Text: Beate Werthschulte, Foto: Wilfried Meyer
Majd Othman flüchtete aus Syrien über den Libanon und die Türkei nach Deutschland. Das war 2016. Mitbringen konnte er so gut wie nichts – nur seine Begabung konnte ihm keiner nehmen. Da er sich bereits als Jugendlicher für das Programmieren interessierte und in Damaskus einige Semester Informatik studiert hatte, nutzte er seinen Aufenthalt in einer Flüchtlingsunterkunft in der Türkei, um die Programmiersprache PHP zu lernen. Schnell entwickelte er dort seine erste Website und arbeitete selbstständig als Programmierer.
Seit 2016 unterstützt der IHK-Willkommenslotse Rachid El Mellah Geflüchtete dabei, einen Ausbildungsplatz zu finden. Wie in diesem Beitrag fragen wir in einer kleinen Serie nach, was aus denjenigen geworden ist, denen er vor einigen Jahren geholfen hat – etwa aus Josef Elshayeb, der 2015 aus Syrien fliehen musste, oder aus Mhamud Mohammed, der seine Heimat Eritrea im gleichen Jahr verlassen musste
Vor rund vier Jahren kam er nach Düsseldorf und fand nach kurzer Zeit Kontakt zum Willkommenslotsen der IHK Düsseldorf. In dieser Funktion berät Rachid El Mellah einerseits Unternehmen zum Thema Ausbildung und Beschäftigung von Geflüchteten, andererseits unterstützt er Geflüchtete bei allen Fragen rund um Praktika, Einstiegsqualifizierung und Ausbildung – der richtige Ansprechpartner für Othman.
Er vermittelte ihm schnell sowohl ein Praktikum als auch einen Ausbildungsplatz zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung bei einer Webagentur. „Leider musste die Agentur nach einem Jahr Insolvenz anmelden und ein weiteres Jahr später auch der Nachfolger, ein Agenturnetzwerk, bei dem ich meine Ausbildung fortsetzen konnte“, erinnert sich der heute 29-jährige Othman.
„Es hat sowohl fachlich als auch menschlich sofort gepasst“
Kai Unterberg, KM2
Dass er nur kurze Zeit später bei der Internetagentur KM2 sein drittes und letztes Ausbildungsjahr absolvieren konnte, verdankt er nicht nur der Tatsache, dass die IT-Branche bestens vernetzt ist, sondern insbesondere dem Engagement von Rachid El Mellah. „Es musste schnell ein neues Projekt für die zur Abschlussprüfung notwendige Projektarbeit gefunden werden“, erklärt Kai Unterberg. Das sei, so der Inhaber und Geschäftsführer von KM2, mit Unterstützung der IHK problemlos möglich gewesen. „Wir versuchen, immer eine gute Lösung zu finden“, ergänzt El Mellah.
Kai Unterberg und sein Team waren von Anfang an begeistert vom neuen Auszubildenden. „Es hat sowohl fachlich als auch menschlich sofort gepasst. Majd hat nicht nur eine hervorragende Auffassungsgabe – so arbeitete er sich beispielsweise schnell in das Content-Management-System TYPO3 ein, obwohl er es erst in Deutschland kennengelernt hatte – sondern hat immer Lust auf Neues, ist kreativ und pflichtbewusst“, sagt er zufrieden.
Es gibt immer etwas Neues zu lernen
Und auch Majd Othman ist sicher, in KM2 genau den richtigen Arbeitgeber gefunden zu haben. „Ich bekam sofort die Möglichkeit, an Projekten mitzuarbeiten und kann meinen Arbeitsalltag weitestgehend selbstständig organisieren – das gefällt mir sehr gut“, erklärt er. Bei KM2 legt man großen Wert auf Selbstverantwortung.
So suchen sich die Mitarbeiter ihre Aufgaben nach Priorität und Affinität aus einem Pool von Projekten in der Regel selbst aus und besprechen im Team die Vorgehensweise. „Das macht großen Spaß, man kann immer wieder etwas Neues lernen“, so Othman. Dass das Arbeitsklima sehr gut und von Wertschätzung und Anerkennung geprägt ist, versteht sich fast von selbst – beim regelmäßigen entspannten Wochenausklang am Freitagabend entstehen schnell auch private Kontakte.
Den Abschluss in der Tasche
Geflüchtete, die wie Majd Othman die entsprechende berufliche Affinität mitbringen, finden übrigens in der IT-Branche – auch in Corona-Zeiten – recht schnell einen Ausbildungsplatz. „Die Branche boomt nach wie vor, zudem ist gerade am Anfang die deutsche Sprache nicht ganz so wichtig wie in vielen anderen Berufen, denn häufig wird eher englisch gesprochen“, sagt El Mellah. Auch bei KM2 ist die Firmensprache meistens ein Mix aus Englisch und Deutsch. „Früher haben wir nur englisch gesprochen, aber im Sinne der Integration unserer internationalen Mitarbeiter bemühen wir uns heute, möglichst deutsch zu sprechen“, sagt Unterberg. Majd Othman spricht übrigens längst besser Deutsch als Englisch und hat seine Prüfung im Sommer dieses Jahres mit einem guten Ergebnis abgelegt – in deutscher Sprache. Nun ist er wirklich in Düsseldorf angekommen – und zwar sehr erfolgreich, denn KM2 hat ihn als TYPO 3 Softwareentwickler übernommen.
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