Verborgene Talente aus aller Welt

Im IHK-Bezirk Düsseldorf leben und arbeiten viele gut ausgebildete Menschen aus Ländern rund um den Globus. Ihre Partnerinnen und Partner finden aber schwerer in den Arbeitsmarkt.

Die Gründer von Expats & Spouses Monitor, Amaia Izar de la Fuente und Dr. Carlos Morales.

Text: Jürgen Grosche, Foto: Sven Adrian

Den Raum Düsseldorf nutzen viele international operierende Unternehmen als Standort für ihre Deutschland- und Europa-Aktivitäten. Mit den Firmen kommen zahlreiche Mitarbeitende. Diese Expats (Expatriates, Fach- oder Führungskräfte im Ausland) sind meist für eine begrenzte Zeit in der Niederlassung tätig. Während sie mit klarem Auftrag kommen, müssen ihre Partnerinnen und Partner oft selbst eine Stelle finden, wenn sie arbeiten wollen. Die meisten von ihnen sind selbst gut ausgebildet. Eigentlich also ein sehr interessantes Fachkräfte-Potenzial für den ausgetrockneten Stellenmarkt.
Spannend sind daher die Ergebnisse des Forschungsprojektes Expats & Spouses Monitor zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Expatriates und ihren Partnern in Deutschland. Für das Projekt haben die Gründer von Expats & Spouses Monitor, Amaia Izar de la Fuente und Dr. Carlos Morales, Professor an der Sussex University Business School, 864 Expats aus 88 Ländern befragt, die gerade in Deutschland leben, 182 davon in Düsseldorf und im Kreis Mettmann.

„Expat-Partnerinnen und Partner sind hoch qualifiziert“

Dr. Carlos Morales, Professor an der Sussex University Business School

Zentrale Erkenntnisse: Expatriates sind dann zufrieden, wenn sich beide Partner eines Paares beruflich integrieren können – das ist allerdings nicht leicht. „Expat-Partnerinnen und Partner sind hoch qualifiziert. Allerdings stehen sie in Deutschland vor großen Herausforderungen, ihre beruflichen Talente einzusetzen“, sagt Dr. Morales. Und so lautet ein Fazit der Studie: „Expats sind eine unerschlossene Quelle für Talente in Düsseldorf.“ Während 82 Prozent der befragten Expatriates derzeit arbeiten – im Raum Düsseldorf sogar 94 Prozent – haben nur 45 Prozent der Partnerinnen und Partner (Düsseldorf: 43 Prozent) einen Job.
„Für die Partnerinnen und Partner besteht die größte Herausforderung darin, eine ihrer Qualifikation entsprechende Stelle zu finden“, stellt Morales fest. Das gestalte sich allerdings über die Jahre schwierig. Als große Belastung sehen beide – Expats und Partner – bürokratische Hindernisse. Immerhin sind sie insbesondere in Düsseldorf mit ihrem Umfeld zufrieden. Auf einer Zehn-Punkte-Skala geben Expats der Stadt am Rhein als Wohnort 8,3 Punkte (Partner sogar 8,5) und als Arbeitsziel 8,3 Punkte (Partner: 7,8). „Im Vergleich mit anderen deutschen Städten ist Düsseldorf für Expats und Partner die am besten empfohlene Stadt als Wohndestination“, sagt Morales.

Düsseldorf begeistert

„Düsseldorf und die Region gehören zu den bundesweit attraktivsten Standorten, für Unternehmen wie auch deren internationale Belegschaften“, bestätigt Ralf Schlindwein, IHK-Geschäftsführer International. „Die kurzen Wege und die vielfältigen Angebote in den Bereichen Kultur, Freizeit, Gastronomie sowie Einzelhandel sind echte Assets der Region. Hinzu kommt eine Bildungslandschaft, die viele Möglichkeiten für Expats und deren Familien bietet.“
Die Familie Sarrailh hat den Schritt aus Frankreich nach Düsseldorf gewagt. „Ich bin so oft in verschiedene Länder umgezogen, dass Deutschland wie eine Rückkehr nach Hause war“, sagt Isabelle Sarrailh. Ihr Mann arbeitet bei einem deutschen, international tätigen Unternehmen. Von Düsseldorf ist sie begeistert: „Es ist ganz einfach, englischsprachige Leute zu finden, die helfen, sich in der Stadt zurechtzufinden, einen neuen Mobilfunktarif zu abonnieren oder einzukaufen!“

„Die Registrierung in Deutschland ist der schwierigste Teil“

Isabelle Sarrailh

Isabelle Sarrailh bestätigt allerdings die in der Studie genannten bürokratischen Hemmnisse: „Wenn es um die Registrierung in Deutschland geht, ist dies der schwierigste Teil und es sind so viele Formulare und Papiere zu erfüllen, dass man nie sicher ist, ob alles in Ordnung ist.“
In der Region Düsseldorf stehen Expats und Partnerinnen und Partner zudem nicht allein da. Die IHK Düsseldorf, die Stadt und der Kreis Mettmann haben 2017 ein „Expat Service Desk“ eingerichtet. Die Mitarbeitenden beraten Unternehmen, Expats und auch Partner bei vielen Fragen, darunter Anerkennung der Bildungsabschlüsse, Weiterbildung oder Studium, Einschulung der Kinder und ihre Betreuung und gegebenenfalls Arbeitsmöglichkeiten und Jobsuche in der Region.

Hilfe vom Expat Service Desk

Der Expat Service Desk in Düsseldorf ist etwas Besonderes: Als einziger in Deutschland wendet er sich allein an die Wirtschaft. Vergleichbare Institutionen in anderen Städten richten sich an alle Bürger. „Wir unterstützen die Expats aktiv“, sagt Svitlana Bayer, Leiterin des Desks. „Bei Bedarf sprechen wir mit den Partnern über ihre Qualifikationen, Erfahrungen, Arbeitswünsche und geben Tipps über die Bewerbungsprozesse in Deutschland, über die Wirtschaftsbranchen in der Region Düsseldorf – Kreis Mettmann, über die Arbeitsbereiche, in denen der Einstieg auch mit Englischkenntnissen oder anderen Sprachen möglich ist, und informieren über die professionellen berufsbezogenen Netzwerke und Karrieremessen.“
Bei kurzfristigen Expat-Einsätzen von ein bis drei Jahren hätten es Partnerinnen und Partner schwer, eine Stelle zu finden, bestätigt Svitlana Bayer. „Die Expat-Partnerinnen und Partner haben jedoch ein enormes Erwerbskräftepotenzial und sind überwiegend hoch motiviert, berufstätig zu werden. Dieses Potenzial wird bislang jedoch nur zum Teil ausgeschöpft.“ Die Desk-Leiterin rät gerade kleineren Unternehmen, denen Fachkräfte fehlen, mit den Sprachkenntnissen flexibler umzugehen. Englischsprachige Mitarbeitende mit guter Ausbildung einzustellen, die Deutsch erst noch lernen müssen, könne ein Weg sein, den Fachkräftebedarf in vielen Unternehmen ein Stück zu lindern und sich wertvolle Impulse aus anderen Kulturkreisen ins Haus zu holen.

„Hier ziehen alle an einem Strang“

Ralf Schlindwein, IHK Düsseldorf

Unterm Strich funktioniere das Zusammenspiel zwischen den Akteuren vor Ort, die den Rahmen für die hiesige Willkommenskultur setzen, sehr gut, sagt IHK-Geschäftsführer Schlindwein. „Hier ziehen alle an einem Strang, der Expat Service Desk ist dafür der Beweis, und die Offenheit sowie Gastfreundschaft der Rheinländer tut ihr Übriges.“ Weiteren Bedarf gebe es sicherlich im Bereich Kinderbetreuungs- und Schulangebote – „wobei das je nach Perspektive ein Klagen auf hohem Niveau ist, wenn man sich andere Standorte und Regionen bundesweit anschaut“.

Mehr zum Expat Service Desk im Online-Magazin der IHK Düsseldorf.

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