Ausgezeichnet nachhaltig

Text: Dagmar Haas-Pilwat, Fotos: Bäckerei Schüren
Roland Schüren erinnert sich noch gut an den selbstgemachten Frischkornbrei, den seine Mutter ihm zum Frühstück servierte. Schon in den 1970er-Jahren setzte seine Mutter Christel, heute 85 Jahre alt, Maßstäbe in Sachen Vollwertkost. „Sie hat vieles rund um gesunde Ernährung angestoßen. Sie hat das Getreide tagesfrisch in Steinmühlen selbst gemahlen und ein Vollwertback-Programm für die von meinem Vater Reiner geführte Bäckerei entwickelt“, erzählt Roland Schüren.

Heute ist er 58 Jahre alt, Bäckermeister, Diplom-Betriebswirt und Unternehmer. Für seine nachhaltige Vorreiterrolle im Backhandwerk und das innovative Energiekonzept der Backstube wurde er mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurde. „Dieser Preis bestätigt unser Engagement, im energieintensiven Bäckerhandwerk ressourcenschonend und nachhaltig zu arbeiten“, betont Schüren, der die 1905 in Haan gegründeten Familienbäckerei in vierter Generation führt. Das Unternehmen hat heute 250 Mitarbeitende und 20 Filialen, unter anderem in Hilden, Haan, Düsseldorf und Solingen. Bereits 2013 zählte Roland Schüren zu den drei nachhaltigsten Bäckern Deutschlands.

Anlässlich der Preisverleihung wurde die Crouton-Krume extra mit dem Logo des Deutschen Nachhaltigkeitspreis bemehlt.

Wie hat sich der Betrieb im Laufe der Jahrzehnte verändert? Roland Schüren, gebürtiger Haaner, berichtet: „Seit meinem Einstieg 1991 haben wir das Vollwertprogramm ausgebaut. Zwei Bio-Landwirte aus der Region bauen seitdem exklusiv für uns Getreide an.“ Doch der umweltbewusste Bäcker denkt weiter. Seit 2010 verfolgt er das ehrgeizige Ziel, seinen Betrieb CO₂-neutral zu betreiben. Heute arbeitet das Unternehmen zu 98 Prozent CO₂-neutral. „Für einen Betrieb in der energieintensiven Handwerksbranche ist das eine große Leistung. Wir konnten den Energiebedarf sogar halbieren“, erklärt Schüren. „Das ist für einen Konsumgüter produzierenden Betrieb der energieintensivsten Handwerksbranche ein echtes Pfund“, betont er. Insgesamt konnte der Energiebedarf bisher halbiert werden. Eine Bäckerei sei deswegen besonders geeignet für Photovoltaik und E-Mobilität, weil immer mittags, die Bäcker Feierabend haben, nichts mehr ausgeliefert wird und die E-Fahrzeuge an den Ladestationen stecken. „Die Grundlast der Backstube geht ebenso runter, und den Rest des Tages, wo die Sonne noch scheint, geht dieser Strom nahezu komplett in die Batterien der Autos“.

Ganzheitliches Denken und wirtschaften

Roland Schüren gilt als Pionier, und das nicht nur in seiner Branche. Er liebt sein Handwerk und lebt Nachhaltigkeit. Das reicht von regionalen Zutaten bis E-Mobilität. Der von ihm und seiner Lebenspartnerin und Geschäftsführerin Heidi Schiller geleitete Betrieb ist nahezu klimaneutral, kühlt und heizt mit Erdwärme und gewinnt Strom aus Sonnenenergie.

Im Gewerbegebiet Kreuz Hilden betreibt er für die Pächter Tesla, Fastned Schnelladestation und NIO Power Swap Station den am stärksten frequentierten Elektroauto-Ladepark Europas. Nach derDevise „Ist die Bäckerei die bessere Tankstelle?“ bietet das Seed & Greet Backwaren für die Autofahrer und Strom für die Autos.

Außerdem wird bei Schüren nichts von den Lebensmittelretouren in den Restmüll entsorgt. In einem mehrstufigen Konzept wird erst die Ware vom Vortag günstiger in den Filialen verkauft, dann kommen verschiedene lokale Tafeln, die viele Retouren abholen, danach wird der Re-Work-Beauftragte aktiv, der bestimmte Rest-Sorten so sortiert, dass möglichst viel weiterverwendet kann. Das Wenige, das dann noch übrig bleibt, kommt entweder zu einer Biogasanlage oder wird zu Viehfutter weiterverarbeitet. „Wir haben kaum Restmüll, auch nicht in den Filialen“, sagt Roland Schüren, der sich selbst als Innovator und Effizienz-Junkie bezeichnet.

Die Bäckerei Schüren zeigt, wie Transformation gelingen kann. Solche Vorbilder sind der Schlüssel für die Zukunft. „Es gibt keine Blaupause, aber wir können uns gemeinsam für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die Standortsicherung der Industrie engagieren“, sagt Gregor Berghausen, Geschäftsführer der IHK Düsseldorf. Dabei versteht sich die IHK als Impulsgeber, damit Wirtschaft und Stadt gemeinsam das Ziel der Klimaneutralität bis 2035 erreichen. „Gezielt schaffen wir neue Netzwerke wie den Klimapakt, die Mobilitätspartnerschaft und sind Teil der neu gegründeten Initiative „Nachhaltigkeitscity Düsseldorf“, betont Gregor Berghausen.


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