Der Countdown läuft: am 14. September sind in NRW Kommunalwahlen. Doch während für viele das Kreuz auf dem Stimmzettel selbstverständlich ist, verzichten andere darauf. Mit Folgen für Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Bei der vergangenen Wahl lag die Beteiligung gerade einmal bei rund 50 Prozent.
Text: Simone Fischer, (c) Meike Schrömbgens
Genau hier setzen zwei Fragen an, die im Mittelpunkt der aktuellen Folge des Live-Podcasts „Düsseldorf Wirtschaft unplugged“ standen: Warum wählen gehen? Und was kann die Kommunalpolitik konkret für Menschen und Unternehmen tun? Gemeinsam mit dem Rotonda Business Club und der Düsseldorfer Wirtschaftsförderung hatte die IHK Düsseldorf eingeladen. Die Talk-Gäste Heidi Schiller, Prof. Dr. Justus Haucap und Dr. Arne Hordt beleuchteten die anstehenden Kommunalwahlen aus wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und unternehmerischer Perspektive.
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Kommunalpolitik mit spürbaren Entwicklungen
Für viele Menschen, so machte Wirtschaftsprofessor Dr. Justus Haucap, Direktor des Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE), deutlich, sei die Kommunalpolitik näher an ihrem Alltag, als es zunächst scheine. „Es gibt mehr Einflussmöglichkeiten der Kommunen, als man denkt“, sagte er. Fragen wie die Instandhaltung sanitärer Anlagen an Schulen, die Digitalisierung, Gewerbesteuern oder Abwasserentgelte seien ebenso kommunale Entscheidungen wie die Attraktivität eines Standorts für Gründer, Unternehmen oder Familien. Oft gehe es weniger um „große Leuchtturmprojekte“, sondern um spürbare Dinge im Alltag: verlässliche Infrastruktur oder auch schnelle Baugenehmigungen. „Der Hebel ist hier viel größer als auf Bundesebene.“

Auch Unternehmerin Heidi Schiller brachte konkrete Beispiele aus der Praxis ein. Die Co-Chefin der Bäckerei Schüren in Hilden verwies darauf, dass kommunale Rahmenbedingungen bis in die Einsatzpläne ihrer Mitarbeitenden hineinwirken. „Wenn ich neues Personal einstelle, richtet sich die Arbeitsplanung manchmal nach dem Busfahrplan“, sagte sie und machte deutlich, wie stark Infrastruktur über Chancen auf Beschäftigung entscheidet. Fehlende Kita-Plätze seien ein weiteres Hindernis: Wer keinen Betreuungsplatz finde, könne schlicht nicht arbeiten. Kommunalpolitik bestimme daher unmittelbar mit, ob Unternehmen ausreichend Personal gewinnen und halten können.

Vertrauen und Selbstwirksamkeit
„Es gibt keine zufriedenen Nichtwähler“, erklärte Dr. Arne Hordt von der Landeszentrale für politische Bildung NRW. Studien wie der zweite Demokratiebericht von 2023 zeigten, dass Wahlverzicht oft auch mit Skepsis gegenüber der Demokratie insgesamt einhergehe. „Das ist eine gefährliche Entwicklung“, so Dr. Hordt. Die Wirtschaft beginne hier bereits gegenzusteuern – etwa mit Netzwerken und Bündnissen für Demokratie, die den Austausch zwischen Politik, Unternehmen und Zivilgesellschaft fördern.
Auf die Frage von Moderatorin Vivien Leue, wie Kommunalpolitik Vertrauen zurückgewinnen könne, verwies Dr. Hordt auf das Gefühl der Selbstwirksamkeit: „Gerade das, was Wirtschaft und Kommunalpolitik verbindet, ist nicht zu unterschätzen.“ Responsivität, also spürbare Reaktionen auf die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, sei entscheidend, um Vertrauen in demokratische Prozesse zu stärken.

Prof. Dr. Haucap griff diesen Gedanken auf: Kommunale Politik sei ein wichtiger Hebel für die Zufriedenheit der Menschen und diese wirke wiederum zurück auf Demokratie und Wirtschaft. „Wohlstand fällt nicht vom Himmel, er muss erwirtschaftet werden“, sagte er. Wo Menschen das Gefühl hätten, dass ihr Engagement Wirkung zeige und ihr Lebensumfeld funktioniere, dort sei Demokratie stabiler und auch die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Einsatz höher.
Heidi Schiller brachte es zum Schluss auf eine persönliche Formel: Für sie sei der Gang zur Wahlurne kein Akt der Pflicht, sondern ein Zeichen des Respekts „vor den Menschen, die sich in ihrer Freizeit engagieren, diskutieren und Lösungen finden, um die Interessen im Alltag für die Bürgerinnen und Bürger zu vertreten.“ Kommunalpolitik und Wahlergebnisse, so Schiller, seien immer auch ein Spiegel für die politische Großwetterlage und in diesem Fall, als erste Wahl nach der Zusammensetzung der neuen Bundesregierung, zugleich ein Lackmustest für kommende Entwicklungen.



Der Live-Podcast machte deutlich: Kommunalpolitik ist näher am Alltag von Menschen und Unternehmen, als es oft wahrgenommen wird. Ob es um Busfahrpläne, Kitas, saubere Schulen, Infrastruktur oder wirtschaftliche Rahmenbedingungen geht: Die Entscheidungen vor Ort prägen unmittelbar das Lebens- und Arbeitsumfeld. Zugleich hängt die Stärke der Wirtschaft und Demokratie auch davon ab, dass möglichst viele ihr Stimmrecht nutzen.
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