IHK-Jahresempfang 2025: Europa im Fokus

Wirtschaft kompaktIHK-Jahresempfang 2025: Europa im Fokus

Text: Alexandra von Hirschfeld, Fotos: Andreas Endermann, Wilfried Meyer, Meike Schrömbgens, Melanie Zanin
Der Jahresempfang der IHK – mehr als ein Auftakt ins neue Geschäftsjahr: ein gesellschaftliches Ereignis, ein internationaler Treffpunkt, eine Veranstaltung, die Impulse setzt.

Gedämpftes Stimmengemurmel erfüllt den Saal des Maritim Hotels am Düsseldorfer Flughafen. Ein Händedruck hier, ein Kopfnicken dort. Rund 1.300 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung sind zusammengekommen. Darunter viele bekannte Gesichter. Ein Abend, der Begegnungen schafft und den Blick auf Europa richtet, insbesondere durch den Keynote-Speaker Xavier Bettel, Außenminister und Vize-Premierminister des Großherzogtums Luxemburg.

Die Swinging Funfares sorgen für ausgelassene karnevalistische Stimmung, doch als IHK-Präsident Andreas Schmitz ans Rednerpult tritt, wird es schlagartig still. „Alle große politische Aktion besteht im Aussprechen dessen, was ist.“ Mit diesem Zitat von Ferdinand Lasalle eröffnet Schmitz seine Rede – eine ungeschönte Bestandsaufnahme des Status quo.

Schmitz findet klare Worte: Gescheitert sei die Energiepolitik, die Deutschland in eine Abhängigkeit von russischem Gas geführt habe sowie der Versuch, eine schlagkräftige Verteidigungspolitik zu etablieren. Auch die Wirtschaftsbilanz fällt negativ aus: „Der deutsche Weg in eine klimaneutrale Transformation führt praktisch in die Deindustrialisierung.“ Anstatt realistische Lösungen zu entwickeln, setze die Politik auf „immer unrealistischere Ziele“ und ignoriere dabei wirtschaftliche Realitäten.

Eine wachsende Entfremdung sieht Schmitz zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Politik. Demokratie bedeute nicht nur, sich gegen den Populismus zu positionieren, sondern „Lösungskonzepte mit Leben zu füllen.“ Die Bundesregierung sei gescheitert – spätestens seit Kanzler Scholz die „Zeitenwende“ ausrief, ohne eine echte Strategie zu liefern. „Die Ampelkoalition war vielmehr ein Wühltisch, dessen vermeintliche Sonderangebote die Bürgerinnen und Bürger teuer zu stehen kommen“, so Schmitz.

Er fordert die Politik zu entschlossener Realpolitik auf: „Worum es geht, sind langfristige Weichenstellungen zum Wohle des Landes.“ Deutschland brauche eine Wachstumsagenda, die neue Handelsabkommen forciert, für eine bessere Verteidigungsfähigkeit sorgt und gezielt Bürokratie abbaut. Abschließend richtet er sich direkt an Xavier Bettel: „Wer, wenn nicht Sie, könnte uns eine fundierte Einschätzung zur europäischen Außen- und Sicherheitspolitik geben?“ Schließlich vertrete er ein Land, das gleich von drei Staaten mit instabilen Regierungen umgeben sei  – Frankreich, das gerade seine fünfte Regierung innerhalb weniger Jahre ins Amt gehoben habe, Deutschland, das sich im vorzeitigen Bundestagswahlkampf befinde, und Belgien, das seit Jahren praktisch von keiner geschäftsführenden Regierung verwaltet werde.

Xavier Bettel: Plädoyer für Europa – mit Humor und Klartext

Xavier Bettel ist bekannt für seine humorvollen Pointen. Als er die Bühne betritt, verwirft er kurzerhand seine vorbereitete Rede und kontert schlagkräftig. „Seinen Nachbarn sollte man keine Lektionen geben, aber ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie auch Holland und Österreich als Nachbarn haben.“ Schallendes Gelächter. Er fährt fort. „Ja, wir können von Stabilität reden, aber mal ehrlich – heutzutage ist sie eher eine Rarität.“ Auch mit seinem nächsten Bonmot, zum Unterschied zwischen Demokraten und Populisten, erntet er viel Applaus. „Demokraten geben auf eine einfache Frage eine lange, komplizierte Antwort. Populisten haben bei der kompliziertesten Frage die einfachste Antwort.“

Bettel erinnert eindringlich daran, wie selbstverständlich Europa mittlerweile geworden ist und erzählt von seinen Studienzeiten, als er mit dem Auto quer durch Europa fuhr: „Ich musste damals Geld bezahlen, nur um nach Bulgarien einzureisen! Für mich als Luxemburger war das ein Schock.“ Auch die Bewältigung der großen Krisen, wie der Griechenland-Krise oder der Covid-Krise, wäre ohne Europa unmöglich gewesen. „Es hätte Mord und Totschlag gegeben, wenn die Impfungen nicht über die EU-Kommission verteilt worden wären“, so Bettel. Kritisch geht er auf die mangelhafte Verteidigungskoordination in der EU ein: „In Europa haben wir 27 Panzer, 27 Hubschrauber, 27 Flugzeuge – aber keiner kann mit dem anderen richtig fliegen!“ Leidenschaftlich plädiert er für mehr europäische Zusammenarbeit. „Wir können ja zusammenarbeiten – Airbus ist der Beweis! Warum machen wir das nicht öfter?“ Er plädiert für ein Modell, bei dem Klimaschutz sozialverträglich gestaltet wird, sodass sich jeder beteiligen kann, anstatt Vorschriften übergestülpt zu bekommen. Abschließend betont er die Stärke der EU: „Wir sind nicht nur eine Ansammlung von 27 Staaten – wir sind mehr!“

Stimmungsvoller Ausklang

Nach dem offiziellen Teil des Abends wurde beim anschließenden Get-together die Gelegenheit genutzt, sich in entspannter Atmosphäre auszutauschen. Die stimmungsvolle Klaviermusik untermalte die lebhaften Gespräche und schuf eine angenehme Atmosphäre. Die gute Stimmung im Foyer spiegelte die Bedeutung des Abends wider: ein inspirierender Auftakt ins neue Jahr und ein starkes Zeichen für den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit – regional, national und europäisch.

Eine Bildergalerie mit Impressionen vom IHK-Jahresempfang 2025 finden Sie auf der IHK-Internetseite.


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