Neues vom Gericht – Januar 2021

Themen: Akteneinsicht und Mietkürzung während der Pandemie, Dieselskandal

Text: IHK-Redaktion

Pandemie: Keine Akteneinsicht im kleinen Keller

Die Verpflichtung einer GmbH, einem Gesellschafter zusammen mit zwei Bevollmächtigten Einsicht in Handelsbücher und Geschäftsunterlagen zu gewähren, unterliegt in Zeiten der Corona-Pandemie anderen Regeln. So wird die Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dazu ein 13 Quadratmeter großer Kellerraum bereitgestellt wird, in dem die Unterlagen in zahlreichen, nicht beschrifteten Kartons gelagert werden und der mit weiteren Möbelstücken zugestellt ist.
Die Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen ist angesichts der Ansteckungsgefahr während der Pandemie in einem solchen Raum unzumutbar. Da die Einsichtnahme länger dauern wird, muss die GmbH dafür andere Räumlichkeiten bereitstellen.

(Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 2020, 21 W 137/20)

Keine Kürzung gewerblicher Mieten wegen Corona-Schließung

Die staatlich verordnete Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts im Zuge der Corona-Pandemie stellt keinen Mangel dar und rechtfertigt keine Mietminderung.
Zwar können öffentlich-rechtliche Einschränkungen der Vermietung von Gewerberäumen grundsätzlich einen Mietmangel darstellen, dafür muss die Ursache der Nutzungsuntersagung aber in dem Mietobjekt selbst oder seiner Beziehung zur Umwelt begründet sein. Das ist bei Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie nicht der Fall: Die Maßnahmen dienen dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Es geht dabei nicht unmittelbar um die Beschaffenheit der Mietsache, sondern allgemein um deren Nutzungsart: Dort findet Publikumsverkehr statt und dadurch werden Infektionen begünstigt.
Ein Mieter kann in dieser Situation auch keine Vertragsanpassung oder eine Mietreduzierung wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage verlangen, solange er nicht ausnahmsweise in seiner Existenz bedroht ist. Liquiditätsengpässe reichen dafür nicht, zumal eine Kündigung wegen coronabedingter Zahlungsschwierigkeiten gesetzlich ausgeschlossen ist.

(Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. Oktober 2020, 2-15 O 23/20)

VW haftet nicht nach Bekanntwerden des Dieselskandals

Dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen gebrauchten Pkw der Marke Audi, der mit einem von der Volkswagen AG hergestellten Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet ist, stehen keine Schadensersatzansprüche gegen VW zu, wenn er das KFZ erst nach Bekanntwerden des Dieselskandals gekauft hat.
VW hat am 22. September 2015 die Öffentlichkeit über die Softwareprobleme bei Dieselmotoren des Typs EA189 informiert. Das Unternehmen hat damit sein Verhalten geändert, der Vorwurf der Sittenwidrigkeit – bezogen auf das Gesamtverhalten von VW – ist nicht mehr gerechtfertigt. Das Unternehmen hat auch darauf hingewiesen, dass die manipulierte Software von verschiedenen Marken des Konzerns verwendet worden ist. Damit hat es die unternehmerische Entscheidung, das Kraftfahrt-Bundesamt und die Fahrzeugkäufer zu täuschen, auch bei den anderen Marken des Konzerns durch die Strategie ersetzt, Unregelmäßigkeiten einzuräumen. Außerdem werden Schritte erarbeitet, um den gesetzwidrigen Zustand zu beseitigen. Damit ist das Verhalten von VW für alle Konzernmarken nicht mehr sittenwidrig gewesen.

(Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Dezember 2020, VI ZR 244/20)

Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren sind unzulässig

Ein Hersteller darf keine Abschalteinrichtung einbauen, die bei Zulassungsverfahren systematisch die Leistung des Systems zur Kontrolle der Emissionen von Fahrzeugen verbessert, um ihre Zulassung zu erreichen. Die Tatsache, dass eine solche Abschalteinrichtung dazu beiträgt, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verhindern, kann ihr Vorhandensein nicht rechtfertigen.
Die vom Hersteller ergriffenen technischen Maßnahmen müssen sicherstellen, dass die Auspuffemissionen während der gesamten normalen Lebensdauer eines Fahrzeugs bei normalen Nutzungsbedingungen wirkungsvoll begrenzt werden. Der grundsätzlich unzulässige Einbau einer Abschalteinrichtung, die die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert, ist nur dann gerechtfertigt, wenn hierdurch der Motor vor plötzlichen und außergewöhnlichen Schäden geschützt wird, die zu einer konkreten Gefahr während des Betriebs des Fahrzeugs führen.

(Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. Dezember 2020, Rs C-693/18)

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