Brüninghaus & Drissner: IHK-Schnuppertag Industrie

Bürokratische Auflagen belasten den Standort des mittelständischen Unternehmens.

Brüninghaus & Drissner
Ina Besche-Krastl, Abgeordnete der Grünen im NRW-Landtag, beim Rundgang durch das Unternehmen.

Text: Jürgen Grosche, Fotos: Patrick Krausen
Die Brüninghaus & Drissner GmbH in Hilden ist ein mittelständisches Unternehmen typisch für die Region: familiengeführt, lange Tradition, der Region verbunden, gleichzeitig anpassungsfähig an neue Lagen und auf Wachstumskurs. Ina Besche-Krastl, Abgeordnete der Grünen im NRW-Landtag, lernte beim Firmenbesuch im Rahmen der „IHK-Schnuppertage in der Industrie“ die Stärken des Unternehmens, aber auch die Herausforderungen kennen. Denn die Geschäftsführung nutzte die Gelegenheit, auf Dinge hinzuweisen, die die Arbeit massiv behindern und in ihrer Konsequenz auch dem Standort schaden.
Doch zunächst zum Unternehmen: Als Auto- und Industriezulieferer stanzt, formt und schweißt Brüninghaus & Drissner Bauteile und entwickelt auch Produkte (Prototyping). Auf der Kundenliste stehen so renommierte Namen wie VW, Daimler, Volvo, Siemens oder Magna. An der aktuellen Transformation wirken die Hildener aktiv mit. „Wir sind sehr stark in der E-Mobilität“, erklärt Geschäftsführer Marc-Oliver Köhler, der auch Vorsitzender des IHK-Ausschusses Haan-Hilden ist. So werden zum Beispiel Halter für Antriebsbatterien produziert. Neue Kunden kamen dazu und zeigen den Wandel. Dazu zählt zum Beispiel cellcentric, eine Tochter von Daimler und Volvo, die Brennstoffzellen herstellt.

Der Besuch von Ina Besche-Krastl, Abgeordnete der Grünen im NRW-Landtag, bei Brüninghaus & Drissner im Video.

Begonnen hatte alles im Jahr 1889 mit dekorativen Menagen, also Haltegestellen, für Salz, Essig und Öl. Später kamen Deckelstützen für Grammophone dazu. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Gartengeräte und auch schon Teile für Motorräder und Autos. Diese Flexibilität trug dazu bei, dass das Unternehmen immer weiter wuchs, bis es an die Grenzen der räumlichen Kapazität kam. Das Gelände an der Itterstraße reichte nicht mehr aus. Im Jahr 2015 entstand daher an der Heinrich-Hertz-Straße das Werk 2. Das Unternehmen kaufte leistungsfähige Pressen und schuf eine moderne Infrastruktur und Logistik. Seither wird an beiden Standorten produziert.
Auch Werk 1 verfügt über moderne Anlagen. Zum Maschinenpark gehören Schweißanlagen, Transfer- und Stufenpressen bis zu einer Größe von 630 Tonnen, die Material bis zu zehn Millimeter Dicke umformen können. Roboter – liebevoll mit Namen wie „Gustav“, „Thea“ oder „Uschi“ benannt – schwingen fleißig Bauteile hin und her, schweißen und bohren und erleichtern so den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Arbeit. Mehr als 100 Beschäftigte zählt das Unternehmen insgesamt.
Aus Stahl und Aluminium werden 300.000 Teile pro Tag beziehungsweise 500 Tonnen Material pro Monat gefertigt, die nicht nur an Kunden in Deutschland gehen, sondern in viele Länder wie zum Beispiel Frankreich, England, Spanien, Tschechien, Korea, Mexiko oder Brasilien.

Umzug geplant

Das Werk 1, zwischen Wohnbebauung auf der einen und dem Stadtpark auf der anderen Seite gelegen, erwies sich zunehmend als zu klein und nicht mehr passend. Denn das Unternehmen arbeitet im Dreischichtbetrieb, und die Produktion ist mit Erschütterungen und Lärm verbunden. Gleichzeitig stieg das Interesse in der Öffentlichkeit und der Politik an dem Firmengelände an der Itterstraße – Wohnraum ist in Hilden knapp. Gespräche über einen Umzug und die Zusammenführung beider Werke an der Heinrich-Hertz-Straße begannen und führten auch zu einem positiven Ergebnis. „Wir hatten eine Baugenehmigung nach vier Monaten“, sagt Köhler.
Das Unternehmen legte los mit den Planungen. Mit großem Optimismus, denn es plant ein Wachstum des Umsatzes von aktuell 17 auf 25 Millionen Euro. Zu den klassischen Erzeugnissen sollen zukunftsträchtige Projekte zum Beispiel aus den Bereichen der Wasserstofftechnologie und der Elektromobilität kommen und weitere Arbeitsplätze entstehen. Zehn Millionen Euro will Brüninghaus & Drissner investieren.
Mit einem Stromverbrauch von rund 1,5 Gigawattstunden pro Jahr zählt der Betrieb zu den energieintensiven Unternehmen und ist allein schon deswegen an erneuerbaren Energien interessiert. So soll auf dem Hallendach eine Photovoltaikanlage installiert werden. Das Investitionsvolumen von rund 450.000 Euro könnte sich bald durch jährliche Erlöse und Einsparungen von etwa 65.000 Euro amortisieren. Die CO2-Einsparung werde bei rund 100 Tonnen pro Jahr liegen, sagt Köhler weiter. Zudem soll das Dach begrünt werden und auf dem Gelände Grünflächen mit 150 Sträuchern angelegt werden. Am Werk 1 können 200 Wohnungen entstehen – nach Angaben der Stadt das wichtigste städtebauliche Projekt für Hilden in den nächsten Jahren. Eine Win-win-Situation also für Unternehmen und Stadt.

Behörde stellt Forderung an Brüninghaus und Drissner

Im Oktober 2024 soll der Umzug stattfinden. Wenn denn bis dahin ein Problem gelöst wird. Das Grundstück an der Heinrich-Hertz-Straße ist mit per- und polyfluorierten Chemikalien (Pfas) belastet, die als gesundheitsschädlich gelten. Viele Brachflächen in Deutschland sind davon betroffen. Brüninghaus & Drissner ist bereit, den Boden zu versiegeln und den Aushub als Füllmaterial zu verwenden unter Einhaltung der Abstandsflächen zum beginnenden Grundwasser.
Die zuständige Behörde besteht allerdings auf einem Abtransport. „Allein der würde 500.000 Euro kosten“, sagt Köhler, der sich über einige weitere bürokratische Belastungen beklagt. „Weiter erhöhte Kosten zur Altlastbeseitigung kann das Unternehmen nicht tragen und wendet sich daher vertrauensvoll an die örtliche Politik.“ Notfalls müsse die Baustelle stillgelegt werden. Es sei nicht sinnvoll, dass das Unternehmen ausgebremst werde und dadurch die weiteren Maßnahmen, die der Stadt zugute kommen, zum Beispiel den Wohnbau, zu gefährden.
Ina Besche-Krastl nahm das Thema auf und beschrieb das Spannungsfeld: Einerseits wolle man eine Flächenexpansion in den Freiraum hinein verhindern, andererseits müssten Unternehmen Möglichkeiten finden, ihre Standorte zu sichern und auch zu erweitern. Auf möglichen Erweiterungsflächen im Bestand gebe es aber häufig Probleme mit Altlasten. Grüne sind dafür, diese Flächen zu sanieren. Generell könnten „die großen Transformationsaufgaben nur gemeinsam bewältigt werden“. Es müsse ein Miteinander, kein Gegeneinander sein. „Dass Wirtschaft blockiert wird, das unterstütze ich nicht“, sagte die Abgeordnete.
Die „IHK-Schnuppertage in der Industrie“ haben damit einmal mehr ihre Funktion unterstrichen. Ziel der Reihe ist es, Politikern einen Einblick in die Arbeit der Unternehmen zu geben. Die Begegnungen sollen zum gegenseitigen Verständnis beitragen.

Der IHK-Schnuppertag in der Industrie bot Gelegenheit zum Austausch zwischen Industrie und Politik.

Ein Beitrag zum IHK-Schnuppertag Industrie bei den Fortin Mühlenwerken im Online-Magazin der IHK Düsseldorf.