Französische Botschafterin zu Gast

Anne Descȏtes fordert mehr Handlungsfähigkeit für Europa

Französische Botschafterin
Anne Descȏtes mit IHK-Präsident Andreas Schmitz.

Text: IHK-Redaktion, Fotos: Paul Esser
Unterwegs in NRW war Ende März Anne Descȏtes, die französische Botschafterin in Deutschland. Am 31. März stand ein Besuch bei der IHK Düsseldorf auf ihrem Programm. Bei einem Round-Table-Gespräch nutzte sie die Gelegenheit, sich mit Unternehmerinnen und Unternehmern auszutauschen, die sich wirtschaftlich in Frankreich engagieren. Das Land hat während des ersten Halbjahres 2022 die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union inne –eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, europäische Lösungsansätze für die aktuellen Herausforderungen zu suchen.
Die wirtschaftlichen Verflechtungen sind intensiv. „Frankeich ist nach den Niederlanden der zweitwichtigste Exportmarkt für die NRW-Wirtschaft. Auch auf der Importseite gehört die Grande Nation zu den Top 3 in NRW. Über 20 Prozent der aus Frankreich nach Deutschland gelieferten Güter landen im bevölkerungsreichsten Bundesland“, so IHK-Präsident Andreas Schmitz bei seiner Begrüßung. Prägend für den IHK-Bezirk Düsseldorf ist die hohe Zahl an französischen Unternehmen: Mit über 200 ist die Region Düsseldorf einer der wichtigsten Standorte für die französische Wirtschaft in Deutschland. Sie kommen aus unterschiedlichen Branchen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen. Auch Business France, die staatliche Außenwirtschaftsförderungsagentur Frankreichs, hat für ihre Aktivitäten auf dem deutschen Markt den Standort Düsseldorf gewählt. 

Die französische Botschafterin im Round-Table-Gespräch

Anne Descȏtes war gekommen, um den hiesigen Unternehmen zuzuhören. Allgemeiner Tenor beim Gespräch war der Wunsch nach mehr deutsch-französischer Zusammenarbeit. Dabei ging es nicht nur darum, politische Projekte in Europa voranzutreiben. Ganz oben auf der Wunschliste der Unternehmen stand auch, die unternehmerische Praxis im grenzüberschreitenden Kontext zu erleichtern.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Sicherheitslage wurden hier manche Defizite bei der internationalen Abstimmung deutlich. Stichwort Sanktionen: Sie werden in der westlichen Staatengemeinschaft uneinheitlich umgesetzt. Das betrifft nicht nur die unterschiedliche Sanktionspraxis der EU, den USA und Großbritanniens gegen Russland, sondern auch die Umsetzung von Exportkontrollmaßnahmen innerhalb der Europäischen Union. Die Frage, ob genehmigungspflichtige Güter wie etwa Rüstungs- oder Dual-Use-Güter in bestimmte Länder verkauft werden dürfen, wird nach wie vor auf nationaler und nicht auf europäischer Ebene entschieden – ein wichtiges Themenfeld für die Stärkung der Handlungsfähigkeit europäischer Politik.

Energiewende als europäische Herausforderung

Bei dem Gespräch, das die Unternehmerinnen und Unternehmern und die französische Botschafterin führten, kristallisierte sich beim Thema Energiewende ein breiter Konsens heraus. Deren Herausforderungen, so die einheitliche Meinung, müsste auf europäischer Ebene begegnet werden. Ungeachtet aller Meinungsverschiedenheiten über die Rolle der Nutzung von Kernenergie ergeben sich zwischen Frankreich und Deutschland immense Potenziale, etwa bei der Entwicklung und Nutzung neuer energetischer Konzepte oder bei der Steigerung der Energieeffizienz.

Der Teufel steckt im Detail

Bei dem Round-Table-Gespräch zeigte sich aber auch: Jenseits der großen politischen und strategischen Themen hakt es leider oft genug an vergleichsweise einfachen, bürokratischen Dingen. Ein Unternehmer berichtete von strikten Auflagen zu Dokumentationspflichten in Zusammenhang mit einem Gerichtsprozess in Frankreich, den das französische Tochterunternehmen vor Ort führen musste. Warum gäbe es beispielsweise keine europäische Lösung für einen Handelsregisterauszug, der auch im anderen Land problemlos anerkannt werde? Ein weiteres Beispiel ist das Thema Registrierungspflichten bei Mitarbeiterentsendungen nach Frankreich. „Die meisten Anfragen, die die IHK Düsseldorf von Mitgliedsunternehmen zu Frankreich erreichen, beziehen sich nach wie vor auf diese seit 2016 bestehenden, mitunter aufwändigen Registrierungen“, so Robert Butschen, Referent Außenwirtschaft bei der IHK Düsseldorf. Es gibt also genug zu tun, im großen wie im kleinen, auch unter deutsch-französischen Freunden.

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