Neues vom Gericht Winter 2022

Herstellergarantie, Vertrauensarbeitszeit, „Klimaneutral“-Logo, Wettbüros

Text: IHK-Redaktion

Müssen Online-Händler über Herstellergarantien informieren?

Internethändler müssen Verbraucher nicht näher über die Herstellergarantie für ein angebotenes Produkt informieren, wenn die Garantie kein zentrales Merkmal ihres Angebots ist.
Allerdings müssen Unternehmer die Verbraucher vor Abschluss eines Kaufvertrags über die Bedingungen einer Herstellergarantie informieren, wenn sie die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal ihres Angebots machen und auf diese Weise als Verkaufsargument einsetzen. Erwähnen sie hingegen die Herstellergarantie nur beiläufig, so dass sie aus Sicht der Verbraucher kein Kaufargument darstellt, müssen sie keine Informationen über die Garantie zur Verfügung stellen. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Herstellergarantie auf der Angebotsseite selbst nicht erwähnt wird, sondern sich lediglich an untergeordneter Stelle in einem Produktinformationsblatt findet, und der Verbraucher auch nur dann auf dieses Produktinformationsblatt gelangt, wenn er einen Link anklickt, der unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ steht und mit der Bezeichnung „Betriebsanleitung“ versehen ist.
(Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. November 2022, I ZR 241/19)

Vertrauensarbeitszeit muss nachgehalten werden

Auch bei der Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit müssen die Arbeitsstunden der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dokumentiert werden.
Der Arbeitgeber muss alle Informationen übermitteln, die der Betriebsrat zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Zu diesen Aufgaben gehört auch die Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes zur Dauer der Arbeitszeit und zu den Pausen. Dieses betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat wird durch die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit nicht beeinträchtigt. Daher muss der Arbeitgeber auch bei Vertrauensarbeitszeit einen Überblick darüber haben, wie viele Arbeitsstunden geleistet werden.
Zwar muss ein Arbeitgeber dem Betriebsrat grundsätzlich nur solche Informationen bereitstellen, über die er auch verfügt. Doch gilt dann etwas anderes, wenn der Arbeitgeber die notwendigen Daten nur deshalb nicht hat, weil er sie nicht erheben will.
(Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Juli 2022, 4 TaBV 9/22)

Werbung mit dem Logo „klimaneutral“

Die Werbung mit dem Logo „Klimaneutral“ kann erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung der Verbraucher haben. Daher muss das werbende Unternehmen über grundlegende Umstände der von ihm beanspruchten Klimaneutralität aufklären. Die Verbraucher gehen bei einem solchen „Klimaneutral“-Logo davon aus, dass grundsätzlich alle wesentlichen Emissionen des Unternehmens vermieden oder kompensiert werden. Sind hingegen bestimmte Emissionsarten hiervon ausgenommen, ist das für die Verbraucher nicht ohne Weiteres naheliegend.
Fehlt eine solche Aufklärung über die näheren Umstände der beanspruchten Klimaneutralität, ist die Werbung irreführend. In diesem Fall darf das Logo „Klimaneutral“ in der Werbung nicht verwendet werden.
(Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. November 2022, 6 U 104/22)

Keine Wettbüros in der Nähe von Schulen

Wettbüros bedürfen zum einen grundsätzlich einer staatlichen Erlaubnis. Zum anderen ist ihr Betrieb in der Nähe von öffentlichen Schulen unzulässig. Dabei ist regelmäßig ein Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie einzuhalten. Weder die grundsätzliche Erlaubnispflicht noch der Mindestabstand von Schulen verstößt gegen die Rechte der Betreiber von Wettbüros oder gegen europäisches Recht. Es ist nicht zu beanstanden, dass für Geldspielgeräte und Lottoannahmestellen, zu denen Kinder freien Zugang haben, die gleichen oder günstigere Abstandsregelungen gelten, da es sich um jeweils unterschiedliche Glücksspielarten handelt. Deren Gefährdungspotenzial darf der Gesetzgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums unterschiedlich bewerten. Die Annahme des Gesetzgebers, durch den grundsätzlich erforderlichen Abstand von Wettbüros zu Schulen könnten Anreize zum Glücksspiel gegenüber Kindern und Jugendlichen verringert werden, ist plausibel.
Urteile des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. Oktober 2022, 24 K 1472/21, 24 K 1475/21, 24 K 4215/21)


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