So geht Digitalisierung in den Unternehmen

Wie Start-ups und etablierte Unternehmen den Wandel nutzen

Sandra Jachmann setzt in ihrer Spedition auf digitale Technik.

Text: Jürgen Grosche, Fotos: Paul Esser
Digitalisierung – ein Wort, das mittlerweile der Erklärung bedarf. Denn alle reden davon, aber was es konkret bedeutet, lässt sich am besten an Beispielen zeigen. Digitalisierung in den Unternehmen verändert ganze Betriebsabläufe. Neue Prozesse ermöglichen Geschäftsmodelle, die es bislang nicht gab. Corona hat der Entwicklung einen starken Schub verpasst. Wenn Unternehmer erzählen, wird am praktischen Beispiel deutlich, wie sich die Welt verändert und wie gewaltig die Umbrüche sind, die die Wirtschaft derzeit zu bewältigen hat. In einer Serie im IHK-Online-Magazin werden im Laufe des Monats sechs Beispiele vorgestellt. Hier ein kurzer Ausblick.

Eine Branche wie die Logistik ist prädestiniert für die Digitalisierung. Was da geht, zeigt zum Beispiel die Spedition Jachmann mit Sitz in Mettmann. Die Fahrzeuge sind über eine sogenannte FMS-Schnittstelle mit einem Telematik-System verbunden. Es zeigt, wo sich die Fahrzeuge gerade befinden, gibt Auskunft über Lenkzeiten der Fahrer oder über den Transportstatus. So kann die Zentrale sowohl die Ladestelle informieren als auch Kunden, wenn es zum Beispiel zu Lieferverzögerungen kommt. Digitale Akten geben Auskünfte über Rechnungen und andere Abfragen. „Wir sind auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ziel“, sagt die Geschäftsführerin Sandra Jachmann.

Im Netz präsent

Ein weiteres Beispiel ist die Personalrekrutierung. Hier hat die rein digital arbeitende Agentur für Rekrutierung Abion aus Düsseldorf Softwarelösungen entwickelt, mit der Unternehmen individuelle Stellenanzeigen und ein Arbeitgeberprofil erstellen können. Die Layouts werden modular auf die unterschiedlichen Portale angepasst und können auch in Social-Media-Kanälen publiziert werden. „Dadurch werden die Barrieren einzelner Plattformen aufgelöst und der potenzielle Bewerberpool vergrößert“, erklärt Geschäftsführer Ralf Brüll.

Auch die Weiterbildung digitalisiert sich zusehends. Das Düsseldorfer Start-up „talent::digital“ kombiniert die beiden Digitaltrends Gamified Learning, also digitale Spiele zum Lernen, und Data Driven Empowerment (digitale Fähigkeiten analysieren und auf Basis der Daten die Mitarbeitenden für die digitale Welt fit machen) und schafft damit etwas Neues. „Wir sind europaweit die ersten, die diese Kombination aus validen Daten und – auf dieser Basis – gezielten Weiterbildungsmaßnahmen anbieten“, sagt Roman R. Rüdiger, Geschäftsführer der talent::digital GmbH.

Wie sehr neue digitale Dienste die Arbeit erleichtern und sogar bares Geld sichern, zeigt das Düsseldorfer Start-up VAT4U. 2015 startete das Unternehmen eine Plattform, die die Reisekosten-Belege der Unternehmen aufbereitet und an die Finanzbehörden übermittelt. International tätige Unternehmen müssen sich allein in der EU mit 2.000 verschiedenen Regeln für die Abzugsfähigkeit der Ausgaben auseinandersetzen. Wegen des immensen Aufwandes fordern sie bei Kleinstbeträgen die Umsatzsteuer oft nicht zurück. „Den Unternehmen gehen jedes Jahr in Europa 20 Milliarden Euro verloren“, rechnet Geschäftsführer Dr. Fabian Völkel vor. Das digitale System von VAT4U wertet die Belege mit Algorithmen und Künstlicher Intelligenz aus.

Auch Wirtschaftszweige, bei der Digitalisierung in den Unternehmen noch nicht vorne dabei sind, stellen sich der Entwicklung und erkennen die Chancen. Zum Beispiel die Baubranche. Hersteller von Fliesen oder Böden vermarkten ihre Produkte an Architekten traditionell über Messen oder Besuche des Vertriebs. Alexander Lenz und Manan Voskanian bieten mit ihrem Start-up stylique.de einen neuen Weg: „Wir vernetzen Hersteller und Architekten“, erklärt Lenz. Die Architekten können sich auf dem Portal inspirieren lassen und sie können online gleich kaufen. Die Hersteller pflegen ihre eigenen Profile selbst. Die Kunden können direkt mit ihnen in Kontakt treten. So entsteht ein digitaler Marktplatz – eine Innovation in der Branche.

„Mensch und Digitalisierung gehen zusammen“

Diba Dogan, bona’me

In der Gastronomie sind es Kombinationen von Bewährtem und Neuem, von persönlichem Flair und digitalen Anwendungen, die als Innovationen Aufmerksamkeit generieren. Die Familie Dogan hat mit ihrem Restaurant-Konzept „bona’me“ (kurdisch: „unser Haus“) bereits großen Erfolg gehabt. Jetzt gibt die Digitalisierung einen neuen Schub. Während der Corona-Pandemie haben die Betreiber den bereits geplanten Online-Shop aufgebaut. Die spannendste digitale Neuentwicklung findet sich in den Restaurants, und das Düsseldorfer Haus startete als erstes mit dem neuen Selbstbedienungskonzept. Die Gäste bestellen ihre Gerichte am „Counter“, einem Touchscreen-Gerät, das die Speisekarte mithilfe von Fotos zeigt. An den Countern kommen die Gäste mit dem Personal ins Gespräch. „Mensch und Digitalisierung gehen zusammen“, erklärt Diba Dogan, die in dem Familienunternehmen fürs Marketing zuständig ist.

Die Beispiele zeigen: Digitalisierung in den Unternehmen fordert die Wirtschaft ungemein heraus. Aber sie eröffnet gleichzeitig große Chancen. Die Unternehmen dürfen sie sich nicht entgehen lassen. Denn Digitalisierung wirkt auch disruptiv. Unternehmen aus traditionell starken Branchen müssen sich umstellen, sonst werden sie von neuen Anbietern vom Markt verdrängt.

Weitere Tipps zum Thema Digitalisierung gibt es auf den Internetseiten der IHK Düsseldorf.

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