Verkehrsinfrastruktur ist eine Belastung

Der Zustand von Straßen, Brücken und Schienen bereitet den Unternehmen in der Region Sorgen.

Verkehrsinfrastruktur
Bei vielen Infrastrukturprojekten geht es nicht oder viel zu langsam voran.

Text: Werner Grosch, Foto: Anna Schwartz
Eigentlich haben die Fortin Mühlenwerke im Düsseldorfer Hafen die perfekte Lage, um Rohstoffe zu empfangen und ihre Getreideprodukte in rund 60 Länder der Welt zu versenden. Wären da nicht die Probleme mit der Verkehrsinfrastruktur. In diesem Fall betrifft das vor allem die Brücken. Geschäftsführer Robert Lamers schildert die Situation mit einem drastischen Beispiel: Landwirte, die ihr Getreide mit Traktoren über den Rhein anliefern wollen, können angesichts der Sperrungen nur noch die Oberkasseler Brücke nutzen. Von dort wäre der kürzeste Weg durch den Rheinufertunnel, doch den dürfen Traktoren nicht befahren. Das alles bedeutet große Umwege, Zeitverlust und Kosten für die Lieferanten. Aber auch der Warenausgang leidet unter den Beschränkungen, denn er läuft zu rund 85 Prozent über Lkw. „Es geht nicht anders als mit Lastwagen, deshalb sind die Brücken für uns existenziell wichtig“, sagt Lamers.

Der Rhein als Teil der Verkehrsinfrastruktur hat noch Potenzial

Wo es möglich ist, nutzen die Fortin Mühlenwerke andere Verkehrsträger. So kommt der größte Teil der angelieferten Waren über den Wasserweg. Aber auch hier stößt der Umschlag an Grenzen, weil Binnenhäfen überlastet sind und die seit vielen Jahren diskutierte Vertiefung des Rheins immer noch nicht in Sicht ist. „Die Vertiefung steht zwar als vordringlicher Bedarf im Bundesverkehrswegeplan, aber der Landesverkehrsminister sieht die Notwendigkeit nicht“, sagt Lamers, der zugleich verdeutlicht, welchen Gewinn die geplante Vertiefung bringen würde: „30 Zentimeter sind vorgesehen, schon ein Zentimeter ermöglicht 50 Tonnen mehr Ladung auf einem Binnenschiff!“ Trotzdem kommen die Pläne nicht voran und ein großes Potenzial des Rheins als Europas größter Wasserstraße bleibt ungenutzt.

Politik muss richtige Prioritäten setzen

Dass die Ertüchtigung der Verkehrsinfrastruktur kaum vorangeht, liegt unter anderem auch am Fachkräftemangel. Beispiel Düsseldorfer Südbrücke: Wegen fehlender personeller Kapazitäten hat die Stadt die Aufgabe an den Bund abgegeben. Dabei ist diese Rheinquerung nach der Theodor-Heuss-Brücke schon die zweite in Düsseldorf, die wegen Altersschwäche für den Schwerlastverkehr gesperrt werden muss. Der Bedarf ist also dringend. Die IHK Düsseldorf hat deshalb gemeinsam mit anderen Rheinland-Kammern von der Politik gefordert, hier klare Prioritäten zu setzen. „Ob der Bund diese regionalen Prioritäten so deutlich sieht, darf man allerdings bezweifeln“, meint Thomas Vieten, Verkehrsreferent der IHK Düsseldorf. Notwendig sind nach Einschätzung der IHK unter anderem schnellere, einfachere Planungsprozesse. Ende Oktober hat der Bundestag ein Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungen im Verkehrsbereich beschlossen. Es sieht unter anderem vor, dass für wichtige Straßen- wie auch Schienenprojekte ein „überragendes öffentliches Interesse“ geltend gemacht werden kann. Es bekommt damit ein besonderes Gewicht, wenn unterschiedliche Ansprüche abgewogen werden, beispielsweise auch solche des Umwelt- und Naturschutzes.

Fast 1.000 Brücken im Rheinland sind in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand.

Quelle: IHK-Initiative Rheinland (2023), Risikofaktor Brücken

Bei Ersatzneubauten von Brücken soll unter bestimmten Voraussetzungen auch auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden können. IHK-Experte Vieten sieht in dem Gesetz eine Chance, aber auch ein Risiko, weil weniger klare Regeln gelten und Verwaltungen klare Abwägungsentscheidungen treffen müssen.
Wie aber können die Kapazitäten für den wachsenden Verkehr in der Region denn schnellstmöglich gesteigert werden? Der Bund setzt vor allem auf die Schiene und will deren Anteil bis zum Jahr 2030 von heute knapp 20 auf 25 Prozent steigern. Doch auch hier sind die Probleme vielfältig, wie zwei Beispiele aus der Region zeigen. Eines ist die Betuwe-Linie zwischen Emmerich und Oberhausen, die auf niederländischer Seite längst ausgebaut ist, auf deutscher Seite aber immer noch im Stadium des Planfeststellungsverfahrens hängt.

Elektrifizierung kommt später

Ein anderes Beispiel aus dem Bereich des Personenverkehrs ist die Modernisierung auf den Strecken der Regiobahn. Hier sollen 45 Kilometer elektrifiziert werden. Das bedeutet nicht nur weniger Lärm und Abgase aus den bisher genutzten Dieselantrieben für die Anlieger, sondern auch einen echten Gewinn für die Nutzerinnen und Nutzer, sagt Stefan Stach, Geschäftsführer des Eisenbahninfrastrukturunternehmens Regiobahn GmbH: „Die neuen Züge sind wesentlich spurtstärker, so dass wir mögliche Verspätungen schneller aufholen und damit mehr Fahrplanstabilität erreichen können.“ Schon 2021 sollte die Modernisierung fertig sein, aber wegen vorrangig behandelter Projekte bei der Bezirksregierung, der Corona-Pandemie und Einsprüchen von Anliegern habe der Genehmigungsprozess extrem lange gedauert. „Wir haben erst seit Oktober 2022 die vollständige Baugenehmigung. Wir sind derzeit im EU-weiten Vergabeverfahren, nächstes Jahr beginnen dann die Bauarbeiten, die im Dezember 2026 abgeschlossen sein werden“, sagt Stach.


Weitere Beiträge zum Thema Verkehrsinfrastruktur im Online-Magazin der IHK Düsseldorf