Text Ute Rasch, Fotos Andreas Wiese
Muss man Ingenieur sein, um auf diese Idee zu kommen? Oder vielleicht Hobbykoch? Am besten beides. Deniz Schöne und Johannes Schmidt sind Wirtschaftsingenieure und Sportsfreunde, teilten außerdem den Wunsch, sich irgendwann mit einem eigenen Produkt selbständig zu machen – und beide kochen gern. Das waren die Voraussetzungen. Das Ergebnis hat neulich in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ ein Bieterduell entfacht – um ein Pulver, mit dem jeder sein Fett wegkriegt.
Jetzt gibt es Paudar auch mit Pep
Sie haben 18 Monate Entwicklungsarbeit hinter sich, haben sich gründlich informiert, experimentiert, die Rezeptur immer wieder verändert, mit Produzenten geredet. Und am Ende hatte sich eine Idee in ein Produkt verwandelt: „Paudar“, das Bratpulver. Die Vorteile können die Gründer vermutlich im Schlaf erörtern: „Unser Pulver ist absolut geschmacksneutral, rein pflanzlich, somit auch für die vegane Küche geeignet. Damit lässt sich alles bei hohen Temperaturen braten, Fleisch, Fisch, Gemüse, Pfannkuchen.“ Vor allem aber könne man es äußerst sparsam dosieren, denn Paudar lässt sich sowohl in die Pfanne also auch direkt aufs Steak streuen. „Dadurch braucht man weniger Fett, aber selbst Bratkartoffeln werden super knusprig, und es gibt kaum Spritzer“, versichert Deniz Schöne. Paudar – der Name stammt aus dem Hindi und bedeutet in Indien schlicht Pulver.
Wir waren kurz nach der Ausstrahlung in über 10.000 Filialen vertreten
Deniz Schöne, Paudar
„Unser Palmfett stammt ausschließlich aus nachhaltigem Anbau und ist ein zertifizierter Rohstoff“, so die Gründer. Die Standards würden überprüft (wie der kontrollierte Einsatz von Pesti- ziden und faire Arbeitsbedingungen für die Plantagenarbeiter) und mit einem Siegel, das der WWF initiiert hat, ausgezeichnet. Lauter Argumente, die die Investoren der „Höhle der Löwen“ überzeugt haben. Schließlich sicherte sich Ralf Dümmel den Zuschlag und investiert 200.000 Euro gegen eine Betriebsbeteiligung von 20 Prozent. Ebenso wichtig aber sind für die beiden Gründer vermutlich die Popularität der Sendung, die Nachfrage nach Paudar im eigenen Onlineshop nahm rasant zu, und die Kontakte. Denn seitdem gibt es das Bratpulver aus der Streudose in vielen Supermärkten. „Wir waren kurz nach der Ausstrahlung in über 10.000 Filialen vertreten“, so das Gründer-Team. Mit dem investierten Geld wollen sie nun ihren Internetauftritt inklusive Onlineshop verbessern – und sie erweitern ihre Produktpalette: Gemeinsam mit dem Fernsehkoch Christian Rach entwickelten Deniz Schöne und Johannes Schmidt drei neue Bratpulver, die mit verschiedenen Gewürzen wie Salz, Chili oder Knoblauch angereichert sind, „ein Wunsch, der aus unserem Kundenkreis kam“ – nach einem Pulver mit Pep.
Eine Datenbank mit 5.000 Rohstoffen
Schon mal von der Felsen-Zweigfadenalge gehört? Oder vom Flügel-Seeampfer? Kein Wunder, denn kein Hobbykoch wird vermutlich je mit diesen Zutaten kochen. Aber die Lebensmittelindustrie, die könnte sie brauchen, denn Rohstoffe wie Algen werden als Vitaminbomben in vielen innovativen Lebensmitteln genutzt. Nur muss der Entwickler eines neuen Produkts vermutlich lange suchen, bis er die gewünschten Rohstoffe auf dem weltweiten Markt findet. Und genau deshalb wurde soeben Leroma System in Düsseldorf gegründet, um Transparenz in einen unübersichtlichen Markt zu bringen – und um eine digitale Brücke zu bauen. Sie weiß, wie schwierig die Suche nach den geeigneten Rohstoffen sein kann, Marina Billinger hat selbst etliche Jahre in der Lebensmittelindustrie gearbeitet. „Das kann zeitraubend und mühevoll sein, oft nervtötend und nicht selten ohne Erfolg.“ Wie so häufig hat Erkenntnis und persönliche Erfahrung auf direktem Weg zu einer Businessidee geführt. Doch bis es soweit war, dass die Suchmaschine von Leroma nun an den Start gehen kann – die Testphase läuft gerade –, hat es eine Weile gedauert. Und setzte zunächst einen intensiven Rechercheprozess in Gang.
„Entwickler in der Lebensmittelindustrie arbeiten ständig an neuen Produkten, und dazu brauchen sie neue Rohstoffe“, so Marina Billinger. Wenn zum Beispiel eine neue Sauce gemixt wird, dann könnte vielleicht ein Ananasaroma den Geschmack abrunden. Und damit eröffnet sich mitunter ein ganzer Fragenkatalog. Soll dieses Aroma aus der Natur stammen oder naturidentisch sein, wasserlöslich oder eher nicht, welche Kriterien und Standards soll es erfüllen, soll es mit Zertifikaten ausgezeichnet oder eventuell in Bio-Qualität hergestellt sein? „In unserer Suchmaschine lassen sich 5.000 Rohstoffe nach Fachkriterien und ihre Hersteller mit wenigen Mausklicks finden“, so die Gründerin. Dazu alphabetisch sortiert von A wie Alge bis Z wie Zuchttier.
Welche Folgen denkbar sind, wenn die Suche nach einem Rohstoff nicht erfolgreich ist, zeigt das Beispiel eines Eisherstellers. Der brauchte getrocknete Pistazien mit einem exakten Durchmesser von drei Millimetern, fand aber nur wesentlich größere. „Er brauchte viel zu viel Zeit für die Suche, bis er den Auftrag schließlich verlor.“
Entwickler in der Lebensmittelindustrie arbeiten ständig an neuen Produkten, und dazu brauchen sie neue Rohstoffe.
Marina Billinger, Leroma Inc.
Kaum am Start, denkt Marina Billinger bereits über eine Ergänzung ihrer globalen Datenbank nach, so will sie demnächst ihr Angebot durch eine Bibliothek erweitern, die über Alternativen zu einem gesuchten Rohstoff informiert. Außerdem plant sie Anfang 2020 einen Marktplatz für Restposten. Denn häufig müsse die Lebensmittelindustrie Rohstoffe in großen Mengen kaufen, die sie dann doch nicht vollständig verwendet, bevor das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Da ordert beispielsweise ein großer Pizzahersteller zwei Tonnen glutenfreies Mehl für seine neue Pizza, hat aber von der ersten Produktionsserie 300 Kilogramm übrig. Die kann vielleicht ein Start-up in Berlin gerade gut gebrauchen – „auf meiner Plattform können beide zueinander finden.“
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