ist Programm

Mit dem Ziel, Verpackungsmüll zu reduzieren, bieten die Jungunternehmer seit Ende 2021 einen Online-Shop mit unverpackten Lebensmitteln und Hygieneprodukten an. Wer dort bestellt, bekommt die Waren emissionsfrei per Lastenfahrrad nach Hause geliefert. Um zumindest lokal nachhaltig und damit klimafreundlich zu handeln, haben sie sich ihr Glasmehrwegsystem ausgedacht.
Von den knapp 19 Millionen Tonnen an Verpackungsmüll in Deutschland werde nur wenig recycelt, kritisiert Kutten. Der größte Anteil werde verbrannt, lande in Deponien oder sogar im Meer. Auch das Recycling von Glas durch Sammeln und Einschmelzen habe keine gute Ökobilanz. „Dieses Glas wird zur Recyclinganlage transportiert und dort mit sehr hohem energetischen Aufwand eingeschmolzen.“
Bei Glasbote werden die Behältnisse gereinigt und neu befüllt. „Das kostet zwar auch Energie und Wasser“, räumt Kutten ein. Aber eben deutlich weniger als beim Einschmelzen und Formen neuer Gläser. 30 bis 40 Mal müsse ein Glasbehältnis genutzt werden, dann erst sei es nachhaltig.

„Wir bieten eine einfache Lösung für alle an“

Julia Riensche, Glasbote

Und wie funktioniert das Ganze? Auf der Webseite des Unternehmens können derzeit rund 300 Produkte in handelsüblichen Größen von passierten Tomaten bis Cashewnüsse im Mehrwegglas und andere plastikfreie Produkte wie Waschmittel oder Bambus-Zahnbürste bestellt werden. Glasboten bringen ab einem Mindestbestellwert von 35 Euro den Einkauf nach Hause. Auf die Glasbehälter für die Produkte gibt es Pfand. Bei der Folge-Bestellung werden die leeren Gläser wieder mitgenommen und im Lager in Bilk gereinigt. Danach sind sie bereit zur Neubefüllung. „So machen wir eine Kreislaufwirtschaft für die Glasbehälter möglich“, erklärt der Gründer und Geschäftsführer. Das Paketmaterial ist übrigens ein Jutebeutel und geliefert wird per E-Lastenfahrrad, was den Verkehr in den Innenstädten entlastet.
Anders als bei Unverpackt-Läden soll das Einkaufserlebnis bequem sein, sagt Kutten. Denn der Kunde muss nicht erst in den Laden laufen oder fahren und findet dann womöglich nur eine begrenzte Auswahl an Produkten vor. In Düsseldorf mit rund 620.000 Einwohnern gab es bislang lediglich drei Unverpackt-Läden, einer davon hat bereits wieder aufgegeben. „Und der Einkauf dort mit eigenen Gefäßen ist sehr aufwendig und zeitraubend“, sagt Julia Riensche. „Wir dagegen bieten eine einfache Lösung für alle an.“

Alles, was am unverpackten Einkaufen umständlich ist, nimmt Glasbote seinen Kunden ab. „Wir beziehen unsere Waren in großen Säcken direkt vom Produzenten und füllen sie selbst in die Gläser ab“, so Kutten. Die Vision sei, Waren verpackungsfrei vom Produzenten zum Konsumenten bekommen. Bei Bestellungen mit einem Mausklick bis 12 Uhr mittags, wird noch am selben Tag geliefert.
Seit den Anfängen habe man bereits mehrere tausend Einwegverpackungen überflüssig gemacht, erklärt Florin Kutten. Und die Zeichen stehen auf Expansion: Demnächst sollen 800 Produkte zur Auswahl stehen: Neben Nudeln, Reis, Brotaufstrich oder Fruchtgummis, frischem Obst und Gemüse vom Bauern im Obstnetz sind Backwaren geplant und – sofern die Kühlkette garantiert ist – Käse und Milch.
Den Namen „Glasbote“ haben sich die Düsseldorfer europaweit schützen lassen. In NRW sind die Gründer bislang noch die Einzigen. In Berlin sind dagegen schon Alpakas und Fandli, das sich kürzlich in Flying Emma umbenannt hat, mit ähnlichen Konzepten aktiv. Großes Vorbild sei jedoch Pieter Pott aus den Niederlanden. Die erst 2020 gegründete Firma liefert Lebensmittel in Gläsern und anderen Gefäßen per Post aus. Seit der Gründung habe man bereits mehr als eine Million Einwegverpackungen überflüssig gemacht, heißt es aus Rotterdam. Und das nächste Ziel seien zehn Millionen.

„Um unsere Expansionsziele zu erreichen, brauchen wir mehr Investoren“

Florin Kutten, Glasbote

Glasbote tritt bescheidener auf, will erst einmal in anderen NRW-Städten wachsen, dann deutschland- und europaweit. „Um unsere Expansionsziele zu erreichen, brauchen wir aber mehr Investoren. Denn auch bei Lieferungen in die Düsseldorfer Peripherie und später in NRW benötigen wir unter anderem Elektrofahrzeuge“, sagt Kutten. Auch das erste Ausland hat Kutten schon im Blick. „Das wird Luxemburg, meine Heimat, sein.“


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