Schlürfen und Schmatzen bei Teekanne

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Text: Dagmar Haas-Pilwat, Fotos: Hans-Jürgen Bauer
Normalerweise sind die Werkstore am Hauptsitz der Teekanne Gruppe für Besucher geschlossen. Doch bei der 10. Langen Nacht der Industrie, getragen vom Verein Zukunft durch Industrie mit den IHKs in der Region, fuhren sie hoch – so wie an weiteren 44 Standorten in der Rhein-Ruhr-Region. Es gab die einmalige Gelegenheit, hinter die Kulissen von verschiedensten Industrieunternehmen zu blicken. Hautnah war zu erleben, was moderne und innovative Industrie ausmacht. „Wir als IHK sind gefordert, eine solche Plattform wie die Langen Nacht der Industrie zu unterstützen, damit globale Player wie die Teekanne, aber auch mittelständische Firmen ihre Geschichte erzählen können. In Zeiten, in denen Industrie oft abstrakt wirkt, schafft diese Veranstaltung Transparenz und weckt Interesse an technischen Berufen“, sagte Gregor Berghausen, Geschäftsführer der IHK Düsseldorf. 

Bevor es zum Rundgang durch die Produktion und zur Verkostung ging, verteilten Salome Dominquez (20) und Marion Gemen (19) an die Besucher und Besucherinnen der Langen Nacht der Industrie weiße Schutzkittel und rote Haarnetze. Die jungen Frauen trinken nicht nur beide gerne Tee, vielmehr fühlen sie sich als Auszubildende beim internationalen, in der vierten Familiengeneration agierenden Unternehmen Teekanne in Düsseldorf-Heerdt genau am richtigen Ort. „Gezielt habe ich mir diese Ausbildungsstätte ausgesucht: Teekanne ist eine traditionsreiche, weltbekannte Marke, Marktführer in Sachen Tee und eines der größten Unternehmen in Düsseldorf“, sagt die angehende Industriekauffrau Salome Dominquez. Sie ist stolz darauf, sich unter der Vielzahl an Bewerbenden um einen Ausbildungsplatz behauptet zu haben. „Hier sitze ich nicht nur im Büro, hier lerne ich alles rund um Produktion, Vertrieb, Finanzen, Qualitätssicherung im Labor und Logistik, was ich als Frau besonders spannend finde“, erklärt die 20-Jährige. 

Blick hinter die Kulissen bei der Langen Nacht der Industrie

Einer der auch gern Tee trinkt, ihn sogar professionell verkostet, ist Norbert Lehrmann. Seit 28 Jahren ist der Einkäufer einer von weltweit 1300 Mitarbeitenden und er gehört zur Gruppe der „Schlürfer und Spucker“. Doch das nicht, weil er keine Manieren hat, sondern weil er als Tea Taster mit seinen ausgeprägten sensorischen Fähigkeiten bis zu 300 Tassen pro Jahr probiert und zwar alle Sorten, die von ein und derselben Teepflanze Camellia Sinensis abstammen. Dazu zählen grüner, schwarzer und weißer Tee – wobei die Farbgebung durch die Fermentierung der einzelnen Sorten entsteht. Allein 2.300 Tonnen werden pro Jahr verarbeitet. Einer der Umsatztreiber ist auch die große Palette an Kräuter- und Früchtetees: von Alpine Bergkräuter bis Waldbeere Holunder reichen die Geschmacksvarianten. Genau genommen sind diese jährlich „neu erfundenen“ Mischungen lediglich teeähnliche Aufgussgetränke. 

Einige der rund 100 Besucher und Besucherinnen, die per Los ein Teilnahme-Ticket an eine der 16 Langen Nacht der Industrie-Touren gezogen haben, konnten live ihre Geschmacksknospen testen und so wie der Tee-Sommelier bei jedem Schlückchen ordentlich „schmatzen“, damit der Tee im Mund besser zirkuliert. Kann man sich auch als Tee-Verkoster ausbilden lassen, wollte der 19 Jahre junge Grafikstudent Robert Wagner aus Dormagen wissen. „Nicht wirklich“, sagte Norbert Lehrmann. Es sei weniger ein Beruf als eine Berufung, wobei das Testen der Qualitäten schon ein bisschen wie Vokabeln lernen sei.

„Vom Feld bis in die Tasse alles aus einer Hand“ ist einer der Slogan des 1882 gegründeten, global in sieben Ländern agierenden Konzerns. Vor 70 Jahren wurde der Hauptsitz in der Landeshauptstadt eröffnet. Erfindungen wie die Teebeutelverpackungsmaschine und der weltweit verbreitete Doppelkammerbeutel gehören zu den Meilensteinen der bewegten Unternehmensgeschichte. Bei der Führung durch die Produktionshallen ratterten lautstark die Maschinen (die fünfte Generation ist derzeit im Einsatz). Täglich sind diese in drei Schichten in Betrieb, sodass pro Jahr drei Milliarden Teebeutel in Düsseldorf produziert werden. Je nach Teeart macht das in der Spitze bis zu 400 Beutel pro Minute. 

Industrie als bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Region

„Unglaublich und so spannend“, kommentierte IHK-Geschäftsführer Gregor Berghausen nach der 100-minütigen Führung seine Eindrücke. Ebenso wie Julian Deget, Leiter der Siemens AG Düsseldorf und Mitglied im Industrieausschuss der IHK, war er fasziniert davon, was sich hinter den Werkstoren abspielt und dann hinaus in die Welt geht: „Teekanne ist ein perfektes Testimonial, um zu zeigen, wie wichtig die Industrie für unsere Wertschöpfungskette ist. Düsseldorf ist der zweitgrößte Industriestandort in Nordrhein-Westfalen. Unsere Industrielandschaft ist vielfältig und global ausgerichtet von Konzernen über kleine und mittelständische Unternehmen, bekannte Weltmarkführer bis zu „Hidden Champions“. Zusammen beschäftigen sie derzeit rund 50.000 Menschen und sie sind die großen Ausbildungsbetriebe in der Region.“ Einig war man sich, dass es zentral wichtig ist, „die Bevölkerung mitzunehmen und persönliche Erfahrungen wie die während der Langen Nacht der Industrie möglich zu machen. Dies fördert das Bewusstsein für die wirtschaftliche Bedeutung der Region.“ Die 11. Auflage der erfolgreichen Veranstaltung steht 2025 bereits fest im Kalender.

Auch das Unternehmen Konecranes öffnete seine Werkstore zur Langen Nacht der Industrie. Lesen Sie mehr!

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