Willkommenslotse: Chancen für Geflüchtete

Georg Judin hilft Menschen, die aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind, beim Einstieg in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt.

Willkommenslotse
IHK-Willkommenslotse Georg Judin mit Nataliia Tiselko, die dank seiner Hilfe jetzt für die Jüdische Gemeinde tätig ist.

Text: Beate Werthschulte, Foto: Melanie Zanin
Bereits seit dem Frühjahr 2016 unterstützen sogenannte Willkommenslotsen bei der IHK Düsseldorf Unternehmen bei der Besetzung offener Ausbildungs- und Arbeitsstellen mit Geflüchteten. Am 1. Januar dieses Jahres hat Georg Judin als dritter Willkommenslotse bei der IHK Düsseldorf begonnen – er kümmert sich um die Vermittlung Geflüchteter aus der Ukraine in Ausbildung und Beschäftigung.
Georg Judin, in der Ukraine geboren, kam als 15-Jähriger gemeinsam mit seinen Eltern nach Deutschland, besuchte die Schule und studierte in der neuen Heimat. Später ging er zurück in die Ukraine und hat in den vergangenen zehn Jahren dort gelebt und gearbeitet. Kurz vor dem Ausbruch des Ukrainekriegs – als deutscher Staatsbürger war ihm von der deutschen Botschaft geraten worden, das Land zu verlassen – kam er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern nach Düsseldorf. „Meine Mutter lebt hier, und so konnten wir bei ihr wohnen, bis wir eine eigene Wohnung gefunden hatten“, erzählt der 41-Jährige.

Sprache ist der Schlüssel

Dank seiner Sprachkenntnisse fand er schnell eine Anstellung am Info-Point hinter dem Hauptbahnhof, der zentralen Anlaufstelle für Geflüchtete aus der Ukraine. Dort blieb er sechs Monate und startete zu Beginn des neuen Jahres als Willkommenslotse bei der IHK Düsseldorf. Durch diese Initiative konnten in den vergangenen Jahren bereits viele Geflüchtete aus den unterschiedlichsten Ländern erfolgreich in Ausbildung und Beschäftigung vermittelt werden. Die Hauptaufgabe von Georg Judin ist es nun, Geflüchteten aus der Ukraine bei der Integration in den deutschen Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu helfen. Gleichzeitig ist er Ansprechpartner für mittelständische Unternehmen bei der Besetzung offener Ausbildungs- und Arbeitsstellen mit ukrainischen Geflüchteten zu unterstützen. Darüber hinaus gibt es auch die Möglichkeit, in Minijobs zu vermitteln. „Das ist oftmals ein guter Einstieg in den Arbeitsmarkt. Die Menschen sammeln erste Erfahrungen, können die neue Sprache anwenden und werden mit etwas Glück später als Teil- oder Vollzeitkraft übernommen“, so Judin.

„Minijobs sind oft ein guter Einstieg in den Arbeitsmarkt“

Georg Judin, Willkommenslotse bei der IHK Düsseldorf

Um Kontakt zu Geflüchteten aus der Ukraine aufzunehmen, ist der neue IHK-Willkommenslotse viel unterwegs. Er besucht Organisationen und Vereine, die Geflüchteten helfen, und auch häufig den Info-Point am Hauptbahnhof. Darüber hinaus nutzt er die sozialen Medien, um das neue Angebot der IHK Düsseldorf bekannt zu machen. „Die Menschen aus der Ukraine sind medial gut vernetzt. Deshalb haben viele Geflüchtete bereits von der Initiative erfahren und melden sich bei mir“, erzählt er. Überhaupt seien die meisten aus der Ukraine Geflüchteten – übrigens etwa 80 Prozent Frauen – sehr motiviert und wollten unbedingt arbeiten. Das sei ein großer Pluspunkt und werde von den Unternehmen positiv wahrgenommen, so der Willkommenslotse weiter. Und weil sein Hauptaugenmerk darauf liegt, möglichst viele Jugendliche in den Ausbildungsmarkt zu integrieren, rät er jungen Geflüchteten, auch über die Volljährigkeit hinaus noch mindestens ein weiteres Jahr ein Berufskolleg zu besuchen, um neben dem Erlernen der deutschen Sprache die mittlere Reife zu erlangen. „Damit steigen dann die Chancen auf einen Ausbildungsplatz deutlich“, so Judin.

Der Willkommenslotse als Vermittler

Sogar erste Erfolge kann er bereits vermelden. So konnte er einer ukrainischen Juristin, deren Diplom in Deutschland nicht anerkannt wird, einen Minijob in einer Delikatessenmanufaktur vermitteln – sie macht nun ihr Hobby zum Beruf. Und auch die 71-jährige Nataliia Tiselko konnte mit der Hilfe des Willkommenslotsen eine Aufgabe finden. Die Germanistikprofessorin ist vor acht Monaten aus der Ukraine nach Düsseldorf geflüchtet und hat sich sofort ehrenamtlich am Info-Point engagiert und für andere Geflüchtete übersetzt. „Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie schwierig es ist, in einem fremden Land Fuß zu fassen, ohne dessen Sprache zu beherrschen. Für mich ist es selbstverständlich, zu helfen“, sagt sie. Und weil der Bedarf am Info-Point aktuell nicht so groß ist, freut sie sich umso mehr über die Vermittlung des Willkommenslotsen an die Jüdische Gemeinde Düsseldorf. Dort ist sie seit dem 1. Februar gegen eine Aufwandsentschädigung tätig und übersetzt für ukrainische Geflüchtete oder begleitet sie zu Ärzten und Behörden, wann immer sie angefordert wird. „Viele Menschen aus der Ukraine sind ganz ohne Orientierung hierhergekommen. Wir versuchen ihnen durch die Vermittlung von Wohnraum und Arbeit sowie bei der Anerkennung von Abschlüssen zu helfen und machen zudem Verweisberatung, indem wir über alle wichtigen Angebote in der Stadt informieren“, erläutert Olga Rosow, stellvertretende Verwaltungsdirektorin und Leiterin der Sozialabteilung der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Sie freut sich über das Engagement von Nataliia Tiselko, denn die Kapazitäten innerhalb der Gemeinde reichen kaum aus. Und auch Georg Judin ist zufrieden.


Weitere Beiträge zur Arbeit der IHK-Willkommenslotsen im Online-Magazin der IHK Düsseldorf

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