Firmenverkauf: Die Zukunft zählt

Benjamin Brüser war Mitgründer des Start-Ups „Emmas Enkel“. Beim Verkauf ging es vor allem um den künftigen Wert des Unternehmens.

Unternehmensverkauf
Benjamin Brüser widmet sich nach dem Verkauf des Start-ups wieder der Architektur.

Vielleicht war es sogar eine Prise Faulheit, die den Handel revolutioniert hat. Wahrscheinlich Vision, auf jeden Fall Kreativität. Oder eine Mischung aus allen dreien. Denn eines steht fest: Benjamin Brüser war als Mitgründer des Düsseldorfer Start-Ups „Emmas Enkel“ der Branche einen Schritt voraus. Frei nach dem Motto der amerikanischen Eishockey-Legende Wayne Gretzki. „Du musst wissen, wo der Puck sein wird und nicht, wo er gerade ist“, sagt Benjamin Brüser. Und bezieht das vor allem auf die Vernetzung von Analogem und Digitalem. Diese Haltung zieht sich wie ein roter Faden durch sein (Berufs-)Leben.
Der heute 42-Jährige wuchs in Arnsberg auf und ging fürs Studium nach Wismar. Der Studiengang Architektur hatte dort erst 2000 ein neues Gebäude bezogen, bot eine der modernsten Studien in Deutschland. „Dort wurde von Beginn digital geplant und BIM benutzt“, sagt Brüser. BIM, das ist Bauwerksdatenmodellierung und funktioniert komplett digital. Haus und Funktion werden nicht mehr getrennt voneinander sondern gemeinsam geplant. Anders als etwa mit CAD-Software, mit der technische Zeichnungen erstellt werden. „Ich war einfach zu faul, das alles händisch zu machen“, erklärt Brüser heute. Die technische Zeichnung etwa konnte er sich durch BIM automatisiert erstellen lassen.


Emmas-Enkel-Gründer Benjamin Brüser und Sebastian Diehl im Gespräch mit IHK-Inside


Nach dem Studium arbeitet Benjamin Brüser zunächst als Architekt, bis er gemeinsam mit Sebastian Diehl, einem Freund aus Arnsberger Kindheitstagen, die Idee für „Emmas Enkel“ hat. Dank der neuen Smartphones gelingt es den beiden, den klassischen Tante-Emma-Laden in die digitalen Gegenwart zu holen. An der Berliner Allee in Düsseldorf kombinieren sie stationären Einzelhandel mit moderner Logistik, Online-Bestellungen und Lieferdienst sowie gemütlicher Ecke zum Kaffee trinken, während man auf die Einkäufe wartet. So etwas gab es bis dahin noch nicht. Brüser: „Ohne das Physische hätte es das Digitale nicht gegeben und ohne das Digitale nicht das Physische.“ Es war wohl das Beste aus beiden Welten, was das Startup so erfolgreich gemacht hat.
Zwei Jahre nach der Gründung startet das Unternehmen durch. Erst eine Kooperation mit Vodafone, dann stellen Brüser und Diehl ihr Unternehmen auf der Cebit der begeisterten Kanzlerin Angela Merkel vor. Später übernimmt die Metro einige Anteile, „Emmas Enkel“ expandiert. Bis es 2016 ganz von der Metro gekauft wird. Nach knapp fünf Jahren steigen Brüser und Diehl aus. Über den Kaufpreis wird Stillschweigen vereinbart.

Der Preis als Knackpunkt beim Unternehmensverkauf

Zu finden beim Unternehmensverkauf war dieser gleichzeitig alles andere als leicht. Anders als früher ging es bei der Bewertung von „Emmas“ Enkel ja nicht um Immobilien, Waren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Lizenzen. Es ging vor allem um digitale Infrastruktur. „Wie willst du die Zukunft bewerten, wenn du die Zukunft noch gar nicht gesehen hast?“, fragt Benjamin Brüser, „es geht um eine Annahme, was kommen wird.“
Das unterstreicht auch Dr. Nikolaus Paffenholz, Leiter Unternehmensservice bei der IHK Düsseldorf, „Es gibt eine große psychologische Komponente beim Blick auf den Kaufpreis. Der Verkäufer schaut zurück, sieht sein Lebenswerk, der Käufer versucht zu berechnen, was er in Zukunft davon hat, welche Investitionen er tätigen muss und welches Risiko er geht.“ Paffenholz rät, mit möglichst wenig Emotionen an den Firmenverkauf zu gehen: „Die Kaufpreisfindung ist ein Knackpunkt. Das liegt daran, dass Wert eine subjektive Komponente hat. Um das neutral zu bemessen, gibt es aber zum Beispiel den Unternehmenswertrechner – oder die IHK empfiehlt öffentlich bestellte, vereidigte Sachverständige.“

Die digitale Infrastruktur mitdenken

Architekt Benjamin Brüser vergleicht die Bewertung eines Unternehmens mit dem Verkauf eines Hauses. Auch da geht es um mehr als Steine, die Adresse, das Grundstück oder das Dach. Bei einem Unternehmen komme es inzwischen zusätzlich darauf an, was in diesem Haus passiert, wie gearbeitet wird, welche Schnittstellen vorhanden sind. Brüser hat das schon im Studium gelernt: „BIM geht nur, wenn du digitale Infrastruktur mitdenkst. Nehmen wir an, du hast ein ganz tolles Gebäude und sagst, das ist total viel wert. Dann kommt jemand anderes und baut die Infrastruktur ganz anders und besser auf und du hast keine Chance mehr, mitzuhalten. Plötzlich wird die Infrastruktur zum Wert – anstelle des Gebäudes.“ Etwa so haben sich vor knapp einem Jahrzehnt die Art der Unternehmensbewertungen auch beim Unternehmensverkauf verschoben, zu den ersten Beispielen gehört auch „Emmas Enkel“.

Zurück zur Architektur
Nach dem Unternehmensverkauf von Emmas Enkel hat sich Brüser wieder der Architektur gewidmet. Er baut Gebäude und denkt dabei digitale Prozesse und Schnittstellen gleich mit. Inzwischen hat der 42-Jährige einen Lehrauftrag an der Universität in Mülheim an der Ruhr, arbeitet nebenbei an seiner Promotion, ist bei der IHK Düsseldorf Mitglied im Mittelstandsausschuss und berät mit seiner Firma Kunden dabei, ihre alten Strukturen zukunftsfähig zu machen. Er lebt in Bottrop. Vor kurzem war er das erste Mal bei einem Eishockeyspiel in Krefeld live im Stadion. Ganz nach seinem Motto: Sei da, wo der Puck sein wird!


Ein weiterer Beitrag zum Thema Unternehmensnachfolge im Online-Magazin der IHK Düsseldorf