Text: Beate Werthschulte, Fotos: Andreas Endermann
Dass der historische Gebäudekomplex der einstigen Weberei in einen Gewerbepark umgewandelt wurde und die ehemaligen Werkswohnungen bis heute zum Immobilienportfolio gehören, hat entscheidend zum anhaltenden Erfolg des Familienbetriebs beigetragen.
Gegründet wurde Becker + Bernhard am 1. April 1897 von Carl Becker und August Bernhard und wurde in den vergangenen 125 Jahren – bis auf eine fünfjährige Unterbrechung Anfang der 2000er Jahre – stets von einem Familienmitglied geleitet. Der heutige Geschäftsführer und Mitgesellschafter Daniel Dorsch ist der Urenkel von Carl Becker. Dass er einmal ins Unternehmen einsteigen würde, war – obwohl er schon als Schüler erste Praktika in der damals noch bestehenden Weberei absolvierte – nicht unbedingt vorgesehen. „Mein Vater war Apotheker in der dritten Generation und hätte es gern gesehen, wenn ich in seine Fußstapfen getreten wäre, zumal auch meine – inzwischen verstorbene – Schwester die Apotheke nicht übernehmen wollte“, erinnert er sich. Aber der junge Daniel Dorsch hatte wenig Ambitionen, ein Pharmaziestudium zu beginnen, sondern mehr Interesse daran, im Familienunternehmen, dem seine Mutter, eine von drei Enkelinnen des Mitgründers Becker, entstammte, mitzuarbeiten. „Mein Onkel Uwe Glißmann, der Anfang der 1970er Jahre die Geschäftsführung in dritter Generation von seinem Schwiegervater Werner Becker übernommen und bis zu seinem Tod im Jahr 2001 innehatte, bat mich nach Abitur und Zivildienst, die Unternehmensnachfolge vorzubereiten“, erzählt der 53-Jährige.
Schließung der Weberei
Schon zu diesem Zeitpunkt, Anfang der 1990er Jahre, ging es der Weberei wirtschaftlich nicht mehr gut, ihre Schließung rückte näher. Längst konnte man mit Personal- und Produktionskosten, wie sie etwa in Asien möglich waren, nicht mehr mithalten. Deshalb wurde bereits Mitte der 1980er Jahre damit begonnen, Personal abzubauen. War Becker + Bernhard einst mit mehr als 800 Mitarbeitenden der größte Arbeitgeber in Langenfeld – mehrere Generationen von Familien waren in der Weberei tätig – waren es dann nur noch rund 150 Beschäftigte. Und 1997 musste die Weberei ganz geschlossen werden – nach genau 100 Jahren wurde am 1. April der letzte Webstuhl abgeschaltet. „Da mein Onkel sehr gute Kontakte hatte, konnten glücklicherweise die meisten Mitarbeitenden über den Sozialplan in den Vorruhestand entlassen oder an andere Betriebe vermittelt werden“, erläutert Dorsch. Die Flächen mit den historischen Gebäuden aufzugeben, kam allerdings für die Familie nicht infrage. Sie investierte stattdessen in deren aufwendige Umgestaltung, und so entstand der Becker + Bernhard Gewerbepark. Ohnehin wurde bereits Anfang der 1990er Jahre in den Bau weiterer Immobilien investiert. Aktuell verfügt Becker + Bernhard über rund 32.000 Quadratmeter Mietfläche, wobei rund 8.000 auf Mietwohnungen entfallen. „Aus der ehemaligen Weberei ein Immobilienunternehmen zu formen, bot sich einfach an, denn durch die Werkswohnungen war man ja seit Jahrzehnten im Vermietungsgeschäft tätig“, erklärt der heutige Geschäftsführer.
„Für mich war es immer wichtig, die Unternehmenstradition fortzusetzen, und dazu gehört auch das soziale Engagement“
Daniel Dorsch studierte also Jura, bildete sich in den Bereichen Buchhaltung und Facility Management, also der ganzheitlichen Gebäudebewirtschaftung, weiter, um eines Tages die Geschäftsführung des Unternehmens von seinem Onkel zu übernehmen. Doch Uwe Glißmann starb im Jahr 2001 – und er war noch nicht bereit für die Geschäftsführung. „Mit Herbert Jacobi leitete dann fünf Jahre lang, von 2001 bis 2006, ein Nicht-Familienmitglied den Betrieb“, erinnert sich Dorsch. Jacobi war bereits seit mehr als 40 Jahren bei Becker + Bernhard tätig, hatte seine Ausbildung dort absolviert und war als gestandener Kaufmann genau der Richtige für die Aufgabe. Von ihm konnte der noch unerfahrene Daniel Dorsch alles Notwendige lernen, um 2006 als Geschäftsführer zu übernehmen. Und das tat er im Wissen um die großen und für die damalige Zeit wegweisenden sozialen Leistungen der Firmengründer.
Schon früh sozial eingestellt
So gab es bei Becker + Bernhard schon ab dem Jahr 1906 eine so genannte „Unterstützungskasse“, Vorläufer der heutigen Betriebskrankenkassen. Ab 1910 erhielten die Mitarbeitenden bezahlten Urlaub, darüber hinaus wurde in den 1930er Jahren eine Werksküche eingerichtet, sogar einen Betriebsarzt gab es. Ab 1938 wurden Werkswohnungen für insgesamt 120 Mitarbeiterfamilien gebaut. Zudem fand Carl Becker es wichtig, dass seine Angestellten sich sportlich betätigten – er ließ nicht nur eine Turnhalle, sondern auch ein großes Sportgelände mit Fußballplatz und Leichtathletikbahn sowie ein Freibad bauen, das auch Daniel Dorsch als Grundschüler noch gern genutzt hat.
„Für mich war es immer wichtig, die Unternehmenstradition fortzusetzen, und dazu gehört auch das soziale Engagement“, erläutert Dorsch seine Philosophie. So liegt beispielsweise die Miete der Werkswohnungen – sofern es sich nicht ohnehin um Sozialwohnungen handelt – grundsätzlich an der unteren Grenze des Mietspiegels. Fragt man Daniel Dorsch was es braucht, um 125 Jahre unternehmerisch erfolgreich zu sein, sagt er ohne zu zögern: „Tradition mit Moderne verbinden und alte Werte nicht aus den Augen verlieren.“
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