Text: Beate Werthschulte

Es gibt viele Gründe, warum Unternehmen in eine Schieflage geraten. Dies können Finanzierungslücken sein, nicht rechtzeitig erkannte Marktveränderungen oder Geschäftsmodelle, die nicht mehr gefragt sind. Ein Beispiel hierfür, so Mathias Meinke, Teamleiter Existenzgründung und Unternehmensförderung bei der IHK Düsseldorf, sei der Einzelhandel. Trotz guter Beratung kauften immer mehr Menschen online ein, weil gerade jüngere Kunden statt einer qualifizierten Beratung auf Informationen und Bewertungen im Internet zurückgriffen. „Ich erlebe es in unserer Krisenberatung zudem häufig, dass Unternehmer sich erst sehr spät melden. Deren Krise begann schon vor fünf Jahren, wurde aber nicht bemerkt, weil das Controlling fehlte“, erläutert der Experte. Oft sind Unternehmer zwar Meister ihres Fachs, aber kaufmännische und vertriebliche Kompetenzen fehlen. Je früher eine Krise erkannt wird, desto größer ist die Chance, das Unternehmen wieder zu stabilisieren. Vielleicht muss das Leistungsangebot verbessert oder das Geschäftsmodell verändert werden – entscheidend ist der Bedarf der Kunden. „Jeder Unternehmer und jede Unternehmerin muss jeden Tag der Selbstständigkeit am Puls der Zeit sein und jederzeit wissen, wie es dem Betrieb geht“, sagt Meinke.

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Mathias Meinke, Teamleiter Existenzgründung und Unternehmensförderung bei der IHK Düsseldorf, erzählt, warum der Zeitfaktor entscheiden ist.

Auch Harald Schyja hält den Zeitfaktor für entscheidend, wenn es darum geht, eine Unternehmenskrise zu meistern. Der Unternehmensberater aus Velbert unterstützt mittelständische, zumeist inhabergeführte Unternehmen, die in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind – mit dem Ziel, eine Insolvenz zu vermeiden. „Berater werden leider meistens erst gerufen, wenn es bereits lichterloh brennt und die Kreditinstitute eine Beratung nahelegen“, erklärt er. Dann, so der Experte weiter, seien nur noch „Feuerwehrmaßnahmen“ möglich. Deshalb empfiehlt er dringend, nicht zu warten, bis eine krasse Liquiditätskrise entstanden ist, sondern frühzeitig Fachleute um Hilfe zu bitten – je früher das geschieht, desto größer ist der Handlungsspielraum. In einer Unternehmenskrise ist die Unterstützung der Hausbanken existenziell.

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„Eine Krise fällt nicht vom Himmel, sie entwickelt sich“

Harald Schyja, Unternehmensberater

Und die Hausbanken verlangen in der Regel dann ein Sanierungskonzept. Um ein solches Konzept zu erstellen, ist es notwendig, die Krise ehrlich zu analysieren und neben Überschuldung, Zahlungs- und Ertragsfähigkeit zu prüfen, ob das Geschäftsmodell noch zukunftsfähig ist. Sind die Ursachen für die Krise erkannt, müssen ein nachhaltiger Maßnahmenplan erstellt und Kontrollinstrumente geschaffen werden. Ganz wichtig für die Sanierung, so Schyja, seien Einsicht und Veränderungsbereitschaft des Unternehmers, denn nur, wenn dieser von den Maßnahmen überzeugt sei, könne er seine Mitarbeiter überzeugen. Je eher Veränderungen beginnen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen überlebt. „Eine Krise fällt nicht vom Himmel, sie entwickelt sich“, sagt Schyja. Deshalb sei es notwendig, dass sich jeder Unternehmer mit den eigenen Zahlen auseinandersetze, um die Symptome frühzeitig zu erkennen.

Gemeinsam zu mehr Stärke

Das Traditionsunternehmen Stockheim war nach der Trennung von verschiedenen Geschäftsbereichen auf einem sehr guten Weg, als man sich nach einem starken Partner auf die Suche begab, um die Stabilität weiter zu stärken. Seit Ende vergangenen Jahres ist Stockheim Teil von Aramark Deutschland, einem weltweit agierenden Dienstleistungsunternehmen in den Bereichen Catering und Servicemanagement. „Die Partnerschaft ist für beide Seiten strategisch klug und gut für die Zukunft von Messe-, Kongress- und Eventcatering“, sagt Carla Stockheim, Gesellschafterin der neuen Restaurationsbetriebe Stockheim GmbH. Als Botschafterin und Gesicht der Marke Stockheim ist sie für Marketing und Kommunikation zuständig und wird das Unternehmen auch in der neuen Struktur aktiv mitgestalten. Die Leitung haben gemeinsam die Aramark Manager Sven Häffner und Gerald Rosendahl übernommen. Auch Margret Stockheim wird dem Unternehmen als Beraterin verbunden bleiben. „Unsere Kooperation mit dem zweitgrößten Cateringunternehmen in Deutschland kombiniert die Stärken eines in der Region bestens vernetzten Traditionsunternehmens mit den Stärken Aramarks“, so Carla Stockheim. Dadurch gewinnt Stockheim nicht nur Stabilität und verbesserte Einkaufskonditionen, sondern profitiert zudem von zusätzlichem Know-how des breit aufgestellten Unternehmens. Und auch wenn sich manche Abläufe ändern werden – ein Unternehmen wie Aramark arbeitet anders als ein mittelständisches Unternehmen – wird sich für die Kunden nichts ändern, vielmehr werden sie von der Kompetenzerweiterung profitieren „Mit Aramark und Stockheim haben sich zwei Unternehmen gefunden, die einander perfekt ergänzen und die eines gemeinsam haben: den Wunsch nach Wachstum“, davon ist Carla Stockheim überzeugt.

Mit Sortimentsveranderungen zum Erfolg

Gegründet vor 75 Jahren ist der Küchenfachhändler Walgenbach in der glücklichen Situation, nie in einer Schieflage gewesen zu sein. Ein Grund dafür ist sicher, dass man sich immer frühzeitig mit den Veränderungen des Marktes auseinandergesetzt und entsprechend gehandelt hat. Bestand das Sortiment zunächst unter anderem aus Haushalts- und Eisenwaren, Elektrogeräten aller Art, Gartenmöbeln, Keramik, Spielwaren und später auch aus Einbauküchen, wurde es im Laufe der Jahre schmaler. „Als irgendwann in jedem Baumarkt Gartenmöbel angeboten wurden, haben wir uns davon getrennt“, sagt Geschäftsführer Elmar Fedderke. Elektrokleingeräte oder Spielwaren habe man zwar noch eine Weile behalten und bezuschusst, aber irgendwann auch aufgegeben. Vor rund fünf Jahren kam dann der ganz große Schnitt – Walgenbach hat zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte nicht nur Mitarbeiter entlassen, sondern das Sortiment drastisch verändert.

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„Als in jedem Baumarkt Gartenmöbel angeboten wurden, haben wir uns davon getrennt“

Elmar Fedderke, Wilhelm Walgenbach GmbH & Co. KG

„Wir konzentrieren uns seitdem auf Einbauküchen – dieses Angebot haben wir verdoppelt – und auf Elektrogroßgeräte“, erklärt Fedderke. Wichtig ist dem Unternehmen die Abgrenzung zum Online-Handel. Man setzt bei Walgenbach nach wie vor auf den Faktor Mensch und dessen Kompetenzen, auf Beratung und Kauf sowie Lieferung und Montage. Dass man sich dem Internet nicht verschließen darf, ist dennoch für Handelsexperte Fedderke selbstverständlich. So können Kunden auf einer speziellen Website namens „SchnäppCam“ bestimmte Sonderangebote zwar anschauen, müssen sie aber vor Ort im Geschäft kaufen. Zudem zeigt Walgenbach eine 360-Grad Küchenausstellung im Internet und bietet die Küchenplanung auch online an. Durch die Sortimentsveränderung, so Fedderke, sei das Unternehmen stabiler als zuvor. „Die Veränderung war kein kompletter Richtungswechsel, sondern wir konzentrieren uns heute auf unsere Kernkompetenzen und den Bedarf der Kunden.“

Über dieses Thema haben wir auch im IHK Quarterly 01/2021 berichtet.

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