Nicht gesucht und trotzdem gefunden

Unternehmensnachfolge mal anders: Sie haben sich nicht gesucht und trotzdem gefunden.

Sie haben sich nicht gesucht und trotzdem gefunden. Ralf Brüll hatte Marco Schmidt eigentlich nur engagiert, um seine Homepage neu zu gestalten. Doch schnell wird klar: Die beiden passen besser zusammen als vermutet.
Gegenwart und Zukunft der abion GmbH: Ralf Brüll (links) und Marco Schmidt (rechts)

Text, Bild und Audio: Piet Keusen
Ralf Brüll hatte Marco Schmidt eigentlich nur engagiert, um seine Homepage neu zu gestalten. Doch schnell wird klar: Die beiden passen besser zusammen als vermutet. Jetzt sind sie Gegenwart und Zukunft der abion GmbH aus Düsseldorf. Und es steht fest: Wenn Gründer Ralf Brüll – heute 59 – sich irgendwann einmal zur Ruhe setzt, dann wird der 30 Jahre jüngere Marco Schmidt das Unternehmen übernehmen. Die Weichen für die Zukunft sind gestallt, lange bevor es nötig wurde. Ein positives Beispiel aus dem IHK-Bezirk Düsseldorf.
Aber der Reihe nach: 2005 macht sich Ralf Brüll selbstständig und gründet die abion GmbH, eine Personalagentur, die Unternehmen dabei hilft, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. abion, das bedeutet ‚All Business in our network‘. Und ein Netzwerk, das konnte sich Brüll in den Jahren zuvor durchaus aufbauen, in denen er bei einem großen Personaldienstleister gearbeitet hat. Als der umstrukturiert wird, nutzt Brüll die Chance und gründet seine eigene Firma für Recruiting und Unternehmensberatung. Damals ist vieles noch analog. „Schwerpunkt waren tatsächlich Printanzeigen in großen Tageszeitungen“, erinnert sich Ralf Brüll, „heute ist das kaum noch vorzustellen.“ Denn inzwischen passiert all das digital.

Recruiting im Wandel

Neue Mitarbeitende werden online gesucht, durch Anzeigen und Beiträge bei Social Media oder LinkedIn. Weil Fachkräfte rar sind, müssen sich Unternehmen einiges einfallen lassen, damit Bewerberinnen und Bewerber auf sie aufmerksam werden. Dabei hilft Ralf Brüll, er entwickelt Strategien oder wenn nötig Unternehmens-DNA, wie er es nennt: „Heute können Sie sich ihren Arbeitgeber aussuchen, weil es viel mehr offene Stellen als mögliche Mitarbeitende gibt. Deshalb entscheidet man sich nicht mehr zwingend für ein Stellenangebot, sondern viel mehr für ein Unternehmen. Für dessen Werte und Ziele.“

„mich hat bewogen, dass ich nicht erst ab einem gewissen alter auf die suche gehen musste.“

Ralf Brüll, abion GmbH

abion hat früh erkannt, dass die Zukunft im Digitalen liegt. Stellenanzeigen werden online ausgespielt, ergänzend organisiert Ralf Brüll 2014 erste digitale Online-Karrieremessen. Print wurde immer weniger. Und so lernte er 2018 Marco Schmidt kennen. Der soll seiner Internetpräsenz einen frischen Anstrich verleihen. Doch schnell merken beide, dass sie besser zusammenpassen, als es auf den ersten Blick aussieht. Denn in ihrer Arbeit gleichen sich der Spezialist für Personalwesen und der Art Director. Beide entwickeln in ihren Projekten nämlich immer auch eine Unternehmensstrategie.

Unternehmensnachfolge geregelt – Sparringspartner in der Praxis

Marco Schmidt – heute 29 – und Ralf Brüll – heute 59 – sind seitdem ein Team. Sparringspartner nennen sie das, sie haben die Aufgaben im Unternehmen je nach Anforderung verteilt, sagt Marco Schmidt: „Mir hören die Kunden eher bei den technischen Dingen zu, etwa beim Thema Digitalisierung, Herr Brüll kann aufgrund seiner Erfahrung auf Augenhöhe mit älteren Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern sprechen. Beim Mittelstand hat er aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit durchaus einen Vertrauensvorschuss.“

„Für die Nachfolge musste mich Herr brüll nicht überzeugen.“

Marco Schmidt, abion GmbH

Ralf Brüll und Marco Schmidt im Gespräch mit IHK Inside:

Aber den holt Marco Schmidt gerade nach. Seit einem Jahr ist er Geschäftsführer und gleichberechtigter Partner bei der abion GmbH. Leitet eigene Projekte und holt Leute ins Team, die die Zukunft mitgestalten sollen. „Das war der logische Schritt“, sagt er. „Vorher konnte nur Herr Brüll Entscheidungen treffen, inzwischen beraten wir uns, finden bessere Lösungen gemeinsam, es ist meistens eine Win-Win-Situation.“

Unternehmensnachfolge frühzeitig regeln

Die Zukunft der abion ist also geregelt, bevor über sie überhaupt in Frage gestellt werden konnte. Ein sehr positives Beispiel findet auch Dr. Nikolaus Paffenholz von der IHK Düsseldorf, der Unternehmen bei der Suche berät: „Wir empfehlen Unternehmen, sich früh um die Nachfolge zu kümmern, um nicht unter Druck zu geraten. Wenn etwas passieren sollte, hat man plötzlich keine Zeit mehr die richtige Nachfolgerin oder den richtigen Nachfolger auszuwählen.“ Eine Lösung wie bei abion sei ein glücklicher Zufall. „Dass der geeignete Nachfolger wie im Fall abion bereits im Unternehmen ist, das haben viele gar nicht auf dem Schirm. Dabei ist das ein Modell, die Weichen dafür zu stellen, dass das Lebenswerk erhalten bleibt.“

„Dass der geeignete Nachfolger wie im Fall abion bereits im Unternehmen ist, das haben viele gar nicht auf dem Schirm. „

Dr. Nikolaus Paffenholz, IHK

Ralf Brüll ist froh, dass er sich damit nicht mehr beschäftigen muss. „Ich habe bei meinem Schwiegervater gesehen, wie schwierig das sein kann. Er war Audiotechniker und hat die Nachfolgersuche herausgezögert, weil er seinen Job so gerne gemacht hat. Irgendwann war er 70. Und dann musste alles ganz schnell gehen.“ Das wird bei der abion anders sein. Selbst wenn Ralf Brüll wie sein Schwiegervater bis 70 arbeiten möchte. Denn eins haben die beiden gemeinsam: Die Liebe zum Job.


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