Neues vom Gericht – November 2020

Urteile zur Pandemie - Haftung für Verschleiß - Kündigung nach Arbeitsverweigerung

Text: IHK-Redaktion

Pandemie: Keine Entschädigung für eine Kneipe

Der Betreiber einer Kneipe in Berlin, die während des Lockdowns schließen musste, hat keinen Anspruch gegen das Land Berlin auf Ausgleich des ihm entgangenen Gewinns.
Die Anordnung der Schließung von Gaststätten im März 2020 ist rechtmäßig gewesen. Die damit verbundene Einschränkung der Gaststättenbetreiber ist – unter besonderer Berücksichtigung der Lage zum Zeitpunkt des Erlasses – durch den Lockdown bedingt und als verhältnismäßig anzusehen. Zwar ist es grundsätzlich möglich, Gaststättenbetreibern auch für die Folgen einer rechtmäßigen Gaststättenschließung eine Entschädigung zu zahlen, wenn die erlittenen Beeinträchtigungen ein unzumutbares Sonderopfer darstellen. Die durch die vorübergehende Gaststättenschließung (im Zeitraum vom 14. März beziehungsweise 23. März bis zum 9. Mai) erlittenen Nachteile sind aber regelmäßig nicht als ein solches unzumutbares Sonderopfer anzusehen. Sie bewegen sich vielmehr im Bereich eines tragbaren, allgemeinen Lebens- und Unternehmerrisikos.

(Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Oktober 2020, 2 O 247/20)

Pandemie: Versicherungen haften für Schließungen

Ein bayerischer Gastwirt kann von seiner Betriebsschließungsversicherung eine Entschädigung von über 1.000.000 Euro verlangen, weil er sein Restaurant aufgrund einer Allgemeinverfügung der bayerischen Landesregierung vom 21. März 2020 coronabedingt schließen musste.
Der Gastwirt muss nicht zuvor gegen die Anordnung der Schließung gerichtlich vorgehen. Es ist auch nicht erforderlich, dass das Coronavirus in seinem Betrieb aufgetreten ist, wenn es nach den Versicherungsbedingungen nur darauf ankommt, dass der Betrieb aufgrund des Infektionsschutzgesetzes geschlossen worden ist. Das ist der Fall, wenn die Schließung ausdrücklich auf das Infektionsschutzgesetz gestützt worden ist.
Auch ein Außerhausverkauf von Waren muss nicht stattgefunden haben. Ein Außerhausverkauf stellt, wenn er für den Restaurantbetrieb lediglich ein vollkommen untergeordnetes Mitnahmegeschäft ist, keine unternehmerische Alternative dar, auf die sich der Versicherungsnehmer verweisen lassen muss.
Der Versicherungsumfang ist auch nicht auf die in den Versicherungsbedingungen gelisteten Krankheiten beschränkt. Das gilt dann, wenn die Tragweite der entsprechenden Klausel nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar ist, die aber dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht bekannt ist. Eine solche Klausel ist intransparent und damit unwirksam.

(Urteil des Landgerichts München I vom 1. Oktober 2020, 12 O 5895/20)

Normaler Verschleiß ist kein Mangel

Gewöhnlicher Verschleiß eines für den Straßenverkehr zugelassenen KFZ ist kein Mangel, der zu Gewährleistungsansprüchen des Käufers führt. Zumindest dann nicht, wenn dieser Verschleiß dem Alter, der Laufleistung und der Qualitätsstufe entspricht und die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt. Das gilt auch dann, wenn sich aus den Verschleißerscheinungen in absehbarer Zeit – insbesondere bei der durch Gebrauch und Zeitablauf zu erwartenden weiteren Abnutzung – ein Erneuerungsbedarf ergibt.
Der Käufer muss beweisen, dass sich an der Kaufsache innerhalb von sechs Monaten ein Mangel gezeigt hat. Er muss dann jedoch nicht mehr nachweisen, auf welche Ursache dieser mangelhafte Zustand zurückzuführen ist und dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt.

(Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. September 2020, VIII ZR 150/18)

Kündigung nach Arbeitsverweigerung

Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, kann sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen.
Ob der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung verpflichtet war, entscheidet sich nach der objektiven Rechtslage. Verweigert der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als falsch erweist.

(Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 31. Juli 2020, 2 Sa 398/19)

Teilnahme an einer Verbraucherschlichtung

Ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet, muss nach geltendem Recht (§ 36 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz ,VSBG) den Verbraucher davon in Kenntnis setzen, inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Zugleich muss er auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinweisen. Der Hinweis muss Angaben zu Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle enthalten. Wenn ein Unternehmer sowohl eine Webseite unterhält als auch AGB verwendet, müssen diese Informationen sowohl auf der Webseite erscheinen als auch in die AGB aufgenommen werden.

(Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. September 2020, XI ZR 162/19)

Fragen, Anregungen oder konstruktive Kritik zum Online-Magazin der IHK Düsseldorf? Wir freuen uns auf Ihre E-Mail.
Die Redaktion