Neues vom Gericht Juni 2021

Hotelstornierung in der Pandemie, Betriebsschließungsversicherung, Corona und Miete, Online-Marktplätze

Text: IHK-Redaktion

Hotelstornierung in der Pandemie

Müssen Hotelzimmer, die vor Ausbruch der Corona-Pandemie gebucht worden sind, pandemiebedingt (im entschiedenen Fall aufgrund der Absage der Kölner Fitness-Messe FiBo) storniert werden, kann eine hälftige Teilung der Buchungskosten zwischen Hotel und Gast gerechtfertigt sein.
Zur Geschäftsgrundlage der Parteien bei Abschluss des Beherbergungsvertrags gehört die Vorstellung, dass es nicht zu einer weltweiten Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens kommt. Daher kann für den Hotelkunden ein unverändertes Festhalten am Vertrag unzumutbar sein. Das durch die Corona-Pandemie verwirklichte Risiko der Absage einer Messe geht über sein gewöhnliches Verwendungsrisiko deutlich hinaus. Es steht auch in gleichem Maß außerhalb des Risikobereichs des Hotels und des Gastes. Es ist dem Gast daher nicht zuzumuten, dieses Risiko allein zu tragen. Bei dieser Sachlage ist eine hälftige Teilung der Buchungskosten sachgerecht.
(Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 14. Mai 2021, 1 U 9/21)

Greift die Betriebsschließungsversicherung?

Schäden, die durch eine coronabedingte Betriebsschließung während des ersten Lockdowns vom 18. März bis 16. April 2020 verursacht worden sind, sind von Betriebsschließungsversicherungen nicht abgedeckt, wenn die Versicherungsbedingungen nur auf bestimmte Krankheiten verweisen. In diesem Fall kann zwar immer noch eine sogenannte dynamische Verweisung auf den Katalog der Krankheiten und Krankheitserreger (im Sinne der §§ 6, 7 Infektionsschutzgesetz IfSG) vorliegen, also eine Verweisung auf die jeweilige aktuelle Fassung dieser Normen. Covid-19 ist in diesen Katalog aber erst nach dem ersten Lockdown aufgenommen worden, so dass ein Eintritt der Versicherung hierfür ausscheidet. Es bedarf insoweit auch keines Hinweises durch die Versicherung, dass für die im Gesetz (§§ 6, 7 IfSG) nicht genannten Krankheiten kein Versicherungsschutz besteht.
Diese Auslegung der Vertragsbestimmungen führt nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Versicherungsnehmer. Insbesondere weicht Versicherungsschutz, der Covid-19 nicht umfasst, nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Der Schutzzweck des IfSG liegt nicht darin, einen Unternehmer vor Schäden durch eine Unterbrechung des Betriebs aufgrund von Maßnahmen des Infektionsschutzes zu bewahren.
(Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Mai 2021, 3 U 34/21)

Coronabedingte Einschränkungen sind kein Mietmangel

Die beschränkten Nutzungsmöglichkeiten von Gewerberäumen während des ersten Lockdowns im April, Mai und Juni 2020 stellen keinen Mangel der Mietsache dar, der zu einer Minderung der Miete berechtigt.
Die behördlich angeordneten Einschränkungen haben sich nicht objektbezogen ausgewirkt, sondern bezogen sich inhaltlich auf den Betrieb des Mieters. Die Räume sind zu dem vertraglich vereinbarten Gebrauch weiterhin tauglich gewesen. Der Vermieter hat nur die Möglichkeit geschuldet, in den überlassenen Räumen einen Geschäftsbetrieb zu führen, nicht aber in irgendeiner Weise die Überlassung des Betriebs selbst. Soweit ein Nutzungszweck für den Betrieb – zum Beispiel eines Einzelhandelsgeschäfts – vereinbart worden ist, präzisiert dies lediglich die Art der gestatteten Nutzung. Durch die behördlichen Beschränkungen ist dieser vereinbarte Nutzungszweck selbst nicht untersagt worden, sondern nur die Art der Durchführung des Geschäftsbetriebs.
Allerdings hat sich die Geschäftsgrundlage des Mietvertrags durch die Pandemie schwerwiegend geändert. Die Parteien sind davon ausgegangen, dass während der Vertragslaufzeit Folgen einer solchen Pandemie nicht eintreten. Sonst hätten sie Regelungen hierfür vereinbart. Daher kann im Einzelfall eine Anpassung der Miethöhe vorzunehmen sein.
(Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. März 2021, 2 U 143/20)

Wann Online-Marktplätze eingreifen müssen

Die Betreiber von Online-Marktplätzen wie Ebay müssen nach einem Hinweis auf eine klare Verletzung von Produktsicherheitsnormen das entsprechende Angebot unverzüglich sperren. Darüber hinaus müssen sie Vorsorge treffen, dass es nicht zu weiteren Verstößen auf den beanstandeten Händler-Accounts kommt. Ebay darf daher seinen Marktplatz gewerblichen Verkäufern nach mehrfachen Hinweisen auf rechtswidrige Angebote nicht mehr für den Vertrieb von Waren zur Verfügung stellen, sofern die Angebote nicht rechtmäßig nach dem Produktsicherheitsgesetz gekennzeichnete Waren betreffen.
Die Betreiber der Online-Marktplätze trifft eine sogenannte Erfolgsabwendungspflicht. Daraus folgende Prüfungspflichten sind zumutbar, da die Produkte leicht identifizierbar sind. Die Verpflichtung führt auch nicht zu einer Gefährdung oder unverhältnismäßigen Erschwerung des Geschäftsmodells der Betreiber, da sie eine Filtersoftware einsetzen können. Damit können Warenangebote derjenigen Accounts ermittelt werden, bei denen in der Vergangenheit bereits rechtsverletzende Angebote angezeigt worden sind. Nicht zumutbar ist ihnen allerdings die Überprüfung, ob die Kennzeichnung nach dem Produktsicherheitsgesetz zu Recht angebracht worden ist und die Sicherheitsanforderungen tatsächlich erfüllt werden.
(Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juni 2021, 6 U 244/19)

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