Mehr Fahrrad wagen?

Aus der IHKMehr Fahrrad wagen?

Pro mehr Fahrrad wagen: Weniger Autoverkehr belebt Einzelhandel und Gastronomie

Der neue Radfahrstreifen auf der Luegallee ist ein wichtiger Baustein im Radnetz und damit der Verkehrswende in Düsseldorf. Die Ergebnisse der Befragungen innerhalb der Testphase sind durchweg sehr positiv, viele Bedenken konnten ausgeräumt werden, viele profitieren. So hat die Lärm- und Abgasbelästigung durch den jetzt einspurigen, geringeren und langsameren Autoverkehr deutlich abgenommen. Beides – Lärm und schlechte Luft – macht nachweisbar krank. Die Aufenthaltsqualität auf der Luegallee empfinden die Befragten als deutlich besser. Die ruhigere Atmosphäre lädt zum Bummeln und Verweilen auf dieser besonders schönen und beliebten Einkaufsstraße ein.
Besonders stressreduzierend wirkt sich dabei aus, dass sich Radfahrende und zu Fuß Gehende auf dem Bürgersteig jetzt nicht mehr in die Quere kommen, da beide nun genug Platz haben. Der Radfahrstreifen wird auch als Teilstück der geplanten „Ost-West-Radleitroute“ von Büderich bis Gerresheim sehr gut angenommen. Im Schnitt nutzen ihn täglich rund 1.900 Radfahrende – deutlich mehr als noch vor der Testphase.

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Lerke Tyra ist Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Düsseldorf. Foto: ADFC

Hinzu kommt: Radfahrende sind nicht weniger kaufkräftig als Autofahrer. Sie halten spontan an, wenn ihnen ein Geschäft gefällt oder sie in Ruhe einen Kaffee trinken wollen. Autofahrer können das seltener, und wenn sie einen Parkplatz gefunden haben, ist es in der Regel ja nur ein Kunde, den die Geschäfte damit gewinnen. Die Vorteile eines besseren Radwege- Netzes auf die Wirtschaft bestätigt auch die Wissenschaft. Eine neue Studie der RWTH Aachen belegt, dass Geschäftsstraßen dann besonders attraktiv auf die Kundschaft wirken, wenn sie nicht zugeparkt sind. Weniger Autoverkehr belebt Einzelhandel und Gastronomie, das zeigen diverse andere Untersuchungen auf internationaler Ebene, ob in London oder Barcelona. Die Wichtigkeit von Auto-Parkmöglichkeiten wird interessanterweise vom Einzelhandel weit überschätzt. Was man dagegen kaum überschätzen kann, ist der Effekt eines besseren Platzangebotes auf die Sicherheit. Laut Polizei gab es seit der Einführung der Radspur anstelle einer zweiten Autospur deutlich weniger Unfälle auf der Luegallee. Es spricht daher alles dafür, aus dieser Testphase eine Dauerlösung zu machen und mehr Fahrrad zu wagen.

Contra mehr Fahrrad wagen: Der Radweg bedroht Existenzen

Der Radweg an der Luegallee ist ein Fehler und bedroht uns Geschäftsinhabende in unserer Existenz. Seit die Luegallee nur einspurig befahrbar ist, ist der Autoverkehr um rund 70 Prozent zurückgegangen. Das ist für mich und andere Geschäftsleute ein großes Problem, da wir nicht in erster Linie von Stammkunden leben, die um die Ecke wohnen, sondern von Menschen aus dem Umland und anderen Stadtteilen, die mit dem Auto kommen. Erst kürzlich hat eine Kundin aus Benrath mehr als eine halbe Stunde lang einen Parkplatz gesucht und die Situation bei uns an der Straße als „katastrophal“ bezeichnet. Denn im Zuge der Umgestaltung durch den Radweg wurden neue Ladezonen eingerichtet, die von 8 bis 18 Uhr abends gelten. Die meisten Lieferfahrer machen aber nachmittags Feierabend, so dass die Ladezonen gar nicht benutzt werden, aber dennoch den Platz für Parkplätze blockieren. Auch die neu eingerichteten Ladestationen für Elektroautos erschweren die Situation, da für zwei Ladestationen vier reguläre Parkplätze wegfallen. Die Stadt hat also jede Menge Parkraum weggenommen, ohne den Autofahrern Alternativen anzubieten.

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Sonja Jovanoska ist Inhaberin des Kinderschuhgeschäftes Ullala Unpetitpas an der Luegallee. Foto: Andreas Endermann

Zudem wird der Radweg vor allem jetzt in der kalten Jahreszeit kaum benutzt. Die wenigen Menschen mit Rad fahren überwiegend auf dem Bürgersteig, etwa weil es ihnen zu lästig ist, die Straßenseite zu wechseln, um auf dem offiziellen Radweg in der richtigen Fahrtrichtung unterwegs zu sein. Als ich mal einen Radfahrer auf dem Bürgersteig darauf aufmerksam machte, dass es auch einen Radweg gibt, reagierte er ungehalten. Sollten die Kunden weiterhin wegen der schlechten Parkplatzsituation wegbleiben, droht den vielen inhabergeführten Geschäften das Aus – und das wäre fatal für Oberkassel, weil es dadurch viel von seinem besonderen Flair verlieren würde. Mein Geschäft lebt vom persönlichen Austausch mit den Kunden, die sich gern Zeit nehmen und entspannt einkaufen wollen. Das können sie aber nicht, wenn sie zuvor endlos einen Parkplatz gesucht haben. Es kann niemand ernsthaft wollen, dass sich an der Luegallee irgendwann Imbiss an Handygeschäft reiht. Genau diese Gefahr besteht aber, wenn der Wegfall der zweiten Autospur zugunsten des Radwegs nicht rückgängig gemacht wird.

Text: Gesa van der Meyden


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