Außenwirtschaftstag NRW 2023 erzielt positive Bilanz

Unternehmen nutzten den Austausch mit Außenhandelsexperten und informierten sich über die geopolitische Lage.

Außenwirtschaftstag NRW
NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur mit IHK-Präsident Andreas Schmitz (links) und IHK NRW-Präsident Ralf Stoffels.

Text: Jürgen Grosche, Fotos: Melanie Zanin
Mehr als 850 Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen sowie Gäste aus Politik und Verwaltung, besuchten den 12. Außenwirtschaftstag NRW, zu dem IHK NRW, der Zusammenschluss der 16 IHKs des Landes, und die IHK Düsseldorf eingeladen hatten. Das zeigt das starke Interesse der Wirtschaft an Informationen gerade jetzt, in Zeiten großer Herausforderungen und Umbrüche. Die Unternehmen suchen Orientierung für ihr internationales Geschäft, das sie unter veränderten Vorzeichen häufig neu gestalten müssen.
„Die Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb stimmen nicht mehr“, meinte denn auch IHK NRW-Präsident Ralf Stoffels im Eröffnungstalk. Gerade der deutsche Mittelstand leide unter den hierzulande besonders hohen Energiepreisen und unter Lieferkettenschwierigkeiten. Der Staat müsse die Unternehmen bei der Anpassung an die neuen Bedingungen unterstützen. Die NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur empfahl in dem Gespräch, dass Unternehmen mehr auf Diversifizierung achten müssten und zum Beispiel in Asien neben China auch andere Länder ins Auge fassen. Zu einer kompletten Entkopplung von Räumen mit anderen Wertvorstellungen riet sie aber nicht. Pflege man Handelsbeziehungen nur mit wertekonformen Ländern, „dann hätten wir keine Hebel, um an Veränderungen mitzuwirken“.

„Die Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb stimmen nicht mehr“

IHK NRW-Präsident Ralf Stoffels

Der Abschluss weiterer Handelsabkommen sei nötig, ergänzte Stoffels. Das sei der „notwendige erste Schritt für einen Wandel durch Handel“. Stoffels wies darauf hin, dass gerade Mittelständler die Werte westlicher Wirtschaft exportieren, weil sie auf der Ebene von Menschen mit den Partnern direkt zusammenarbeiten.

Viel Unterstützung fürs internationale Geschäft beim Außenwirtschaftstag

Neben einordnenden Diskussionen fanden die Besucher und Besucherinnen beim Außenwirtschaftstag zahlreiche Gelegenheiten, ihre internationalen Projekte ganz konkret und individuell mit Expertinnen und Experten zu durchleuchten und zu fördern. Vertreterinnen und Vertreter von 55 AHKs standen für persönliche Gespräche in der „AHK-Lounge“ zur Verfügung. Die deutschen Außenhandelskammern können Unternehmen vielfältig unterstützen, zum Beispiel mit Marktanalysen oder bei der Suche von Geschäftspartnern. Die AHKs sind an 150 Standorten und 93 Ländern sowie mit über 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vertreten. Bei einigen AHKs waren die Gesprächstermine beim Außenwirtschaftstag schnell ausgebucht, was das große Interesse spiegelt.

Der Außenwirtschaftstag NRW im Video.

Außerdem informierten rund 60 Aussteller an ihren Ständen über ihre Angebote für Unternehmen. Logistiker, Banken, Versicherer, Rechtsanwälte oder auch Dienstleister, die zum Beispiel beim Management und der Dokumentation der Lieferkettentransparenz unterstützen, boten viele Möglichkeiten zur umfassenden Information über internationale Geschäfte und waren ebenfalls sehr gefragt. Ralf Schlindwein, Geschäftsführer International der IHK Düsseldorf und Projektleiter des diesjährigen Außenwirtschaftstages, zeigte sich sehr zufrieden mit der Resonanz. „Nach Corona haben die Unternehmerinnen und Unternehmer wieder großes Interesse am Netzwerken und an der Pflege persönlicher Kontakte.“

„Risiken müssen wir eingehen“

Welche Bedeutung haben internationale Organisationen und Rahmenvereinbarungen? Darum ging es in einer weiteren Diskussionsrunde beim Außenwirtschaftstag, die wie mehrere andere an dem Tag von Mary Abdelaziz-Ditzow, Leiterin Wirtschaft und Innovation bei N-TV, moderiert wurde. An dieser Runde beteiligte sich auch Botschafter Christoph Heusgen, bekannt als Vorsitzender der Münchener Sicherheitskonferenz. „Internationale Organisationen durchlaufen eine Legitimitätskrise“, sagte Heusgen und verwies auf Bestrebungen vieler Staaten, die Strukturen zu verändern.
Bei der Anpassung müsste der Westen ebenso wie bei Freihandelsabkommen Abstriche bei den eigenen Vorstellungen machen. Dann könnten Abkommen schneller geschlossen werden, meinte Heusgen. Mit einer Überfrachtung durch Regulierungen sei im Übrigen auch für die Nachhaltigkeit nichts gewonnen, ergänzte Prof. Dr. Galina Kolev-Schaefer, Senior Economist am Institut der deutschen Wirtschaft Köln und Professorin an der Technischen Hochschule Köln. Unternehmen könnten aber etwa bei Klima-Maßnahmen vor Ort dazu beitragen, dass die Gastländer technologisch vorankommen. Investitionen in Klimamaßnahmen hätten im Süden einen höheren Ertrag als in den bereits fortgeschrittenen Industrieländern.

Ein Argument, das Andreas Schmitz, Präsident der IHK Düsseldorf, aufgriff. Hierzulande seien etwa die Grenzkosten für die letztmögliche Einsparung von CO2 extrem hoch. „Man würde das Geld sinnvoller und wirksamer in anderen Teilen der Welt investieren.“ Durch die internationalen Umwälzungen nehmen auch Fragen der Sicherheit einen höheren Stellenwert ein und in diesem Kontext auch das Verhältnis zu China. Während Heusgen vor der Gefahr warnte, dass der Konflikt um Taiwan schnell eskalieren könnte, rechnet Schmitz damit vorerst nicht. „Ich glaube nicht, dass es zu einer militärischen Auseinandersetzung kommt.“ Innerhalb der chinesischen Regierung wachse die Erkenntnis, dass China die Zusammenarbeit mit dem Westen brauche.
„Risiken müssen wir eingehen“, sagte Frank Stührenberg, CEO des Elektronikkomponenten-Herstellers Phoenix Contact aus Blomberg. Eine Deglobalisierung sei sehr negativ. Sein Unternehmen investiere weiter in China, allerdings finanziert durch regionale Banken, was die Risiken eingrenze.
In zwei „CEO-Talks“ stellten sich Burkhard Dahmen, CEO der SMS Group, die Maschinen und Anlagen für Stahlunternehmen herstellt, und André Tünkers, Geschäftsführer beim Ratinger Maschinenbauunternehmen Tünkers, den Fragen von Mary Abdelaziz-Ditzow.

Auf die Frage, wie weit die Umstellung auf grüne Stahlproduktion sei, antwortete Dahmen: „Die Bereitschaft zur Umstellung ist vorhanden. Aber die Maßnahmen müssen finanziert werden.“ Bei den Kunden der Stahlunternehmen sei das Interesse allein schon deswegen groß, weil sie für ihre eigenen Klimabilanzen eine CO2-freie Produktion erreichen müssten. Die Umstellung von fossilen Energien auf Wasserstoff in einer klimaneutralen Stahlproduktion sei sehr kostenintensiv. Das müsse öffentlich gefördert werden, da die Umstellung ein gesellschaftliches Ziel sei. Dahmen ist allerdings zuversichtlich, dass die Europäer die ersten sein werden, die die Dekarbonisierung vorantreiben werden. Es sei aber noch ein sehr langer Weg, bis grüner Wasserstoff in ausreichender Menge zur Verfügung steht.
Um Innovation ging es auch im zweiten CEO-Gespräch. Beim Ratinger Automobilzulieferer gebe es „Erfindergeist serienmäßig“, sagte André Tünkers. Quasi im Wochentakt stelle man den Kunden neue Entwicklungen vor. Innovationen entstehen „im permanenten Austausch mit Mitarbeitern und Kunden“, sagte Tünkers. Sie seien „das Resultat einer sehr guten Vernetzung und Kommunikation“. Der Unternehmer zeigte sich auch zuversichtlich, dass in Deutschland „Innovationen immer noch ein wesentliches Asset der Wirtschaft“ seien. Hierzulande habe man aber noch nicht hinreichend gelernt, das Prinzip der Netzwerk-Innovation zu nutzen, wie es beispielsweise in Indien über Unternehmen und Regionen hinweg erfolgreich geübt werde.

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