Chris Williams: Einfach zauberhaft

Erst war er Restaurantfachmann, wechselte dann in die IT-Abteilung eines großen Unternehmens. Jetzt verdient Chris Williams sein Geld mit Zauberei. Eine Nahaufnahme.

Chris Williams

Text: Marie Welling, Foto: Melanie Zanin
Sein Lieblingszaubertrick heißt „Out of this world“ – zu Deutsch „Nicht von dieser Welt“. Für den Trick lässt der Besitzer der Düsseldorfer Zauberwelten Chris Williams seinen Gast die Farbe von Spielkarten raten und legt sie auf zwei Stapeln ab. Zwischendurch mischt er die Karten wieder und wieder – trotzdem liegen am Ende auf dem einen Stapel nur rote Karten und auf dem anderen nur schwarze. Wie er das gemacht hat, verrät der 53-Jährige natürlich nicht. Nur in den Kursen der Zauberschule kommen seine Schülerinnen und Schüler in den Genuss, solche Tricks von ihm zu lernen. Schon lange hat Williams Freude an der Zauberei: „Auf unserer Hochzeitsreise haben meine Frau und ich in Las Vegas eine Show von Siegfried und Roy gesehen. Das war fantastisch!“, erzählt er. „In Amerika hat das Zaubern außerdem einen ganz anderen Stellenwert und Charakter als bei uns“. Trotz solcher Begeisterung war das Zaubern lange nicht mehr als ein Hobby für Williams. Der gebürtige Franke hat Restaurantfachmann gelernt und als Kellner in einem Gourmetrestaurant gearbeitet. In einem Schweizer Hotel lernte er später seine Frau kennen. Gemeinsam zogen sie in die Heimatstadt der gebürtigen Rheinländerin – nach Düsseldorf. Williams schulte um, wurde Datenverarbeitungskaufmann bei einer Versicherung und blieb 20 Jahre glücklich in seinem Job. Bis zum Jahr 2015: Damals schaute sich seine Tochter regelmäßig Videos über Kartentricks an. Williams‘ Begeisterung war geweckt: Zusammen besuchten Vater und Tochter einen Zauberkurs. Für seine Tochter war es der erste und letzte – für Williams selbst erst der Anfang. „Innerhalb kürzester Zeit habe ich alle Zauberkurse besucht, die es hier in Düsseldorf gab“, sagt er. Nach einem Jahr machte er die Aufnahmeprüfung für den Magischen Zirkel, einer Vereinigung deutscher Zauberkünstlerinnen und -künstler.

Zaubertricks statt Zahlen

2018 dann der Wendepunkt: In seinem alten Job als IT-ler und Teamleiter bei der Versicherung war Williams nicht mehr so glücklich wie früher. „Das hat mich natürlich auch psychisch sehr belastent. Es war Zeit für etwas Neues“, erzählt er. Als er hörte, dass der Besitzer der Zauberschule in Düsseldorf in Rente geht, war er gleich Feuer und Flamme. Er beschloss kurzerhand, die Schule zu übernehmen – ein mutiger Schritt. „Ich habe ein gutes Einkommen aufgegeben, um mich komplett dem Zaubern zuzuwenden“, sagt er. Er träumte von einer Zauberschule mit Zaubertheater. Doch dafür waren die alten Räume der Zauberschule zu klein. Ein Jahr lang suchte er in Düsseldorf gemeinsam mit seinem Magierkollegen Peter Schulz nach geeigneten Räumlichkeiten – bis die beiden auf eine passende Fläche stießen, nur ein Stockwerk über der alten Zauberschule. Am liebsten hätte er die Fassade des grauen Mietshauses in Düsseldorf-Bilk neu bemalt: „Ich könnte mir einen Hasen vorstellen, der aus dem Hut spring“, sagt Williams. Doch das war beim Vermieter bisher nicht durchzubekommen.

Innen sieht man dann aber, wie viel Liebe Williams und sein Team in die Düsseldorfer Zauberwelten stecken. Die Wände sind über und über mit Bildern von Zauberern und Zaubershow-Plakaten geschmückt, viele von Anfang des 20. Jahrhunderts. Williams hat Teile des Bodens eigens verlegt und viele Möbel selbst gebaut, so dass er beispielsweise die Theaterbar flexibel in einen Seminarraum umbauen kann. Auf 320 Quadratmetern gibt es fünf Schulungsräume für Zauberlehrlinge, einen Theatersaal, eine Manufaktur für Requisiten, einen Verkaufsraum und eine gut bestückten Zauberbibliothek. Es ist genauso, wie Williams es sich gewünscht hatte, ein bisschen wie die Zaubereiläden in der Winkelgasse aus Harry Potter, nur eben in einem unscheinbaren Gewerbegebäude in Bilk. „2019 haben wir mit der Planung begonnen und 2020 sollte der Umbau fertig sein. Dann wollten wir auch die ersten Shows und Kurse anbieten“, sagt Williams.

Chris Williams ist ein Liebhaber von Kunst und Kultur

Doch die Pandemie machte dem Zauberwelten-Team einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen fand ihre erste Aufführung erst im August 2021 statt – mehr als ein Jahr später. Wenn Williams seine Tricks vorführt, geht er ruhig und bedacht vor, sein Gesichtsausdruck gleicht beinahe einem Pokerface. Doch seine Augen verraten die Vorfreude, dass auch die Reporterin nicht durchschauen wird, was er da gerade eigentlich mit den Spielkarten anstellt. Immer wieder streicht er sich über seinen grauen Bart, den er zum Zopf gezwirbelt hat. Wer den Wahldüsseldorfer heute trifft, kann ihn sich nicht mehr als IT-ler in einem Unternehmen vorstellen: Williams ist aus Überzeugung Zauberer. Er liebt es, wenn sein Publikum verblüfft rätselt, wie ein Trick wohl funktioniert, wenn die Leute schmunzeln und er es schafft, sie in eine andere Welt zu entführen. „Ich bin eher zurückhaltend und nicht der große Witzeerzähler“, beschreibt Williams seinen Zauberstil. „Dafür gibt es bei mir viele mentale Effekte: also Gedankenlesen, Prognosen, Zukunftsdeutungen.“
Zwar hat sich Chris Williams mit Haut und Haaren der Zauberei verschrieben, doch im Gegensatz zu vielen seiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Magischen Zirkel hat er nicht immer einen Zaubertrick oder ein Kartenspiel parat. „Zaubern ist meine Leidenschaft, aber manchmal brauche ich auch eine Pause davon“, sagt er. Wenn er nicht gerade in den Zauberwelten Tricks lernt, eine neue Show schreibt oder Erwachsenen das Zaubern beibringt, besucht er Kunstausstellungen oder ist beim Poetry Slam im Hofgarten anzutreffen. Dass er mit seiner Frau nach Düsseldorf gezogen ist, bereut er nicht. „Ich liebe die Stadt und fühle mich hier komplett zu Hause.“


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