Julien Mounier zur Energiewende

Aus der IHKJulien Mounier zur Energiewende

Text: Werner Grosch, Fotos: Christian Bacher
IHK-Magazin: Herr Mounier, wie schätzen Sie die aktuelle Lage auf den Energiemärkten ein? Ist die Energiekrise vorbei oder ist es nur eine Atempause?
Julien Mounier: Es wäre schon gewagt, zu sagen, die Energiekrise ist vorbei. Wir sehen weiterhin eine große Volatilität und Dynamik an den Energiemärkten. Wir sind gut durch den vergangenen Winter gekommen, keine Frage. Die befürchtete Gasmangellage ist ausgeblieben. Einerseits hatten wir Glück, weil der Winter insgesamt von den Temperaturen her sehr mild geblieben ist. Andererseits hat es bei Unternehmen wie Privatleuten sehr erfolgreiche Anstrengungen gegeben, Gas einzusparen. Im Jahr 2022 wurden 20,58 Prozent weniger verbraucht! Wie ich finde, eine beeindruckende Zahl. Vor allem die Industrie hat hierzu einen großen Beitrag geleistet. Bis September müssen die Gasspeicher in Deutschland zu 75 Prozent gefüllt sein, damit wir ohne Probleme durch den nächsten Winter kommen. Diesmal wird uns das Thema nicht so unvorbereitet treffen wie im vergangenen Jahr. Ich bin guter Dinge, dass wir mit vereinten Kräften auch den kommenden Winter meistern können.

IHK-Magazin: Welche ambitionierten Ziele verfolgen die Stadtwerke Düsseldorf als Energieversorger?

Julien Mounier: Wir arbeiten für eine nachhaltige Zukunft in unserer Stadt und der Region. Wir schaffen Infrastrukturen, die eine dauerhaft hohe Lebensqualität möglich machen – durch klimaneutrale Energieversorgung, intelligente Entsorgung und Wiederverwendung. Zu den wichtigsten Investitionen in den nächsten Jahren gehören der Ausbau und die Ertüchtigung der Netz-Infrastruktur. Ein entscheidender Faktor, um die Versorgungssicherheit der Menschen und Unternehmen in unserer Stadt auch in Zukunft zu gewährleisten. Zudem unterstützen wir die Landeshauptstadt als offizieller Klimapartner bei der Erreichung ihres hoch gesteckten Ziels: einem klimaneutralen Düsseldorf bis 2035. Bis zu diesem Zeitpunkt soll auch unser gesamter Erzeugungspark klimaneutral arbeiten. Um dies zu erreichen, wollen wir bis 2030 zwei Milliarden Euro investieren.

Kraftwerk Lausward
Blick von der Besucherplattform des Kraftwerks Lausward. Das Gaskraftwerk der Stadtwerke Düsseldorf gehört zu den effizientesten der Welt.

IHK-Magazin: Was muss in den kommenden Jahren vor allem angepackt werden, gerade auch mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035?

Julien Mounier: Bei diesem Ziel spielen Strom und Wasserstoff entscheidende Rollen. Und wenn wir klimaneutral werden wollen, dann muss beides so weit wie nur möglich mithilfe erneuerbarer Energien erzeugt werden. Das heißt, wir brauchen einen massiven Ausbau von Windkraft und Sonnenenergie, müssen aber auch klimafreundliche Quellen wie Erdwärme oder Abwärme aus der Industrie stärker nutzen. Außerdem muss die Kreislaufwirtschaft weiter ausgebaut werden, denn dadurch können wir sehr große Mengen an Rohstoffen und damit auch Energie für deren Gewinnung und Verarbeitung einsparen.
Wenn wir auf die Metropolregion Düsseldorf schauen, dann bedeutet Klimawende – wie eigentlich in allen urbanen Lebensräumen – immer auch Wärmewende. Gerade für Düsseldorf brauchen wir neben strombasierten Heizsystemen wie Wärmepumpen vor allem die Fernwärme. Die wollen wir über die Integration industrieller Abwärme und Tiefengeothermie ebenfalls vergrünen. Im Rheinland ist die Abwärme ein wichtiger Potenzialträger. Ich freue mich hier auf spannende Kooperationsprojekte mit Partnern aus der Industrie!

IHK-Magazin: Welche konkreten Projekte setzen Sie dazu um oder planen Sie?

Julien Mounier: Henkel wird als erstes Düsseldorfer Unternehmen industrielle Wärme in unser Fernwärmenetz einspeisen. Der Ausbau des Leitungsnetzes läuft bereits auf Hochtouren, im kommenden Jahr wird bereits eingespeist. Hierdurch kann der jährliche CO2-Ausstoß um durchschnittlich circa 6.500 Tonnen CO2 reduziert werden. Diese Zusammenarbeit ist eine Blaupause für eine weitreichende Zusammenarbeit mit der Industrie auf unterschiedlichen Ebenen. Als Mitglied des Düsseldorfer Klimapakts mit der Wirtschaft planen wir einen regen Austausch und weitere gemeinsame Projekte mit Düsseldorfer Unternehmen, der Landeshauptstadt sowie der IHK. Diese machen deutlich: Investitionen in den Klimaschutz sind auch eine Investition in den Wirtschaftsstandort Düsseldorf.

IHK-Magazin: Gehören dazu auch Investitionen in Wasserstoff?

Julien Mounier: Absolut. Deswegen werden wir diesen künftig selbst produzieren. Mit Grünstrom aus unserer Müllverbrennung werden wir eine Elektrolyseanlage für grünen Wasserstoff betreiben. An unserer Wasserstoff-Tankstelle können dann sowohl Busse unseres Kooperationspartners Rheinbahn tanken als auch Pkw von Privatpersonen oder anderen Unternehmen. So schützen wir das Klima und reduzieren Feinstaub sowie Lärm. Kurz: Wir machen Düsseldorf so noch ein bisschen lebenswerter.

Joulien Mounier

IHK-Magazin: Wie unterstützen die Stadtwerke Düsseldorf Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbraucher konkret bei der Energiewende –insbesondere in Zeiten der Krise?

Julien Mounier: Die Stadtwerke Düsseldorf setzen auf erneuerbare Energien sowie hocheffiziente Technologien, um unseren Kundinnen und Kunden klimafreundliche Angebote zur Verfügung stellen zu können. Zum Beispiel sind alle Produkte der Ladeinfrastruktur für E-Mobilität an Ökostrom gekoppelt – und werden mit Tempo weiter ausgebaut. Aktuell gibt es in Düsseldorf rund 1.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte, davon 700 von den Stadtwerken Düsseldorf. So machen wir Elektromobilität alltagstauglich, ob mit dem eigenen PKW oder mit unserem E-Carsharing und E-Rollern. Nicht nur beim Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur, sondern auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für Unternehmen und Organisationen. Auch Informationen und Austausch sind sehr wichtig: Unsere Energieberatung haben wir bereits personell aufgestockt, weil in den vergangenen Monaten der Beratungsbedarf der Menschen in der Stadt immer größer geworden ist. Sehr gefragt sind beispielsweise Webinare zu den Themen Wärmepumpe oder Photovoltaik. Zudem war es mir seit Beginn der Energiekrise wichtig, die Unternehmerschaft von Anfang an umfassend zu informieren. Wir haben direkt nach Kriegsausbruch einen Krisenstab eingerichtet, der die Entwicklungen auf dem Gasund Strommarkt in alle Richtungen durchleuchtet und Strategien entwickelt hat, wie wir mit allen Eventualitäten umgehen und die Versorgung sicherstellen können – auch im Fall einer Gasmangellage. Darüber habe auch ich persönlich sehr regelmäßig in der IHK und bei anderen Veranstaltungen berichtet. Wir sind aktiv auf alle Unternehmen zugegangen und haben die Datenabfrage der Bundesnetzagentur verprobt. Durch eine Krise kommt man am besten, wenn man zusammensteht, offen miteinander umgeht und eine vertrauensvolle Basis schafft. Das werden wir in den vor uns liegenden Monaten weiterhin machen. Wenn Sie mir die Zuspitzung gestatten: Im Grunde genommen ist diese Energiekrise ein Katalysator für die Energiewende.

IHK-Magazin: Was raten Sie den Betrieben mit Blick auf hohe Energiepreise und die Energiewende?

Julien Mounier: Die Energiewende werden wir nur gemeinsam schaffen. Und gemeinsam können wir Düsseldorf zur Klimahauptstadt machen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, das gebe ich zu. Aber gerade die Düsseldorfer Unternehmerschaft hat in den vergangenen Monaten bewiesen, wie viel geht, indem rund 20 Prozent Erdgas eingespart wurden. Der bessere Umgang mit vorhandenen Ressourcen, neue Techniken und Ideen, Mut und Wille zur Veränderung, strategischer Weitblick und dabei mit dem Herzen in der Stadt – wir haben alles, was man für eine erfolgreiche Energiewende braucht. Es wird sicherlich kein billiges Erdgas mehr aus Russland geben. Aber je mehr und erfolgreicher wir auf erneuerbare Energien setzen, desto unabhängiger werden wir und desto stabiler werden mittelfristig auch wieder die Preise sein.


Weitere Beiträge zum Thema Energie- und Klimawende im Online-Magazin der IHK Düsseldorf

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