Text: Daniel Boss, Fotos: Andreas Endermann
Im Großen und Ganzen würde sie „alles so noch einmal machen“, sagt Adelheid Lüring im Rückblick auf den Beginn ihrer Selbstständigkeit. Grobe Anfangsfehler oder böse Überraschungen habe es nicht gegeben, „da ich nicht naiv in die Gründung gestartet bin“. Vielmehr habe sie im Vorfeld, neben ihrer Festanstellung, viel Zeit in die Analyse und Planung investiert, um die richtige Strategie zu entwickeln. Durch ihre Tätigkeit als strategische Unternehmensberaterin brachte sie reichlich Know-how dafür mit. Ihren damaligen Job kündigte sie erst, als sie entsprechende Umsätze mit ihrem neuen Taschenlabel TASCALI generieren konnte. Die Düsseldorferin ist 40 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter. In dieser Doppelfunktion sieht sie – trotz großer Unterstützung durch ihr privates Umfeld – die größte Hürde für den Aufbau eines Geschäfts, wenn Frauen gründen. „Ich möchte gerne für meine Kinder da sein. Und das erfordert volle Aufmerksamkeit, die mir dann bei TASCALI fehlt.“ Neben dem Erziehermangel erlebe sie vor allem die Missstände im Schulsystem, „die wir als Eltern kompensieren müssen“.
Aktuelle Studie von IHK NRW
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nimmt auch bei vielen anderen eine zentrale Rolle ein, wenn Frauen gründen. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Studie „Gründen und Nachfolgen durch Frauen in NRW“, die IHK NRW mit wissenschaftlicher Begleitung der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführt hat. Mehr als 1.400 Frauen nahmen daran teil, von denen knapp 80 Prozent eine Neugründung realisierten, während etwa jede fünfte Befragte über eine Nachfolge zur Unternehmerin wurde. 5,6 Prozent der Frauen, die geantwortet haben, stufen ihre Unternehmung als Start-up ein, also als junges, sehr innovatives Unternehmen mit großen Wachstumszielen, die möglichst schnell erreicht werden sollen.
Fast die Hälfte der Teilnehmerinnen wurde nebenberuflich als Gründerin oder Nachfolgerin aktiv, jede zehnte befragte Frau in Elternzeit. Die Studie zitiert in diesem Zusammenhang eine Unternehmerin: „Mein vorheriger Chef wollte in Zukunft kein Homeoffice mehr unterstützen, und mit den Kindern konnte ich mir das nicht vorstellen, soviel Zeit für die Fahrt ins Büro zu verbringen und so unflexibel zu sein. Also habe ich nach anderen Sachen geschaut, da habe ich aber immer nur Teilzeit-Angebote gefunden mit einem schlechten Gehalt. Ich wollte aber auf jeden Fall unabhängig sein, und so habe ich mit einer Freundin, die auch Kinder hat, damals beschlossen, dass wir zusammen gründen.”
„Unabhängigkeit ist für viele Frauen offenbar eine starke Motivation, diesen Schritt zu wagen“, sagt Dr. Nikolaus Paffenholz, Abteilungsleiter Unternehmensservice der IHK Düsseldorf und Fachpolitischer Sprecher für Existenzgründung und Unternehmensförderung in NRW. „Fast 80 Prozent der Gründerinnen nannten selbstbestimmtes Arbeiten als wichtigen Grund an. Bei den Nachfolgerinnen ist der Anteil fast genauso hoch.“
Demgegenüber stehen allerdings eine Reihe von Herausforderungen. Die Gründerinnen nennen unter anderem bürokratische Hürden (53 Prozent), einen Mangel an Unterstützungssystemen (35,5 Prozent) und fehlende Netzwerke (29,7 Prozent). Auch das Thema Finanzierung spielt mit rund 29 Prozent keine unbedeutende Rolle. „Diese und weitere Faktoren tragen dazu bei, dass die Gründungslandschaft in NRW nach wie vor stark männlich dominiert ist – und bei den Nachfolgen sieht es sogar noch schlechter aus.“, so Dr. Nikolaus Paffenholz. „Deshalb arbeiten wir daran, das Gründungs- und Nachfolge-Klima für Frauen in Düsseldorf und im Kreis Mettmann zu verbessern.“ Bislang bleibe ein enormes unternehmerisches und volkswirtschaftliches Potenzial ungenutzt.
Herausforderungen, wenn Frauen gründen
Frauen gründen anders, in dem sie laut Studie zum Beispiel häufig großen Wert auf eine gründliche Vorbereitung legen, etwa in Form konkreter Beratungsleistungen. Aber gestalten sie auch die Nachfolge anders? Marie Leukers meint „ja“: „Ich kann natürlich nicht für alle Frauen sprechen. Was ich jedoch merke, ist, dass ich als Frau ein Stück weit mehr Empathie und Harmonie in die Führungsrolle einbringe.“ Die 29-Jährige hat von ihrem Vater die Geschäftsführung des Ratinger Einrichtungshauses molitors übernommen. In der ersten Zeit habe sie sich erst einmal behaupten müssen. „Ich musste meine eigenen Wege gehen und neue Pfade einschlagen. Das ist in bestehenden Strukturen meist gar nicht so einfach.“
Vieles von dem, was sie anders macht, erklärt sie aber auch mit ihrem Alter: „Meine Generation legt, so empfinde ich das zumindest, mehr Wert auf Augenhöhe und Fairness im Beruf.“ Für das Team sei der neue Führungsstil, der mehr auf Eigenverantwortung fußt, durchaus eine Umstellung gewesen. „Fühlt euch verantwortlich“ und „Bringt eigene Ideen ein“ sind Schlüsselsätze, die Marie Leukers ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitgibt.
Weitere Beiträge zum Thema Unternehmensgründung im Online-Magazin der IHK Düsseldorf