Olympia an Rhein und Ruhr – eine gute Idee?

"Ja" sagt Kirsten Jahn, Metropolregion Rheinland, "Nein" Dirk Jansen, BUND

Text: Klaus Methfessel, Foto: Adobe Stock

Pro: Ökonomisch und ökologisch nachhaltig

Der gesamten Metropolregion Rhein-Ruhr bietet die Bewerbung für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2032 eine sehr große Chance. Das vorliegende Konzept ist ausgerichtet am Prinzip ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit. Die Spiele können so zu einem Katalysator werden für wichtige Investitionen in die Infrastruktur der Region und die vernetzte Mobilität und Digitalisierung in der Region auf eine neue Stufe heben. Denn der Nutzen dieser Investitionen würde sich nicht, wie vielfach in der Vergangenheit, auf die Dauer der Spiele beschränken. Vielmehr würde auch das Rheinland langfristig davon profitieren. Ähnlich wie München 1972 – die Spiele brachten damals die ganze Region nach vorn.

Kirsten Jahn, 44, leitet gemeinsam mit Ulla Thönnissen die Metropolregion Rheinland.
Foto: Kirsten Jahn

Stichwort Nachhaltigkeit und Ökologie: Der Charme von Spielen an Rhein und Ruhr besteht ja gerade darin, dass weitgehend auf der vorhandenen Sport-Infrastruktur aufgebaut werden kann, die der Bevölkerung auch anschließend zur Nutzung zur Verfügung steht. Es müssen nicht, wie in anderen Ländern, erst noch Sportstätten gebaut werden, die anschließend keine Nachnutzung finden. Auch der Bau des olympischen Dorfes und des Medienzentrums ist angesichts des großen Wohnraumbedarfs eine Chance für die Region, da sie ebenfalls danach weiter genutzt werden.
Die gemeinsame Bewerbung wird das Gemeinschaftsgefühl stärken, nicht nur Gastgeber, sondern Teil eines Ganzen zu sein, einer Metropolregion von 14 Kommunen, die an einem Strang ziehen, ihre Kräfte bündeln und die Herausforderungen gemeinsam bewältigen. Das prägt ein neues Außenbild der Region und ermöglicht noch besser, das Rheinland im internationalen Standortmarketing als wirtschaftlich starken Standort im Herzen von Europa zu profilieren.
Dabei ist die frühzeitige Beteiligung der Bürger selbstverständlich erforderlich. An der Akzeptanz der Bevölkerung für so gestaltete Spiele dürfte es jedoch nicht fehlen, da sie selbst auch von den modernisierten Sportstätten und der verbesserten Infrastruktur profitiert. Es gilt, sie durch die Spiele zu begeistern: Erinnern wir uns an das Sommermärchen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Die tolle Atmosphäre hat doch alle begeistert.

Contra : Kein ökologisch überzeugendes Konzept

Großveranstaltungen gegenüber sind wir wegen der damit verbundenen Folgen für die Umwelt skeptisch. Wir sind zwar nicht prinzipiell gegen Olympische Spiele in unserer Region, letztlich kommt es auf die Umsetzung an, für die es bislang noch kein ausgearbeitetes Konzept gibt. Aber allein schon der zu erwartende Reiseverkehr bei solchen Großveranstaltungen stimmt bedenklich.
Die Schlagworte der Initiatoren klingen wohlfeil und schön. Ähnlich hehre Ziele waren auch 2012 in London im Vorfeld zu hören, man wollte „ökologische Leuchtturmspiele“ veranstalten, sie sollten nachhaltig zu einer zukunftsfähigen Entwicklung der Region beitragen. Aber das Ergebnis sah dann doch anders aus. Alle bisherigen Olympischen Spiele hatten kein ökologisch überzeugendes Konzept. Fraglich ist ohnehin, ob ein solches Großereignis überhaupt umwelt- und klimaneutral zu realisieren ist.

Dirk Jansen hat Geographie und Geologie studiert und ist seit 1992 Geschäftsleiter des BUND NRW.
Foto: Steffen Hoeft/BUND

Eine Abkehr von der Gigantomanie, ein Zurück in Richtung 1896 und Pierre de Coubertin, ist bislang nicht zu erkennen. Auch wenn die Initiatoren behaupten, sie hätten einen Gegenentwurf zum teuren Gigantismus der Vergangenheit erarbeitet, so kommen sie doch selbst keineswegs ohne Gigantomanie aus. Zudem fehlen für etliche Sportarten noch die Sportanlagen, etwa für den Kanu- oder Wildwassersport, und das Olympiastadion selbst. Und bislang weiß noch keiner, wo das olympische Dorf gebaut werden soll, damit es einen nachhaltigen, städtebaulichen Gewinn bringt.
Was die postulierten Zukunftsthemen betrifft – Infrastruktur, öffentlicher Nahverkehr, Mobilität und Digitalisierung – so stellt sich die Frage: Brauchen wir wirklich die Olympischen Spiele als Katalysator, um die regionale Entwicklung so zu gestalten, wie es erforderlich wäre? Ich meine, für eine nachhaltige Entwicklung an Rhein und Ruhr brauchen wir Olympia nicht, die sollte unabhängig davon erfolgen.