Text: IHK-Redaktion
Lohn bei Betriebsschließungen durch Corona
Muss der Arbeitgeber seinen Betrieb aufgrund eines staatlich verfügten allgemeinen „Lockdowns“ zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorübergehend schließen, trägt er nicht das Risiko des Arbeitsausfalls. Er ist damit nicht verpflichtet, den Beschäftigten Vergütung (unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs) zu zahlen.
Der Arbeitgeber trägt nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen durch behördliche Anordnung die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle für die Versorgung der Bevölkerung nicht notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. Das ist kein Fall, der sich durch ein Betriebsrisiko ergibt. Dass die Arbeitsleistung unmöglich ist, ist vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer Gefahrenlage, die die Gesellschaft insgesamt betrifft. Es ist Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich für die finanziellen Nachteile zu sorgen, die den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehen. So ist es zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld auch geschehen. Soweit ein solcher Ausgleich (zum Beispiel bei geringfügig Beschäftigten) nicht gewährleistet ist, beruht dies auf Lücken im sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Hieraus lässt sich jedoch keine Zahlungspflicht des Arbeitgebers herleiten.
(Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Oktober 2021, 5 AZR 211/21)
Corona-Quarantäne im Urlaub
Wer während seines Urlaubs an COVID-19 erkrankt, muss sich ärztlich bescheinigen lassen, dass er aufgrund der Infektion arbeitsunfähig ist. Ansonsten ist der Arbeitgeber nicht zur Nachgewährung des Urlaubs verpflichtet. Der behördliche Bescheid, mit dem die Quarantäne angeordnet worden ist, genügt insoweit nicht.
Das Bundesurlaubsgesetz (§ 9) unterscheidet zwischen Erkrankung und darauf beruhender Arbeitsunfähigkeit. Diese Begriffe sind nicht gleichzusetzen. Die Nichtanrechnung der Urlaubstage erfordert bei bereits bewilligtem Urlaub ein ärztliches Zeugnis, mit dem nachgewiesen wird, dass aufgrund der Erkrankung Arbeitsunfähigkeit gegeben ist. Ein Bescheid des Gesundheitsamts, aus dem sich lediglich die COVID-19-Infektion des Arbeitnehmers ergibt, beurteilt nicht dessen Arbeitsfähigkeit.
Ereignisse, die den Urlaub stören, fallen als Teil des persönlichen Lebensschicksals grundsätzlich in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers. Anders wäre zu entscheiden, wenn generell und nicht nur im konkreten Einzelfall eine COVID-19-Infektion zu Arbeitsunfähigkeit führt. Das ist aber nicht der Fall, da eine Erkrankung mit COVID-19 bei einem symptomlosen Verlauf nicht automatisch zur Arbeitsunfähigkeit führt.
(Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. Oktober 2021, 7 Sa 857/21)
Verspätungsausgleich bei Flugreisen
Auch Flugreisenden, die einen vergünstigten Tarif in Anspruch genommen haben, den ihr Unternehmen in einer Rahmenvereinbarung mit dem Luftfahrtunternehmen für Geschäftsreisen vereinbart hat, steht im Falle einer Verspätung oder des Ausfalls ihres Fluges eine Entschädigung nach der europäischen Fluggastrechte-Verordnung zu.
Auch ein solcher vergünstigter Tarif für Geschäftsreisende des Unternehmens ist für die Öffentlichkeit verfügbar, wie es die Fluggastrechte-Verordnung voraussetzt. Die Einräumung von Rabatten hat in dieser Konstellation vergleichbare Wirkungen wie die Einräumung eines Mengenrabatts. Sie ist zugleich ein Mittel der Kundenbindung.
In diesem Zusammenhang ist unerheblich, zu welchem Zweck die Flüge gebucht werden können. Die Fluggastrechte-Verordnung hat das Ziel, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen und den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen Rechnung zu tragen. Denn die Annullierung oder eine große Verspätung von Flügen ist für die Fluggäste ein Ärgernis ist und verursachen ihnen große Unannehmlichkeiten. Solche Unannehmlichkeiten entstehen grundsätzlich allen betroffenen Fluggästen in gleicher Weise.
(Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. September 2021, X ZR 79/20)
Krankheitsbedingte Massenentlassungen
Massenentlassungen müssen Arbeitgeber der Agentur für Arbeit nach dem Kündigungsschutzgesetz (§ 17 KSchG) anzeigen. Als Massenentlassungen gelten, wenn es, jeweils innerhalb von 30 Kalendertagen, zu
– mehr als fünf Entlassungen in Betrieben mit mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern,
– mehr als 25 Entlassungen oder zehn Prozent der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer in Betrieben mit mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern oder
– mindestens 30 Entlassungen in Betrieben mit mindestens 500 Arbeitnehmern kommt.
Diese Anzeigepflicht besteht auch bei krankheitsbedingten Massenentlassungen. Die ausdrückliche Anregung im Gesetzgebungsverfahren, personen- und verhaltensbedingte Entlassungen von der Anzeigepflicht auszunehmen, hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen.
(Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. Oktober 2021, 7 Sa 405/21)
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