Mobilität: Der Mix macht‘s

Experten diskutierten beim „Digitalen Mobilitätskongress“

Text: Gesa van der Meyden, Fotos: Paul Esser

Wie gelangen wir in Zukunft schnell, sicher und umweltfreundlich von A nach B? Darüber diskutierten Experten beim dritten „Digitalen Mobilitätskongress“ der Metropolregion Rheinland unter Beteiligung von der IHK-Initiative Rheinland, Nahverkehr Rheinland, Verkehrsverbund Rhein-Ruhr und Rhein-Sieg sowie Aachener Verkehrsbund.
Bislang war es vor allem der Klimawandel, der die Strategien über unser künftiges Verkehrsverhalten prägte. Seit diesem Jahr kommt noch ein anderer Aspekt hinzu: eine globale Pandemie, die innerhalb weniger Monate das Arbeits- und Mobilitätsumfeld von Millionen Menschen grundlegend verändert hat. Entsprechend stand der Mobilitätskongress im Ernst-Schneider-Saal der IHK Düsseldorf, der live gestreamt wurde und auf Youtube abrufbar ist, unter dem Motto „Post Corona – Mobilität von morgen“.

„Neu-Akquise geht nicht über Video-Schalten“

Ulrich Halka, Lancom Systems GmbH

In der ersten Talkrunde der Konferenz, geleitet von Moderatorin Janine Steeger, ging es um die Frage: „Verändert die Pandemie die betriebliche Mobilität nachhaltig?“. Gesprächsteilnehmer waren Ulrich Halka, Senior Vice President Operation Lancom Systems GmbH, Dr. Norbert Reinkober, Verkehrsverbund Rhein-Sieg GmbH, Nahverkehr Rheinland GmbH, Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf und Stephan A. Vogelskamp, Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH. Ulrich Halka machte zwei entscheidende Blöcke aus: „Es geht um den Weg zwischen Wohnort und Arbeit sowie betriebsbedingte Dienstreisen. Da wir mit dem Home-Office sehr gute Erfahrungen gemacht haben, dürfen unsere Mitarbeiter bis zu 50 Prozent ihrer Zeit von zuhause arbeiten. Dienstreisen sind etwa um die Hälfte zurückgegangen, ganz darauf verzichten können wir aber nicht. Neu-Akquise etwa geht nicht über Video-Schalten, da brauchen wir den direkten Kontakt.“

Neue Konzepte für den Städtebau

IHK-Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen mit Dr. Norbert Reinkober, Verkehrsverbund Rhein-Sieg GmbH.

Auch Berghausen bestätigte, wie gut bei der IHK das Home-Office funktioniert, betonte aber, dass nicht alle Branchen gleichermaßen auf diese Lösung zurückgreifen könnten. „In der Produktion gibt es kein Home-Office und in bestimmten Fällen müssen die Unternehmen ihre Mitarbeiter zu den Kunden bringen. Was den Weg zur Arbeit betrifft, brauchen wir neue städtebauliche Konzepte. Viele Menschen wollen nah an ihrem Arbeitsplatz wohnen, können es sich bei den aktuellen Mietpreisen aber nicht leisten.“
Vogelskamp schilderte, wie sehr das Bergische Land als industriegeprägte Region unter der weltweit zusammengebrochenen Nachfrage leide. Er wünschte sich für die Zukunft weniger Verkehr.

Der solle die Mitarbeiter in der Produktion dafür umso sicherer zur Arbeit und zurückbringen. „Ich denke zum Beispiel an automatisiert fahrende Kleinbusse.“ Norbert Reinkober erinnerte daran, dass der Klimawandel während der Corona-Krise nicht nachgelassen hat und wir mehr öffentlichen Nahverkehr brauchen. „Derzeit arbeiten wir daran, dank neuer Tarifsysteme verschiedene Verkehrsmittel zu vernetzen.“

Es gilt, Synergien zu schaffen

In der zweiten Talkrunde ging es um die Frage: „Welche Herausforderungen und somit Chancen lassen sich aus den Mobilitätserfahrungen während der Corona-Krise für die betriebliche Mobilität ableiten?“. Eine zentrale Erkenntnis der Gesprächspartner José Luis Castrillo, Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR, Dr. Timo Möller, McKinsey & Company, Inc., Lars Friedrich, Currenta GmbH & Co. OHG, Kirsten Jahn, Metropolregion Rheinland e.V. und Philipp Schuchall, Rheinbahn AG, war, dass es darauf ankommt, Synergien zu schaffen. „Wir brauchen einen intelligenten Mix verschiedener Verkehrsmittel. Das beginnt damit, Tarifgrenzen im ÖPNV abzubauen und Tickets anzubieten, die NRW-weit nutzbar sind. Zudem benötigen wir mehr Fahrrad-Boxen, Park-and-Ride-Angebote und eine bessere City-Logistik, etwa in Bezug auf den Lieferverkehr“, sagte Castrillo. Möller pflichtete ihm bei: „Der Lieferverkehr verstopft die Städte, und durch Corona wird es eher noch schlimmer. Darum ist es wichtig, Konsolidierungs-Zentren zu schaffen, damit nicht fünf Autos Waren an fünf Kunden ausliefern, sondern nur eins, und mehr Nacht-Zustellungen zu ermöglichen.“

„Stau kostet Geld und Lebensqualität“

Kirsten Jahn, Metropolregion Rheinland

Friedrich unterstützte die Idee, die Tarife des ÖPNV zu vereinheitlichen. „Besonders für junge Menschen ist das reizvoll, da sie als neue Mitarbeiter oder Azubis im Unternehmen sein müssen, um es kennenzulernen. Ihr Arbeitsweg muss daher sicher, schnell und bezahlbar sein.” Kirsten Jahn erinnerte daran, dass es in der Metropolregion Rheinland rund zweieinhalb Millionen Pendler gebe und diese auf das Auto verzichten sollten, wo es möglich ist. „Stau kostet Geld und Lebensqualität. Daher brauchen wir bessere Radwege, Duschen in den Unternehmen und mehr Expressbusse für ländliche Regionen, um alle an den öffentlichen Nahverkehr anzubinden.” Schuchall bestätigte, dass einheitliche Tarife im ÖPNV das Ziel seien, auch wenn sich das nicht von heute auf morgen umsetzen ließe. „Wir arbeiten daran, als starr wahrgenommene Abo-Modelle weiter zu flexibilisieren.”

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