Lieferkettengesetz bringt neue Pflichten

Wie bereiten sich Unternehmen auf die neuen Regelungen vor? Außerdem im Audio-Format IHK Inside: Neue Herausforderung für die Logistik durch Corona-Krise und den Krieg in der Ukraine.

lieferkettengesetz

Text: Werner Grosch
Die Auseinandersetzung zwischen dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Altmaier und Arbeitsminister Heil um das geplante Lieferkettengesetz waren vor knapp einem Jahr noch voll im Gang, da hat die Düsseldorfer Rheinbahn schon gehandelt. Zwar wusste noch niemand so genau, wohin die Reise bei dem umstrittenen Gesetz gehen würde, aber eines war schon klar: Auf Unternehmen kommt die Pflicht zu, die Einhaltung von Menschenrechten, sozialen und Umweltstandards innerhalb ihrer Lieferkette stärker zu prüfen und zu beachten. Deshalb wurde bei der Rheinbahn ein Projektteam gebildet, in dem Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten Bereichen mitarbeiten: aus Einkauf und Recht, aber auch aus der Logistik und der Stabsstelle Arbeitssicherheit. Viktoria Fromme, Sachgebietsleiterin Nachhaltigkeitsmanagement, leitet das Projekt. „Wir müssen unter anderem eine Grundsatzerklärung verabschieden und kommunizieren, eine Risikoanalyse erstellen und ein entsprechendes Risikomanagement-System aufbauen“, sagt Fromme. Und das sei bei allein 88 Warengruppen – vom Bus über Bauleistungen bis hin zu IT-Produkten oder dem Kantinenessen – schon eine große Aufgabe.

Neue Herausforderungen
Nicht nur das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, sondern auch die Corona-Krise und der Krieg in der Ukraine stellen die Logistik vor neue Herausforderungen. Für unser Audio-Format IHK Inside erzählt Tobias Bartz, Vorstandsvorsitzender der Rhenus Gruppe, welche Herausforderungen das aktuell sind und worauf sich die Unternehmen einstellen sollten. Er rät allen Firmen, ihre Logistikketten zu überdenken. Reinhören lohnt sich!

Das Gesetz ist genauso herausfordernd wie sein Name: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist nun der offizielle Titel der Regelung, die Anfang nächsten Jahres für die ersten Unternehmen in Deutschland in Kraft tritt. Zunächst nur für diejenigen, die mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen. Die Rheinbahn gehört mit ihren rund 3.500 Beschäftigten also dazu, ebenso wie die Düsseldorfer GEA Group, wo Sebastian Zingsheim für nachhaltige Beschaffung verantwortlich ist. Er hat ebenso wie Viktoria Fromme am Pilotlehrgang Nachhaltiges Lieferkettenmanagement der IHK Düsseldorf teilgenommen, in dem die wichtigsten Aspekte des Gesetzes praxisnah erklärt wurden (die wichtigsten Eckpunkte sind am Ende des Beitrags zu finden). Deutsche Unternehmen müssen für das Lieferkettengesetz die Aufgaben der Grundsatzerklärung, der Risikoanalyse und des Risikomanagements in erster Linie im eigenen Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern erfüllen. Gleiches gilt für den Beschwerdemechanismus, der einzurichten ist. Erhält das Unternehmen Kenntnis von Verletzungen im eigenen Geschäftsbereich, muss es sofort Abhilfe schaffen. Beim unmittelbaren Zulieferer muss zumindest noch ein konkreter Plan zur Vermeidung erstellt werden.

Planungen für das Lieferkettengesetz laufen

Die Sorge, dass Unternehmen ihre gesamte Lieferkette jederzeit systematisch zu durchforsten hätten, scheint aktuell unbegründet. „Bei mittelbaren Zulieferern gelten die Sorgfaltspflichten anlassbezogen und wenn das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß erlangt“, erklärt Manuel Neumann, Berater für Entwicklungszusammenarbeit bei der IHK Düsseldorf. „Um Unternehmen bei den gestiegenen Anforderungen zu unterstützen, haben wir unter anderem den Zertifikatslehrgang nachhaltiges Lieferkettenmanagement entwickelt.“ Viktoria Fromme sieht die Rheinbahn gut gerüstet für das neue Gesetz. „Eineinhalb Jahre von der Verkündung bis zur Umsetzung sind sportlich, aber machbar“, sagt die Nachhaltigkeitsmanagerin. Auch ihr Kollege Sebastian Zingsheim von GEA hat bereits erste Schritte vor Augen: „Wir planen, Nachhaltigkeitskriterien für unseren Einkauf zu definieren, welche künftig im Einkaufsprozess zu beachten sind. Durch diese Kriterien soll sichergestellt werden, dass die Auswahl von Zulieferern, neben den etablierten Faktoren wie beispielsweise Preis und Qualität, künftig auch auf noch näher zu definierenden Nachhaltigkeitskriterien beruht. So werden wir weiterhin nur mit Zulieferern arbeiten, die unseren Code of Conduct vollumfänglich anerkennen, und solche bevorzugen, die uns dabei unterstützen, unsere zugesagten Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen in der Supply-Chain (Lieferkette) zu realisieren.“ Außerdem sollen „Stichproben gezielter bei Zulieferern eingesetzt werden, bei denen wir ein erhöhtes Risiko für Menschenrechtsverletzungen oder umweltbelastende Aktivitäten sehen“.


Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz im Überblick

Ziel ist, den Schutz von Menschenrechten zu verbessern und dabei vor allem das Verbot von Kinderarbeit durchzusetzen. Umweltbelastungen werden dann vom Gesetz erfasst, wenn sie die Rechte oder die Gesundheit von Menschen beeinträchtigen, etwa durch vergiftetes Wasser.

Betroffen von dem Lieferkettengesetz sind ab 2023 Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden, das sind in Deutschland etwa 900. Ein Jahr später müssen auch die etwa 4.800 Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden die Anforderungen erfüllen. Danach soll der Anwendungsbereich evaluiert werden.

Die Anforderungen an die Unternehmen sind in zweifacher Weise abgestuft. Zum einen nach den Stufen eigener Geschäftsbereich, unmittelbarer Zulieferer und mittelbarer Zulieferer, zum anderen nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit und dem Einflussvermögen des Unternehmens auf den Verursacher der Verletzung.

Kontrolle: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle kontrolliert die Unternehmensberichte, geht eingereichten Beschwerden nach und verhängt gegebenenfalls auch Sanktionen.

Gerichte: Betroffene von Menschenrechtsverletzungen können ihre Rechte vor deutschen Gerichten mit Hilfe von Gewerkschaften oder NGOs geltend machen und auch direkt Beschwerde beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle einreichen.

Mehr zu dem neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz aus den Internetseiten der IHK Düsseldorf.

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