Text: Ute Rasch, Fotos: Andreas Endermann
Grün ist die Hoffnung, vermittelt Ruhe, regt die Kreativität an. So gesehen, wurde bei den Wänden dieser Kellertreppe alles richtig gemacht: Sie sind Moosgrün – und führen direkt ins Zentrum des Düsseldorfer Unternehmens Sundermann und Palm (kurz Supa) zu dem Ort, an dem jeder erdenkliche Ton gemischt wird. Seit nunmehr hundert Jahren bietet der Fachgroßhandel Farben und Lacke, Tapeten, Bodenbeläge und Werkzeug. Um solange erfolgreich zu sein, kommt es auf jede Nuance an, nicht nur bei der Farbe.
Auf dem Bürotisch steht ein Tablett, das aus den Gründerjahren stammen könnte: Zwiebelmuster mit Zinnrand. An der Wand hängen historische Malerpinsel, akkurat drapiert und gerahmt. Und dazwischen sitzt Marcel Lauricella, der junge Geschäftsführer des Traditionsunternehmens. 100 Jahre – wie schafft man das, sich über einen solchen Zeitraum am Markt zu behaupten? „Unser Erfolgsrezept ist erstklassiger Service!“
Dazu zählt, dass jeder Kunde gleich behandelt wird, „egal ob er einen Topf Farbe kauft oder 50 Eimer“. Dazu zählt vor allem ein Lieferservice mit drei firmeneigenen Transportern. Marcel Lauricella berichtet von einem Malermeister, dem eine Dose Lack auf seiner Baustelle fehlte. „Er hatte gerade einen der raren Parkplätze in der Innenstadt ergattert und fragte, ob wir vorbeikommen und wenn möglich auch gleich einen Wasserkasten mitbringen könnten?“ Kein Problem. Und wie war das mit dem Kunden, der Fliesenteppich in den Niederlanden bestellt hatte und am Wochenende verlegen wollte, die Ware aber beim Spediteur festhing? Da sind zwei Mitarbeiter von Supa am Freitagnachmittag nach Holland gefahren und haben die Fliesen abgeholt. „Geht nicht, gibt’s nicht.“ Das Firmenmotto sei nun mal kein hohler Werbespruch, sondern selbstverständliche Normalität.
Bei Sundermann und Palm vom Praktikanten zum Geschäftsführer
Kundenorientiert sind auch die Öffnungszeiten: Von Frühjahr bis Herbst öffnet der Großhandel im Stadtteil Flingern bereits um 6.30 Uhr (im Winter um 7 Uhr), damit die Maler noch vor Arbeitsbeginn ihre Farben und Arbeitsmaterialien holen können, die sie unkompliziert meist per Whatsapp bestellt haben. Da erinnert sich Marlies Stange, deren Mann Hartmut Rainer Stange den Betrieb fast 30 Jahre bis zu seinem Tod 2002 leitete, noch an andere Zeiten: „Ein Kunde rief manchmal nachts um vier an und sagte: Ich brauch‘ was.“ Die heute 83-Jährige (die noch immer regelmäßig vorbeischaut) arbeitete ab 1978 in der Firma, inoffiziell noch früher. „Tassen spülen, Büro putzen – damals musste halt die ganze Familie ran.“ Später hat sie sich um das Büro gekümmert, Rechnungen auf der alten Adler-Schreibmaschine getippt, die heute in der Glasvitrine steht. Irgendwann war auch das Tapetenstudio ihr Reich, wo sie dann den Kunden demonstriert hat, „was gerade so in Mode war“.
Traditionelle Farbmuster und das moderne Lager von heute.
Und sie hat miterlebt, wie eines Tages ein Praktikant aufkreuzte: Marcel Lauricella. „Farbengroßhandel kannte ich gar nicht. Wenn man Farben braucht, geht man halt zum nächsten Baumarkt“, gesteht er lachend. Dem „Reinschnuppern“ folgte 2005 eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann – und der Entschluss, in dem Familienbetrieb zu bleiben. Dass er vom ersten Azubi von Supa mal zum Geschäftsführer aufsteigen würde, „daran hätte ich damals nicht gedacht“. Doch die Vorteile hat er schnell erkannt: flache Hierarchien, familiäre Atmosphäre, vielseitige Aufgaben. Nur einige ältere der elf Mitarbeiter, die ihn noch als Azubi kannten, mussten sich erst daran gewöhnen, dass er nun ihr Chef war.
Von „Rubinrot“ zu „Magenta“
Die erste große Bewährungsprobe musste der heute 35-Jährige bestehen, als nur wenige Wochen nach seiner Ernennung die Corona-Pandemie ausbrach – mit dem ersten Lockdown. „Die Sorge ums Geschäft und vor allem um die Mitarbeiter haben mir schlaflose Nächte bereitet.“ Letztlich aber habe Sundermann und Palm von dieser Situation sogar profitiert, auch weil es auch Privatkunden offensteht. „Es wurde renoviert wie noch nie.“
Schwierige Zeiten hat das Unternehmen immer wieder erlebt, alles andere als leicht waren schon die Bedingungen im Jahr 1923, als Ferdinand Sundermann und Karl Wilms den Großhandel gründeten – zu Beginn einer Hyperinflation. In jenem Jahr war übrigens „Rubinrot“ Farbe des Jahres, noch per Hand gemischt. Heute steuern Computerprogramme die Mischmaschinen und zaubern sechs Millionen unterschiedliche Töne. Andere Zeiten, andere Herausforderungen: Heute sollen Farben umweltfreundlich sein, ohne Lösungsmittel, Weichmacher und Konservierungsstoffe – und trotzdem lange halten. Wer heute Farbe bekennen will, greift zu „Magenta“, der Farbe des Jahres 2023. Wieder ein sattes Rot (aber mit einer kräftigen Prise Pink), ein Ton, der anregend wirkt und für Vitalität steht. Marcel Lauricella: „Farbe lebt!“
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