Unternehmensnachfolge in der Krise

In der Pandemie verschieben viele Senior-Chefs ihre Pläne

Text: Christian Preiser/IHK-Redaktion

Die Zahlen klingen dramatisch: Nach Schätzungen der staatlichen Förderbank KfW suchen allein im laufenden Jahr 2021 mehr als 75.000 Inhaber kleiner und mittelständischer Unternehmen einen Nachfolger – oft ohne Erfolg. Schon immer fiel es Unternehmern, die sich eigentlich aus Alters-, gesundheitlichen oder anderen Gründen zurückziehen sollten, schwer, ihre Firma in andere Hände zu übergeben. Die Corona-Krise verschärft diese Entwicklung. In der aktuellen Krise verschieben viele Seniorchefs die längst anstehende Entscheidung auf später – hinein in eine ungewisse Zukunft. Dieses Phänomen spiegelt auch der Report des DIHK „Unternehmensnachfolge 2020“ wider: Danach ist zwischen März und Oktober 2020 bei beinahe drei von vier IHKs die Zahl der Beratungen zur Unternehmensnachfolge gesunken – bisweilen sogar stark.

Ein „Weiter so!“ reicht nicht

Im Bezirk der IHK Düsseldorf ist die Zahl der Beratungen im Jahr 2020 zum Thema Unternehmensnachfolge um rund 18 Prozent gesunken. „Die Pandemie beeinflusst die Ertragssituation vieler Unternehmen und dadurch auch deren Unternehmenswert – einer der wichtigsten Faktoren bei Nachfolgeverhandlungen. Je höher der aktuelle Wertverlust, je höher dürfte auch die Bereitschaft der Unternehmer ausfallen, eine geplante Unternehmensnachfolge zu verschieben“, so Mathias Meinke, Experte für Unternehmensnachfolge bei der IHK Düsseldorf. Und diese Verschiebung ist gefährlich, da sie die lebensnotwendige Entwicklung eines Unternehmens hemmen kann. Denn ein bloßes „Weiter so!“ reicht bei einer disruptiven Wirtschaftskrise, wie die Corona-Pandemie sie darstellt, bei weitem nicht aus.

„Wir verzeichnen seit Jahren ein starkes Interesse an rentablen Unternehmen“

Mathias Meinke, IHK Düsseldorf

Vielmehr verlangt der Ernst der Lage nach einem radikalen Hinterfragen von Strategie und operativer Tätigkeit. Dazu aber sind aber nicht mehr alle Alteigentümer motiviert. Die Übergabe des Unternehmens an einen geeigneten und motivierten Nachfolger aus der eigenen Familie, dem Betrieb oder der Verkauf an einen externen Dritten sind dann die letzten Optionen, um die Firma vor einem drohenden Ruin zu retten.
Hat sich das Unternehmen in der Vergangenheit etwa in seiner Branche, seiner Region oder gegenüber seiner Konkurrenz ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet, braucht der Verkäufer kaum zu fürchten, vom Käufer übervorteilt zu werden. Marktstärke schlägt sich immer auch im Verkaufspreis nieder. Umgekehrt gilt natürlich auch: Unternehmen ohne Strategie oder Ertragsmodell für die Zukunft sind in der Krise nicht einmal mehr Apfel und Ei wert.

Gegen den Trend

Solvente Käufer für ein solide aufgestelltes Unternehmen zu finden, ist trotz Pandemie nicht schwierig. Zwar wollen sich bundesweit immer weniger Menschen als Unternehmer selbstständig machen und Geld in den Kauf einer Firma investieren. Dies gilt jedoch nicht bedingungslos für die regionale Wirtschaftsregion und somit den Bezirk der IHK Düsseldorf. Entgegen des bundesweiten Trends sind Beratungen zu Unternehmenskäufen stärker nachgefragt als die für Unternehmensverkäufe. „Wir verzeichnen seit Jahren ein starkes Interesse an rentablen und zukunftsorientierten, mittelständischen Unternehmen“, so Meinke. Auch die Zahl der strategischen oder Finanzinvestoren und Beteiligungsgesellschaften, die auf der Suche nach Übernahmezielen sind, steigt stetig – und ihre „Kriegskassen“ sind prall gefüllt. Schwieriger gestalte sich die Nachfolgersuche bei kleineren Unternehmen und Solo-Selbstständigen.

Kreativ bei der Gestaltung des Kaufpreises

Eines sollten Unternehmer, die ihre Firmen verkaufen wollen, wissen: Gerade in unsicheren Zeiten sichern immer mehr Käufer ihre Akquisition durch kreative Kaufpreisgestaltungen ab. Verkäuferdarlehen, bei denen der Alteigentümer die Kaufsumme über einen Kredit mitfinanziert, sind mittlerweile ebenso üblich wie so genannte Earn-Out-Vereinbarungen, bei denen Teile des vereinbarten Kaufpreises nur dann bezahlt werden, wenn sich das Unternehmen wirtschaftlich auch tatsächlich so entwickelt wie geplant. 

Die IHK Düsseldorf bietet Beratungen zum Thema Unternehmensnachfolge und Existenzgründung sowie Krisenberatung an.

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