Text: Nina Mützelburg, Foto: j-mel – stock.adobe.com
Heute ist es unumgänglich für Unternehmen, das Thema Nachhaltigkeit aus der richtigen Perspektive zu sehen. Es geht um die Reduzierung des Kohlenstoff-Fußabdrucks, des Wasserverbrauchs, verrottungsfreier Verpackungen und verschwenderischer Prozesse in allen Teilen der Lieferkette. Viele bieten aber auch nachhaltige Dienstleistungen und Produkte an und verhelfen damit ihren Kunden zu mehr Nachhaltigkeit.
Dabei ist Nachhaltigkeit viel mehr als ein Trend hin zu mehr Umweltschutz. Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Mit dem Ukrainekrieg, der Gaskrise und der Angst vor einem Rohstoffmangel hat das Thema einen Schub bekommen. Doch auch schon vorher haben sich die Unternehmen mit ihrem Ressourcenverbrauch beschäftigt. Das betrifft Produkte und Dienstleistungen, die es dem Endverbraucher ermöglichen, nachhaltig zu leben, ebenso wie den CO2-Fußabdruck des Unternehmens selbst.
„Bei uns melden sich viele Unternehmen, die klimaneutral werden möchten. Im ersten Schritt lassen sie sich ihren Fußabdruck berechnen“
Simone Busch, Umwelt- und Energiereferentin bei der IHK Düsseldorf
„Bei uns melden sich viele Unternehmen, die klimaneutral werden möchten. Im ersten Schritt lassen sie sich ihren Fußabdruck berechnen. Da wird das gesamte Unternehmen mit allen Bereichen unter die Lupe genommen. Das betrifft beispielsweise die Produktion inklusive der Lieferwege zum Verbraucher, aber auch die Mobilität“, sagt Simone Busch, Umwelt- und Energiereferentin bei der IHK Düsseldorf. Mit den entsprechenden Daten sehen die Unternehmen, wo sie in Sachen Nachhaltigkeit stehen, und die Firmen sind in der Lage, Konzepte zu erstellen, wie sie vor Ort ihren Ausstoß reduzieren können oder wo sich alternativ Investitionen anbieten, um den eigenen CO2-Ausstoß zu kompensieren.
Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren mit neuen Vorgaben wie dem Verpackungsgesetz oder dem Lieferkettengesetz neue Richtlinien geschaffen und damit die Unternehmen ein Stück weit zum Umdenken gezwungen. Banken berücksichtigen bei der Vergabe von Krediten ebenfalls die Aktivitäten eines Unternehmens im Umwelt- und Sozialbereich, Stichwort Sustainable Finance oder Green Finance. „Wir müssen schauen, wie wir mit den Ressourcen, die uns die Welt zur Verfügung stellt, umgehen. Die Industrie und die Unternehmen haben das begriffen und sie sparen ein. Allein, um weiter wettbewerbsfähig zu sein“, sagt Busch. Sie ist überrascht und beeindruckt, was sich die Unternehmen in den vergangenen Jahren zum Thema Nachhaltigkeit haben einfallen lassen. Das reicht von To-go-Essen in Mehrweg-Weck-Gläsern bis hin zu Ideen, die die Verschwendung von Lebensmitteln in den Griff bekommen wollen. Oder Unternehmen, die die Beschaffungs- und Transportwege ihres Produktes so kurzhalten, dass nur wenig CO2-Ausstoß entsteht.
ClimAid – Limogenuss mit geringem CO2-Ausstoß
Eines dieser Unternehmen ist ClimAid. Das Start-up rund um die beiden Gründer und Jugendfreunde Maximilian Lein und Stephan Römer hat Anfang 2020 eine klimaneutrale Limonade auf den Markt gebracht. ClimAid gibt es mittlerweile in sieben Limo-Sorten und zudem zwei Mineralwasser. Zu haben ist ClimAid in Haan, wo das Unternehmen seinen Sitz hat, und in einem Umkreis von 100 Kilometern rund um die Stadt. Weiter entfernt gibt es die Getränke momentan noch nicht. Und genau das ist eine wichtige Säule der Nachhaltigkeit: „Die Transportwege verursachen bei Getränken in Glasflaschen einen Großteil des CO2-Ausstoßes. Es ist also wenig sinnvoll, Limonade quer durch Deutschland oder noch weiter zu fahren“, sagt Maximilian Lein.
„Mittelfristig planen wir, dass bei uns Ideen für gemeinnützige Projekte eingereicht werden und unsere Community dann darüber abstimmt, wo wir investieren“
Maximilian Lein, Gründer von ClimAid
Die Gründer können sich durchaus vorstellen, dass es die Limonade bald auch in anderen Teilen Deutschlands gibt – aber nur, wenn sie dann auch in der entsprechenden Region abgefüllt wird. Ganz unbedarft sind die Gründer nicht in die Branche eingestiegen. Beide arbeiten bei der Haaner Felsenquelle, wo ClimAid auch abgefüllt wird. Stephan Römer ist dort Juniorchef und Lein Marketingmanager. Neben den kurzen Transportwegen und CO2- Einsparungsmaßnahmen, die sie gemeinsam mit dem Abfüller und anderen Zulieferern umsetzen, gleichen sie die bislang noch unvermeidbaren Emissionen durch Investitionen in internationale Klimaschutzprojekte aus. Zusätzlich werden regionale Klimaprojekte mit einem Euro von jeder Limokiste unterstützt. So konnte bereits Anfang 2021 ein Mischwald mit rund 5.000 Pflanzen aufgeforstet werden. Noch in diesem Jahr soll er erweitert werden. „Mittelfristig planen wir, dass bei uns Ideen für gemeinnützige Projekte eingereicht werden und unsere Community dann darüber abstimmt, wo wir investieren“, sagt Lein.
GEA – Nachhaltigkeit für Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie
Die Kunden von GEA aus Düsseldorf erwarten, dass die Anlagen, Maschinen und Komponenten von GEA zur Verbesserung ihrer Nachhaltigkeitsleistung beitragen, zum Beispiel um Klimaneutralität zu erreichen oder um ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Als Prozesstechnologieunternehmen in Branchen wie der Nahrungsmittel-, Getränke- und Pharmaindustrie sieht sich GEA in der Verantwortung, diese Unternehmen mit Verarbeitungslösungen zu unterstützen, die sie effizienter und nachhaltiger produzieren lassen.
„Vier große Themenfelder beschäftigen uns derzeit am meisten: Wie wir zur Dekarbonisierung beitragen können, wie wir Wasser- und Abwassermanagement so umweltfreundlich wie möglich gestalten, wie wir Abfall im Sinne einer Kreislaufwirtschaft umdenken und weiterverwerten und wie wir neuartige Lebensmittel (New Food) konfektionieren können, die nachhaltige Produktalternativen etwa zu Milch oder Fleisch auf Pflanzen- und auch Zellbasis darstellen“, sagt Dr. Nadine Sterley, Chief Sustainable Officer von GEA. Neben diesen Faktoren müssen die Maschinen und Anlagen, die GEA liefert, über den gesamten Lebenszyklus hinweg eine effiziente Produktion ermöglichen. Seit Gründung als Metallhandelsunternehmen im Jahr 1881 hat sich das Geschäftsmodell deutlich gewandelt. Heute arbeiten in fünf Divisionen mehr als 18.000 Mitarbeiter in 62 Ländern.
Im Sinne von „Engineering for a better world“ ist GEA mittlerweile ein führender Anbieter von Technologien zur Emissionskontrolle, die für eine sauberere Umwelt sorgen. Auch GEAs Kühl- und Heizlösungen, die Abwärme wiederverwenden, helfen Gemeinden und Herstellern, CO2 einzusparen. Wassersparende Technologien bietet GEA für zahlreiche Anwendungen: Zum Beispiel helfen Zentrifugen beim nachhaltigen Wasser- und Abwassermanagement für die Industrie, Schifffahrt und Kommunen. Das Filtrationsportfolio unterstützt Null-Wasser-Anlagen durch Wasserrückgewinnung und -recycling. Andere Zentrifugen verwandeln Biomasse, Schlamm, Gülle und andere Rückstände in nutzbare Energie und Dünger. Ein weiterer großer Bereich ist das Thema „New Food“. GEA bringt sein Fachwissen in die Entwicklung von Produktalternativen zu Milch und Fleisch beim Kunden ein – zum Beispiel auf Pflanzenbasis, in Form von Insektenproteinen, fermentierten Proteinen oder kultiviertem Fleisch.
Cleaning Mammut – Nachhaltigkeit beim Reinigen
Heruntergekühlt auf etwa minus 79 Grad Celsius verändert CO2 seinen Zustand: Dann wird aus dem Gas eine feste Masse, das sogenannte Trockeneis. Torsten Spahn und seine Mitarbeiter bei Cleaning Mammut nutzen das Trockeneis als Reinigungsmittel. „Dabei schießen wir mit einem Strahlgerät bei Fast-Schallgeschwindigkeit das Trockeneis in Form von sehr kleinen Pellets auf die zu reinigende Fläche. Beim Aufprall vergrößern sich diese Trockeneis-Partikel schlagartig um das 700- bis 1.000-fache und lösen dadurch die Verschmutzungen auf den Oberflächen. Das Strahlmittel löst sich anschließend – im wahrsten Sinne des Wortes – in Luft auf, es enthält keine Feuchtigkeit und es muss lediglich noch der gelöste Schmutz zusammengekehrt werden. Dabei ist es gleichzeitig eine sehr schonende Reinigung“, so Spahn.
„Wir fahren mit einem Drei-Tonnen-Anhänger, auf dem ein Kompressor steht, zum Kunden hin“
Torsten Spahn, Gründer von Cleaning Mammut
Vor gut einem Jahr hat Spahn Cleaning Mammut in Langenfeld gegründet. Seitdem konnte das Jungunternehmen Kunden aus verschiedensten Branchen gewinnen, unter anderem aus der Lebensmittel- und Automobilindustrie sowie aus der Medizintechnik. Trockeneis ist nicht elektrisch leitend, nicht brennbar, nicht giftig und chemisch besonders träge, so dass es bei Kontakt mit Luft, Wasser oder anderen Produkten nicht oder nur in geringem Maße reagiert. Trockeneis ist zudem lebensmittelecht. Insbesondere für Fassaden denkmalgeschützter Gebäude, aber auch für viele andere Flächen würde die Methode sich anbieten, so Spahn: „Trockeneisstrahlen ist eine absolut sichere und saubere Methode, um Oberflächen jeglicher Art oder auch schwer zugängliche Zwischenräume zu reinigen. Es eignet sich perfekt zur Reinigung von sehr sensiblen und empfindlichen Flächen wie Fahrzeugteilen, elektrischen Anlagen, leicht zu beschädigenden Maschinen oder dünnwandigen Werkstoffen.“ Neu ist die Methode nicht, aber: „Wir bieten sie mobil an. Das heißt, wir fahren mit einem Drei-Tonnen-Anhänger, auf dem ein Kompressor steht, zum Kunden hin“, sagt Spahn.
Schramm Verpackung – nachhaltig Gutes tun
Wie sehr die Nachfrage beim Thema Nachhaltigkeit gestiegen ist, erlebt Schramm Verpackung hautnah mit. Das Familienunternehmen, das sich auf Transportverpackungen wie Kartonagen, Folien, Papier, Klebebänder sowie innovative Lösungen spezialisiert hat, kann auf eine 110-jährige Geschichte blicken. War es noch vor einigen Jahren vielen Unternehmen egal, aus welchen Materialien die Verpackungen für ihre Produkte und den Versand waren, hat sich das mittlerweile deutlich geändert. „Hauptsache schön“ ist nicht mehr allein der Maßstab der Dinge.
„Verpackungsmaterial ist unverzichtbar, um Produkte gut zu schützen, sicher zu verschicken und richtig zu lagern. Denn ein beschädigtes Produkt verursacht häufig deutlich mehr Ressourcenaufwand und Umweltbelastungen als die Verwendung von geeignetem Verpackungsmaterial“, sagt Simone Klee, Niederlassungsleiterin in Wülfrath. Für echte Nachhaltigkeit gibt es viele Ideen. So wird im Versandbereich den Verpackungen oft ein zweites Leben ermöglicht. Zum Beispiel durch einen direkt integrierten Wiederverklebestreifen, der dann bei der Rücksendung erneut zum Einsatz kommen kann, ohne zusätzlich Plastikklebeband verwenden zu müssen. Oder Versandtüten aus kompostierbarem Material, die die Kunden einfach als Biomüllbeutel erneut verwenden können.
„Nachhaltige Verpackungen sind häufig kostenintensiver. Das ist auf der einen Seite sehr schade, weil es die Kunden manchmal zögern lässt“
Simone Klee, Niederlassungsleiterin in Wülfrath bei Schramm Verpackung
Gerade auch langjährige Kunden melden sich bei Schramm, um ihre altgedienten Verpackungen gegen nachhaltigere Alternativen auszutauschen. „Unsere Kunden verlangen das mehr und mehr“, sagt Klee. Insgesamt sei die Nachfrage deutlich gestiegen, insbesondere was Versandverpackungen angeht. Der Onlinehandel nimmt immer mehr zu, es wird mehr verschickt, davon profitieren wir. „Nachhaltige Verpackungen sind häufig kostenintensiver. Das ist auf der einen Seite sehr schade, weil es die Kunden manchmal zögern lässt, umzustellen, auf der anderen Seite aber auch die Chance bietet, mit guten Konzepten wirklich nachhaltig der Umwelt etwas Gutes zu tun“, berichtet Klee. Ende des Jahres erscheint übrigens das neue Schramm Magazin – selbstverständlich auf 100 Prozent Recyclingpapier gedruckt.
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