Text: Dagmar Haas-Pilwat, Fotos: Familie Wirschke, Melanie Zanin
Tradition trifft Innovation: Ein Familienunternehmen auf Erfolgskurs! Düsseldorfs ältestes Modehaus C. Wirschke gewinnt den Mode-Business-Award 2025. Der Laden war schon immer sein zweites Zuhause: Zwischen Kleiderstangen, Umkleidekabinen und der Registrierkasse, Modell „Regna“, mit der bereits sein Großvater die Einkäufe verbuchte, hat Clemens Wirschke mitgeholfen, Einkaufstüten neu sortiert und so sein Taschengeld aufgebessert. Inzwischen führt der 42-Jährige in dritter Generation das gleichnamige, von Opa Klemens gegründete Geschäft „C. Wirsche“.
Welten liegen zwischen heute und den Anfängen, als der Gründer 1946 die Basis für das Familienunternehmen schuf. Als Textilhandel für Meterware mit Maßatelier in Berlin-Charlottenburg eröffnet, behauptet sich das seit 1949 in Düsseldorf ansässige Modehaus für gehobene Damen- und Herrenmode nicht nur als ältestes seiner Art, vielmehr auch als eines der wenigen verbliebenen inhabergeführten Einzelhandels-Geschäfte rund um die Königsallee.

Dem Geschäftsführer und seinem 16 Mitarbeiter starken Team ist offenbar der strategische Spagat gelungen, Tradition mit Innovation zu verbinden, Stammkunden und zugleich neue, junge Käufer für Mode zu begeistern – und das in diesen Zeiten, in denen die Branche Umsatzrückgänge beklagt und Insolvenzen an der Tagesordnung sind.
So viel Erfolg und Engagement für den Mode- und Wirtschaftsstandort Düsseldorf sei eine Auszeichnung wert, betonte Christian Zaum, Beigeordneter in der Landeshauptstadt. Vor 100 geladenen Gästen in Otto‘s Skybar (Lindner Hotel am Seestern) überreichte er den 2015 von der Wirtschaftsförderung und dem Verein Fashion Net ins Leben gerufenen Modebusiness-Award 2025 an Clemens Wirschke.
Im IHK-Gespräch erklärte der Unternehmer, wie er es geschafft hat, mit einem ausgesuchten Sortiment und der richtigen Kundenansprache die Firma modern auszurichten: „Wir haben stets eine Nische bedient, definieren uns seit jeher nicht über die Marken, die wir verkaufen, sondern über Service und die persönliche Bindung zu unseren Kunden. Die 1:1-Beratung ist der Kern unseres Business.“
„Denn Mode ist pure Emotion“
Wichtige Zutaten seien der Dreiklang aus stationärem Handel, Online-Shop und Social Media. Letzteres vor allem seitdem seine Frau Patricia mit an Bord ist. Die 34-Jährige, Kunsthistorikerin und Mode-Liebhaberin zählt mit 574.000 Followern zu Deutschlands erfolgreichsten Influencerinnen. Beinahe täglich ist die gebürtige Sylterin auf dem Online-Portal allein oder mit ihrem Mann Clemens zu sehen, wie sie beide topmodisch gekleidet zum Beispiel über die Steinstraße gehen.
Denn dort, auf der Steinstraße, einen Steinwurf von der Kö entfernt, hat das Modehaus seit 1976 seinen Sitz. Zuvor wurde es bundesweit bekannt als die erste Boutique, die bereits Ende der 1940er Jahre italienische Luxusmode importierte und exklusiv Pucci und Chanel führte. Der elegante Salon – damals noch auf der Kö ansässig – wurde zum Anziehungspunkt über Düsseldorfs Grenzen hinaus. Als Clemens Wirschke, Sohn des früh verstorbenen Firmengründers, 1971 im Kö-Center die Boutique „Emilio Pucci“ eröffnete, in der die gesamte Kollektion des italienischen Modemachers präsentiert wurde, war Pucci persönlich anwesend. Dem ZDF war das Ereignis in der Modestadt Düsseldorf sogar eine Live-Übertragung wert.



C. Wirschke gilt als Pionier der Branche: 1979 eröffnete der damalige Chef in seinem Haus die erste Chanel-Boutique in Deutschland, um das komplette Prêt-à-porter-Programm der französischen Luxusmarke zu präsentieren. Im selben Jahr stieg Gabriella Wirschke ins Geschäft ein und führte es gemeinsam mit ihrem Ehemann. Noch heute ist die 70 Jahre alte gebürtige Römerin, Mutter der beiden Söhne – Clemens und Constantin – sowie Großmutter von drei Enkeln, aktiv dabei und kümmert sich mit Schwiegertochter Patricia um den Einkauf der Ware.
Seit 16 Jahren steht nun der Junior – am liebsten in maßgeschneiderten Anzügen aus dem eigenen Atelier – an der Spitze des Einzelhandelsunternehmens. „Stoffe und Schnitte haben mich schon immer fasziniert“, erzählt er. So sei es für ihn – gegen den Rat der Eltern – keine Frage gewesen, nach dem Studium in den USA die Leitung in der dritten Generation zu übernehmen.
Eine der größten Herausforderungen als Modehändler sei es heute, ungeachtet voller Kleiderschränke, den Kunden exklusive Einkaufserlebnisse zu bieten und das Haben-Wollen-Gefühl zu wecken. „Denn Mode ist pure Emotion“ erklären Clemens und Patricia Wirschke und ergänzen: „Ein Mittel sind unsere Kollaborationen mit unterschiedlichen Herstellern.“
Per Newsletter, auf Social Media und bei Events auf der Steinstraße werden die nach eigenen Angaben 650 000 Abonnenten beispielsweise informiert über die limitierte Kollektion eines jungen Stricklabels oder das eigens für die Düsseldorfer entworfene Modell einer Unisex-Hose. „Damit erreichen wir nicht nur zahlreiche junge Leute, sondern verkaufen auch ungeahnte Stückzahlen“, heißt es.
Das seit fünf Jahren verheiratete Paar und Eltern von zwei kleinen Söhnen eint ein gemeinsames Ziel: „die Werte von Handwerkskunst und Stil bewahren und gleichzeitig neue Wege gehen. Wir wollen das Familienunternehmen in die Zukunft führen und die Grundlage für die vierte Generation legen.“

