Im Einsatz für die Mitglieder

Wie die politische Interessenvertretung der IHK funktioniert – und welche Erfolge sie bringt.

Text: Werner Grosch, Illustrationen: Rumi Benecke

Eine IHK vertritt das Gesamtinteresse der Wirtschaft in ihrem Bezirk. Gut, aber wie geht das bei fast 90.000 Mitgliedsunternehmen in Düsseldorf und dem Kreis Mettmann, aus den unterschiedlichsten Branchen und Standorten von pulsierender City bis grüner Lunge? Es braucht Vernetzung, intensive Diskussionen und eine intelligente Struktur, damit sich das Engagement der Unternehmerinnen und Unternehmern in Vollversammlung, Ausschüssen und Arbeitskreisen auch lohnt. Denn die Zeiten, als es einfach zum guten Ton gehörte, sich in der IHK einzubringen, sind vorbei. Dr. Nikolaus Paffenholz, Leiter der Abteilung Unternehmensservice der IHK Düsseldorf, erkennt bei den heutigen Ehrenamtlern eine andere Grundhaltung: „Sie wollen etwas Sinnvolles tun, und das nicht nur für sich selbst oder ihre eigene Branche, und wollen sehen, dass sie wirklich etwas bewirken können.“ Im Umkehrschluss heißt das für die IHK: Sie muss beweisen, dass ihre Interessenvertretung nicht ins Leere geht. Auch, um immer neue Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte zu motivieren.

Den Erfolg zu messen, ist aber nicht einfach. Schon deshalb, weil politische Prozesse meist lange dauern und Verwaltungsabläufe noch länger. Das gilt auch für die aus IHK-Diskussionen entstandene Idee einer neuen Rheinbrücke für den Güterverkehr, die die Häfen Neuss und Düsseldorf miteinander verbindet. Aber der Impuls hat eben doch schon große Wirkung gezeigt, berichtet Marion Hörsken, Geschäftsführerin der Abteilung Branchenbetreuung der IHK Düsseldorf: „Der NRW-Verkehrsminister findet die Idee spannend, die Rheinbahn hat gleich noch die Erweiterung um eine Straßenbahntrasse vorgeschlagen, dann kam noch der Plan eines integrierten Fahrradweges dazu. Und demnächst werden die beteiligten Städte dazu eine Machbarkeitsstudie starten.“

Rheinbrücke für den Güterverkehr
Monatelang haben Unternehmensvertreterinnen und -vertreter diskutiert, dann hat die IHK-Vollversammlung sich dafür ausgesprochen, den Zugang zum Industriehafen durch eine zweite Zufahrt zu verbessern: Parallel zur Hammer Eisenbahnbrücke soll eine neue Straßenbrücke für den Schwerverkehr gebaut werden. Die Düsseldorfer Politik berät jetzt intensiv über den Vorschlag.

Wer weiß, ob ohne die Initiative aus den Unternehmen jemals ein solches Projekt zustande gekommen wäre. Häufig ist aber schon der Anstoß einer politischen Debatte, manchmal auch ein Weckruf in Richtung Verwaltung und Behörden, wertvoll. Ein Beispiel dafür ist der schleppende Ausbau der A3. Der IHK-Ausschuss Langenfeld Monheim hatte mehr Tempo gefordert. Die Beschwerde führte in kurzer Zeit zu einem Positionspapier, das schließlich an mehr als 50 Akteure auf diversen politischen Ebenen ging und auch von den Medien aufgegriffen wurde. Im Abschnitt zwischen Ratingen-Ost und Mettmann schaffe man aktuell die Voraussetzungen für eine temporäre Freigabe des Seitenstreifens, wie sie zwischen Mettmann und Hilden bereits umgesetzt worden sei. Von Hilden bis Leverkusen prüfe man deren Machbarkeit. „Das zeigt, dass wir auch sehr schnell auf Impulse aus den Unternehmen reagieren können und dafür nicht unbedingt lange Abstimmungsprozesse brauchen“, sagt Hörsken.

Tina Schmidt, IHK-Branchenbeauftrage Kreis Mettmann, im Video zum Ausbau der A3

Erstaunlich genug bei der Vielfalt der regionalen Wirtschaft. Natürlich werden die Beschlüsse mehrheitlich gefasst. Aber Minderheitenmeinungen werden trotzdem deutlich kommuniziert. Ein Beispiel dafür ist das 2018 von der Vollversammlung verabschiedete Verkehrsleitbild, das unter anderem die Genehmigung für eine Erhöhung der Zahl der Flugbewegungen fordert. Gegenstimmen, die eine Begrenzung des Ausbaus verlangten, fanden darin aber ebenso ihren Niederschlag.

Verkehrsleitbild
Das Verkehrsleitbild der IHK will Logistik und Verkehr in der Region zukunftsfest machen. Die Forderungen unter anderem: ÖPNV verbessern, aber Fahrverbote vermeiden. Sharing-Economy-Angebote fördern. Außerdem Straßen, Wasserstraßen, Schienen und Häfen erhalten und ausbauen sowie mehr Kapazität für den Flughafen.

Damit die Vollversammlung die Wirtschaftsstruktur des Kammerbezirks und die unterschiedlichen Interessen möglichst genau abbildet, gilt das Prinzip der Spiegelbildlichkeit: Sowohl die gesamte Region als auch die diversen Branchen sollen entsprechend ihrem Gewicht vertreten sein. Dazu dient die Aufteilung in Wahlgruppen. Diese Breite findet sich dann auch in den Fachausschüssen und Regionalausschüssen wieder, die die Vollversammlung, das Präsidium und auch das Hauptamt fachlich beraten und damit Beschlüsse und Stellungnahmen wesentlich vorbereiten. Die Ausschüsse haben also eine wichtige Rolle und sie sind nicht bloß den gewählten Mitgliedern der Vollversammlung vorbehalten: „Jede Unternehmerin und jeder Unternehmer, die oder der sich für seine Branche, seinen Standort, für die Region insgesamt engagieren möchte, kann hier mitarbeiten. Spürbar ist bei den Ausschussmitgliedern, dass sie nicht ihr Unternehmen, sondern die Branche an sich vertreten im jeweiligen Ausschuss“, betont Hörsken.

Letztlich geht es um Ideen aus der unternehmerischen Praxis, die Gestaltungsprozesse beeinflussen und vorantreiben können. Zielgruppe sind dabei auf der einen Seite die Verwaltungen der Kommunen und des Kreises, etwa bei Stadtentwicklungsprojekten wie dem „Raumwerk D“ oder „Düsseldorf 2030“. Ein ganz aktuelles Beispiel ist das Projekt „Stadt der Zukunft“, in dem die IHK gemeinsam mit Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Stadtgesellschaft Handlungsansätze entwickelt für eine „resiliente“ Stadt, die sich Megatrends wie Klimawandel und Digitalisierung erfolgreich anpasst.

Stadt der Zukunft
Im Juni 2021 startete das IHK-Projekt. Beim Auftakt diskutierten rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Denkubator in Rath über alternative Mobilität, weniger Verkehr und Fahrradförderung. Die IHK Düsseldorf bringt das Projekt voran, weitere Veranstaltungen in Düsseldorf und Langenfeld haben bereits stattgefunden. Im nächsten Schritt werden daraus konkrete Ideen entwickelt.

Die andere Zielgruppe ist die Politik, ob auf lokaler, Landes- oder Bundesebene. Ein entsprechendes Thema von grundlegender Bedeutung für alle Branchen, für alle Kommunen und jeden einzelnen Bürger ist der Klimaschutz. Deshalb arbeiten hier IHK-Gremien übergreifend zusammen, tauschen sich aus und definieren eine Position der regionalen Wirtschaft. Aktuell plant die IHK einen „Pakt für Klimaschutz“ mit der Stadt Düsseldorf, der Handwerkskammer und der Kreishandwerkerschaft mit aktiver Beteiligung der Unternehmen vor Ort.

Bei solchen politischen Impulsen soll es aber nicht bleiben. „Wir bleiben an den Themen dran und schauen beispielweise auch, was aus den Versprechen zu den Kommunalwahlen vor einem Jahr geworden ist“, erklärt Hörsken. Im Vorfeld der Kommunalwahlen hatten die IHK-Gremien Positionspapiere für jede einzelne Kommune verabschiedet und die Kandidatinnen und Kandidaten in Wahlarenen mit ihren Forderungen konfrontiert. Vergleichbare Formate gibt es auch diesmal zur Bundestagswahl.

„Wir wollen am Puls der Zeit sein“

Dr. Nikolaus Paffenholz, IHK Düsseldorf

Ohne die im IHK-Ehrenamt engagierten Unternehmerinnen und Unternehmer wäre all dies nicht möglich. Sie haben aber noch eine weitere wichtige Funktion, die Paffenholz so beschreibt: „Wir wollen ja am Puls der Zeit sein. Dafür ist das Ehrenamt ein unerlässlicher Sparringspartner, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Es gibt neue Unternehmenstypen, eine Start-up-Kultur und auch andere Führungspersönlichkeiten und -kulturen als früher. Viele Unternehmen stellen sich zudem systematisch nachhaltig auf. All das sind Entwicklungen, die wir hier aktiv begleiten müssen und wollen.“

Die IHK also als dynamische, nicht als statische Organisation. Wer in der Vollversammlung aktiv ist, hat darauf entscheidenden Einfluss. Dass sie nur zweimal im Jahr tagt, spricht aus Sicht von Paffenholz überhaupt nicht dagegen: „Die meiste operative Arbeit finden in den Ausschüssen, den Arbeitskreisen und im Kreis des Präsidiums statt.“ Gründe genug also, sich zu engagieren, für die Wirtschaft und letztlich die gesamte Gesellschaft. Denn eine Industrie und Handelskammer vertritt eben nicht einzelne Branchen, nicht bloß die großen und nicht bloß die kleinen Unternehmen, nicht nur die Ausbildungsbetriebe, sondern einfach alle, die in Industrie, Handel oder Dienstleistung aktiv sind.

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