Guter Start in schwierigen Zeiten

Interview mit dem neuen Messe-Chef Wolfram N. Diener über die Herausforderungen durch die Pandemie

Text: Werner Grosch, Foto: Messe Düsseldorf, Andreas Wiese

Herr Diener, Ihr Start als Messe-Chef fiel in eine unruhige Zeit.

Zunächst einmal möchte ich betonen: Es war ein sehr guter Start, weil die Übergabe durch meinen Vorgänger Werner Dornscheidt sehr harmonisch war. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Aber natürlich hätte ich mir andere Umstände gewünscht. Eigentlich hätte 2020 das ertragreichste Jahr in der Geschichte der Messe Düsseldorf werden sollen, weil in diesem Jahr viele große Messen angestanden hätten, die teils nur alle zwei bis vier Jahre stattfinden. Stattdessen haben wir die Zeit vor allem mit wenig ertragreichen Themen verbracht: Termine verlegen, Konditionen neu aushandeln … immer in einer Verteidigungsposition. Für mich als Marketing- und Vertriebsmenschen ist so etwas gar nicht einfach.

Von außen betrachtet könnte man meinen, es gab gar nicht so viel zu tun …

Das trifft sicher auf manche Bereiche zu, die etwa mit der operativen Abwicklung der Messen betraut sind. Aber wir hatten wirklich jede Menge zu tun. Wir mussten ja auch dafür sorgen, möglichst immer vor der Welle zu sein. Und das haben wir auch geschafft, zum Beispiel mit dem Caravan Salon, der ersten großen Fachmesse in Deutschland, die nach dem Lockdown im Frühjahr wieder als Präsenzveranstaltung stattfinden konnte. Mit dieser Messe haben wir auch bewiesen, dass wir ein tragfähiges Hygienekonzept haben und dass Präsenzmessen machbar sind.

Eine virtuelle Version des Caravan Salons war nicht denkbar?

Die digitalen Plattformen eignen sich für manche Branchen, Produkte und Dienstleistungen durchaus gut – zum Beispiel die Medica, wo viele Firmen und auch Kunden sehr IT-affin sind. Aber Reisemobile, die will man betreten, anfassen, live anschauen. Natürlich kann man hier auch vieles digital machen, etwa mit Videos, aber der echte Eindruck ist eben auch den Kunden wichtig – nicht nur den Endverbrauchern, sondern auch den Händlern.

Nehmen wir an, die Pandemie ist vorbei, alles ist wieder mit gewohnter Präsenz möglich – werden dann Messen auch wieder genauso stattfinden wie vorher?

Wir hoffen, dass wir zur Präsenzmesse zurückkehren können, wo immer es geht. Zugleich hat sich aber die digitale Entwicklung durch Corona natürlich beschleunigt. Angebote wie virtuelle Showrooms, E-Learning oder Newsblogs werden weiter ausgebaut. Und die digitalen Plattformen bieten für uns ja auch Chancen. Dadurch entsteht eine Community, zu der wir auch zwischen den Messeterminen engen Kontakt halten können. Diese Kanäle liefern uns wertvolle Datenbanken.

Welche langfristigen Strategien und Ziele verfolgen Sie?

Das sind vor allem zwei Dinge: der Ausbau des Auslandsgeschäftes und die Weiterentwicklung unserer messebegleitenden Angebote. Zum ersten Punkt: Wir sind ja international schon sehr aktiv, haben zum Beispiel im Ausland Ableger für alle Weltleitmessen, die wir hier in Düsseldorf veranstalten. Das können wir aber noch konsequenter ausbauen.

Schauen Sie dabei vor allem nach Asien, speziell China, wo Sie selbst lange gearbeitet haben?

Ja, aber nicht aus persönlicher Vorliebe, sondern weil speziell China immer noch ein Markt mit großem Potenzial ist. Sicher kann ich durch meine Expertise und meine Kontakte dort zur weiteren Entwicklung unseres Geschäfts beitragen. Aber auch Nordamerika bleibt attraktiv, auch wenn der Markteinstieg dort schwierig ist. Außerdem kann ich mir beispielsweise in Brasilien oder in der Türkei ein stärkeres Engagement vorstellen.

Welche messebegleitenden Dienstleistungen haben Sie im Blick?

Das fängt mit ganz einfachen Dingen wie Werbemaßnahmen an, geht aber weiter mit den besagten digitalen Angeboten, für die Kunden heute im Vergleich zu Präsenzmessen deutlich weniger bezahlen. Diese Plattformen wollen wir zu echten Erlösquellen machen.

Können Sie sich auch ganz neue Messethemen vorstellen?

Ich verschließe mich dem überhaupt nicht, wenn es neue Themen gibt. Zunächst einmal gilt mein Augenmerk aber unseren Kernkompetenzen, die ich weiter ausbauen möchte.

Über dieses Thema haben wir auch im IHK Quarterly 04/2020 berichtet.

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