Schöne neue Bürowelt?

Text: IHK-Redaktion, Fotos: Paul Esser

Das Unternehmen plan-up hat sich auf die Planung, Konzeption und Gestaltung von Lebens- und Arbeitswelten spezialisiert. Im Interview sprechen Gründer Helge Barthelmes und Fachplanerin Karo Dyla über New Work und das „Büro der Zukunft“.

IHK Quarterly: Traditionelle Bürowelten werden auseinandergenommen und neu zusammengesetzt. Wie sieht das „Büro der Zukunft“ aus?

Helge Barthelmes: Das „Büro der Zukunft“ wird vor allem eins sein: individuell. Das bedeutet, es gibt keine Standardlösung, schließlich hat jedes Unternehmen – ebenso dessen Mitarbeitende – eigene Bedürfnisse. Corona und die Digitalisierung haben die Arbeitswelt in Gänze verändert. Das „Büro der Zukunft“ wird eine flexible Plattform sein, die schnell auf Veränderungen reagieren kann. Und es wird bei den meisten Unternehmen wahrscheinlich 25 bis 40 Prozent weniger Fläche haben, was der Tatsache des Remote Works, also des häufigen Arbeitens außerhalb des Büros, geschuldet ist.

Erst Einzelbüros, jetzt Open Spaces – und dann?

H. B.: Ökologisch und wirtschaftlich betrachtet, sollten Unternehmen keine Infrastrukturen aufrechterhalten, die nicht mehr sinnvoll und effizient sind. Pandemiebedingt wird jedes Unternehmen dazu gezwungen, sich mit neuen Fragen auseinanderzusetzen. Brauche ich zum Beispiel für 500 Mitarbeitende auch 500 Arbeitsplätze oder kann ich die Zahl durch Desk-Sharing reduzieren? Jedes Unternehmen sollte das individuell hinterfragen und dabei die eigenen Strukturen berücksichtigen.

Karo Dyla: Die zukünftige Bürofläche wird außerdem ein Ort der Begegnung sein, an dem die Kraft der Mitarbeitenden gebündelt wird. Wenn diese zusammenkommen, sollte der Ort zum Kollaborieren einladen, damit sich kreative Potenziale voll entfalten können.

Sie begreifen den Raum auch als Ressource. Inwiefern?

K. D.: Gestaltete Räume setzen beim Menschen unmittelbar unterschiedliche Empfindungen frei, die wiederum einen direkten Einfluss auf das Treffen von Entscheidungen haben. Wir sehen den Raum als strategische Ressource. Ein einfaches Beispiel: Eine inspirierend gestaltete Fläche mit einer guten Espressomaschine lädt zum Verweilen ein, Mitarbeitende kommen zusammen, tauschen sich aus und im Idealfall entstehen direkt neue Ideen. In jedem Fall aber werden Wissenstransfer und Unternehmenskultur gefördert.

H. B.: Wir bezeichnen das auch gern als sogenannte „Nudges“. Das bedeutet, dass der Raum quasi einen kleinen Schubs gibt und er dadurch – als strategische Ressource – für das Unternehmen arbeitet.

Remote Work impliziert das Thema Vertrauen als wesentliches Element und Grundpfeiler des zukünftigen Arbeitens

Helge Barthelmes, Gründer und Inhaber von plan-up

Auch das Mindset der Mitarbeitenden muss für die Zeit nach der Pandemie sattelfest gemacht werden. Wie geht das?

H. B.: Jedes Unternehmen hat seine ganz eigene Kultur, die nach innen und außen getragen wird. Die Pandemie hat dafür gesorgt, dass selbst die kontrollbedürftigsten Unternehmer und Unternehmerinnen ihren Mitarbeitenden im Homeoffice viel Vertrauen entgegenbringen mussten. Aus unserer Sicht ist dies eine sehr wichtige und positive Entwicklung. Remote Work impliziert das Thema „Vertrauen“ als wesentliches Element und Grundpfeiler des zukünftigen Arbeitens.

K. D.: Wichtig ist außerdem der Aspekt der „Sicherheit“. Unternehmen müssen dafür sorgen, dass sich ihre Mitarbeitenden sicher und geborgen in der Umgebung und der Kultur des Unternehmens fühlen können. Auch an dieser Stelle kommt wieder der Raum ins Spiel: Wenn die Unternehmenskultur räumlich erlebbar gemacht wird, steigert das das Wir-Gefühl, was sich wiederum positiv auf das Mindset auswirkt.

Es gilt, Wirtschaftlichkeit, Professionalität, Kultur und Mensch in Einklang zu bringen

Helge Barthelmes

Was passiert mit denen, die die aktuellen Veränderungen „verschlafen“?

H. B.: Wir befinden uns bereits in einem Transformationsprozess. Aus meiner Sicht stellt sich die Frage nach dem „Ob“ nicht mehr, sondern eher die Frage nach dem „Wie“. Es gilt, Wirtschaftlichkeit, Professionalität, Kultur und Mensch in Einklang zu bringen. Kurzum: Unternehmen sollten unbedingt schnell auf die aktuellen Veränderungen reagieren. Das ist der Schlüssel, um zukunfts- und wettbewerbsfähig zu bleiben

Was brauchen Menschen am Arbeitsplatz, um sich wohlzufühlen und erfolgreich zu arbeiten?

K. D.: Definitiv eine ihren Arbeitsanforderungen entsprechende Umgebung, die neben der Raumplanung und -einrichtung auch die immer wichtiger werdenden Wohlfühl-Komponenten berücksichtigt. Es gibt Mitarbeitende, die möchten agil und selbstbestimmt arbeiten, andere wiederum klassisch und eng geführt.

H. B.: Wir raten zu einer Unternehmensorganisation, die eine gute Mischung aus Orten für Konzentration und Rückzug sowie für produktives Arbeiten, Kollaboration und Kreativität bietet. Ziel eines Unternehmens sollte es sein, seinen Mitarbeitenden ein inspirierendes, kulturförderndes und identifikationsstiftendes Arbeitsumfeld zu bieten. Als externer Partner unterstützen und begleiten wir diesen Prozess.

Das Unternehmen plan-up, gegründet im Februar 2021, ist spezialisiert auf die Planung, Konzeption und Gestaltung sowie die bauliche Begleitung von Lebens- und Arbeitswelten. Gründer und Inhaber Helge Barthelmes und Fachplanerin Karo Dyla sind Experten in den Bereichen New Work und agiles Arbeiten. Das Unternehmen besteht im Kern aus sechs Teammitgliedern und wird – je nach Größe des Projektes – durch Talente im Netzwerk erweitert. plan-up berät und begleitet zukünftig Unternehmen dabei, Wirtschaftlichkeit, Professionalität, Kultur und Mensch in Einklang zu bringen.

Über dieses Thema haben wir auch im IHK Quarterly 02/2021 berichtet.

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