Schlüssel für erfolgreiche Innovationen

Interview mit Michael Reinartz, Innovationschef bei Vodafone Deutschland, über Herausforderungen und Verantwortung bei der Entwicklung von Innovationen

Text: Sylvia Rollmann, Fotos: Vodafone

IHK: Auf welche Innovation aus Ihrem Haus sind Sie besonders stolz?

Michael Reinartz: Spontan fällt mir da der 5G-Medizincampus der Uniklinik Düsseldorf ein. Das Projekt „Giga for Health“ ermöglicht die schnellstmögliche Datenübertragung in Versorgung, Forschung und Lehre. In der Medizin zählt ja bekanntlich jede Sekunde.

Wie werden in Ihrem Unternehmen Innovationen generiert?
M.R.: Der Schlüssel für erfolgreiche Innovationen ist Offenheit. Um neue Ideen zu identifizieren, sie schnell voran- und in den Markt zu bringen, kooperieren wir mit einem wachsenden Netzwerk an Start-ups, Mittelständlern, Universitäten und Instituten. Nehmen wir zum Beispiel Düsseldorf. Hier sind wir Partner des „Digihub“, der „Start-up-Woche“ und der „Digitalen Stadt“, über die wir immer neue Kontakte knüpfen und frische Ideen generieren. Großen Einfluss hat auch der Dialog mit unseren Kunden, die mit spezifischen Problemen auf uns zukommen, für die wir gemeinsam Lösungen entwickeln. In unserem Innovation Park können neue Technologien getestet werden, bevor sie im öffentlichen Netz nutzbar werden. Auch dort entstehen Innovationen.

Inwieweit werden die Mitarbeiter in die Ideenfindung einbezogen?
M.R.: Bei Vodafone gibt es das Ideenmanagement, das die Vorschläge aller Mitarbeiter systemisch sichtet und bewertet. So stellen wir sicher, dass gute Einfälle nicht verloren gehen. Parallel dazu gibt es das Future Board, das alle Stakeholder des Unternehmens einmal im Monat zusammenbringt, um über neue Trends – nicht nur aus der Telekommunikationsindustrie – zu diskutieren und zu entscheiden, wie wir auf diese Impulse reagieren wollen.

„Unser Ziel ist es, Produkte zu entwickeln, die Mensch und Natur einen Mehrwert bieten“

Welche Ideen schaffen es zur Marktreife, welche nicht?
M.R.: Wenn wir eine Innovation realisieren, dann möchten wir damit Geld verdienen können. Stellen wir in der Testphase fest, dass sich eine Neuheit beim Kunden nicht durchsetzen kann, halten wir uns damit nicht länger auf. Experiment and learn fast – das ist unser Credo.

Also gehört auch Scheitern zur Innovationskultur …
M.R.: Absolut. Die Entwicklungszyklen werden immer kürzer und die Kundenwünsche ändern sich immer schneller – da kann es passieren, dass man im Zuge der Entwicklung scheitert. Gerade deshalb ist es wichtig, neue Technologien so schnell wie möglich auf den Markt zu bringen und auszuprobieren. Wir haben es zum Beispiel geschafft, die Arena des VfL Wolfsburg als erstes Fußballstadion überhaupt mit einem 5G-Netz auszustatten. Über eine Augmented-Reality-App konnten die Fans zusätzliche Spieldaten in Echtzeit auf ihrem Handy abrufen. Das war eine weltweit beachtete Premiere und zeigt das vielfältige Anwendungspotenzial von 5G. Letztlich führt das zu weiteren Ideen.

Innovationen unter Zeitdruck – bleibt da noch Raum für das Thema Verantwortung?
M.R.: Unbedingt. Unser Ziel ist es, Produkte zu entwickeln, die Mensch und Natur einen Mehrwert bieten. Wir glauben an eine vernetzte Gesellschaft, in der Innovationen und Technologien das Leben leichter machen, in der die Digitalisierung Bildungschancen verbessert und smarte Lösungen der Wirtschaft helfen, effizienter und umweltschonender zu arbeiten. Wir engagieren uns dafür, dass diese Potenziale für jeden nutzbar werden und niemand auf dem Weg ins digitale Zeitalter zurückgelassen wird. Dafür setzen wir unsere Ressourcen ein.

Eine der jüngsten Innovationen von Vodafone: Der selbstfahrende Kiosk.

Widerspricht das nicht Ihrem Prinzip, mit Innovationen Geld verdienen zu wollen?
M.R.: Nein. Wirtschaftlicher Erfolg muss nicht zu Lasten der Umwelt gehen. Entwicklungen, die der Gesellschaft ein nachhaltigeres Leben ermöglichen, sind mindestens so viel wert wie der monetäre Gewinn. Natürlich möchten wir mit Innovationen Geld verdienen, deshalb verlieren wir Aspekte wie Umwelt- und Klimaschutz aber nicht aus den Augen. Im Gegenteil: Wir sind davon überzeugt, dass Digitalisierung der richtige Schlüssel ist, um den Klimawandel aufzuhalten, weil uns smarte Lösungen dabei helfen können, klimaneutral oder gar emissionsfrei zu leben und zu arbeiten. Leider sind wir in Deutschland noch weit davon entfernt, diese Potenziale auszuschöpfen.

Was meinen Sie damit?
M.R.: Innovationen werden nicht gefördert, sondern von der Regulierung ausgebremst. Schauen Sie sich unsere Partnerschaft mit dem chinesischen Drohnenhersteller EHang an. Die Flugtaxis und Transportdrohnen von EHang funken mit SIM-Karten von Vodafone Bis aber solche Anwendungen in Deutschland Alltag sind, werden noch Jahre vergehen. Allein die Tests sind hierzulande an hohe Auflagen geknüpft. Anderes Beispiel: Datenschutz. Während in Österreich schon zu Beginn der Corona-Pandemie Daten aus dem Telekommunikationsumfeld genutzt wurden, um Bewegungsmuster nachzuvollziehen und Maßnahmen gegen das Virus zu ergreifen, wurde hier über den Datenschutz diskutiert. Da müssen die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Wie attraktiv ist vor diesem Hintergrund der Standort Düsseldorf?
M.R.: Für uns ist und bleibt Düsseldorf sehr attraktiv. Hier werden wir wahrgenommen und hier werden unsere Anliegen gehört. Es besteht ein enger Kontakt zur Stadt, zur IHK, zu Wirtschaft und Wissenschaft. Gemeinsam können wir auch in Zukunft viel erreichen – oder um es mit unserem Markenclaim zu sagen: „Together we can“.

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