Verkehrsleitbild Rheinland 2023

Die IHK Düsseldorf fordert gemeinsam mit weiteren IHKs mehr Tempo beim Thema Infrastruktur. Zudem müssten die öffentlichen Budgets deutlich aufgestockt werden.

Verkehrsleitbild Rheinland

Text: Daniel Boss, Fotos: Andreas Baum, Grafik: büro G29
„Er ist der Zukunftsverkehrsweg unserer Region schlechthin“: Bei der Vorstellung des „Verkehrsleitbild Rheinland 2023“ hat Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, die hohe Bedeutung des Rheins betont. 80 Prozent der Binnenschiffe im Rheinland fahren über den großen Strom. Mehr als die Hälfte des deutschen Güterumschlags auf der Wasserstraße findet in NRW statt. Hinzu kommt ein großes Potenzial: „Anders als die Straße und die Schiene bietet der Rhein noch reichlich freie Transportkapazitäten“, so Gregor Berghausen.
Um diese auszuschöpfen, bedarf es allerdings größerer Maßnahmen – unter anderem wegen des wiederkehrenden Niedrigwasser-Problems. Es gilt, das System Wasserstraße zu stärken und sich gezielt für die Klima-Resilienz des Rheins einzusetzen. „Dafür müssen entsprechende Investitionen getätigt werden“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Er spricht sich für einen Ausbau der Wasserstraße aus, sowohl was die Ablade-Kapazitäten als auch was die verbesserte Schiffbarkeit – Stichwort Vertiefungen – betrifft. Zudem sollte das Land die „landesbedeutsamen Häfen nach Wasserstraßen-, Hafen- und Logistikkonzept NRW“ für die industrie- und logistikaffinen Nutzungen sichern – und vor entgegenstehenden Interessen schützen: Heranrückende Wohnbebauung etwa sorgt immer wieder für Sorgenfalten in den Häfen.

Intelligentes Baustellenmanagement bei der Bahn

Zehn Punkte stellt die IHK-Initiative Rheinland (neben der IHK Düsseldorf sind das die IHKs Aachen, Bonn/Rhein-Sieg, Köln, Mittlerer Niederrhein und die Bergische IHK) in ihrem aktuellen Verkehrsleitbild Rheinland heraus. Die Bandbreite der Themen reicht von der Frage nach attraktiveren Arbeitsplätzen für planende Ingenieurinnen und Ingenieure bis zum Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoff-Pipeline-Infrastruktur.
Handlungsbedarf beim Verkehrsträger Schiene ist in dem Papier der IHKs ein weiterer zentraler Aspekt. „Hier müssen die Kapazitäten ebenfalls gezielt erweitert werden, um Waren effizient in unserer Region transportieren zu können“, sagt Gregor Berghausen. Das Verkehrsleitbild Rheinland sieht deshalb vor, den für die Wirtschaft wichtigen Bau der dritten Gleise zwischen Oberhausen und Emmerich sowie zwischen Aachen und Köln zu beschleunigen, um die Anbindung des Rheinlands an die ZARA-Häfen (Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) zu verbessern. „Durch ein geeignetes Baustellenmanagement muss außerdem gewährleistet werden, dass wichtige Standorte während der Baumaßnahmen nicht vollständig vom Schienennetz abgeschnitten werden“, so Berghausen.

Verkehrsleitbild Rheinland sieht Chance für den Flughafen Düsseldorf

Der Airport in Lohausen, wichtigster Flughafen im Bundesland, soll durch eine an die Runway-Kapazität angepasste Genehmigung die Chance zur weiteren Entwicklung bekommen. Berghausen: „Es geht hier nicht um einen Ausbau der Start- und Landebahnen, sondern um eine optimale Nutzung der vorhandenen Möglichkeiten.“ Für das bedeutende Fracht-Drehkreuz Köln/Bonn fordern die IHKs den Fortbestand der Nachtflugregelung über das Jahr 2030 hinaus.
Mit die größte Herausforderung ist laut IHK-Initiative die Finanzierung der Infrastruktur. „Unsere Verkehrswege sind seit Jahren chronisch unterfinanziert“, sagt Michael F. Bayer, Berghausens Kollege bei der IHK Aachen. Addiere man die fehlenden Finanzmittel der Jahre 2012 bis 2023, ergebe sich eine Finanzierungslücke von mehr als 45 Milliarden Euro. „Die Budgets müssen angesichts der maroden Infrastruktur deutlich aufgestockt und primär für deren Erhalt und Ausbau genutzt werden“, betont Michael F. Bayer. Man sehe das akute Problem weniger auf der Einnahmenseite als vielmehr in der Verteilung der Mittel: Gelder aus Kfz-Steuer, Lkw-Maut und ähnlichen Quellen sollten zweckgebunden allein dem Verkehrsbereich zugutekommen. „Damit wäre schon ein großer Schritt getan“, meint Michael F. Bayer.

Tempo bei der Planung

Nicht nur das Brücken-Debakel in NRW macht den Zustand der hiesigen Infrastruktur überdeutlich. Bereits der Infrastruktur-Zustandsbericht der IHK-Initiative aus dem Jahr 2016 zeigt, dass etwa ein Fünftel der Bundesautobahnen und ein Drittel der Bundesstraßen in einem schlechten baulichen Zustand sind. Die IHKs fordern deshalb in ihrem Verkehrsleitbild Rheinland auch, Planungsverfahren deutlich zu verschlanken, zu entbürokratisieren und zu beschleunigen. Erforderlich sei mindestens eine Halbierung der Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeiten, heißt es. Um das zu erreichen, müsste die Verwaltung verbindliche Fristen für die Bearbeitung der Anträge einhalten und bei umfangreicheren Genehmigungsverfahren eine interne Termin- und Projektsteuerung etablieren – so wie es in der Wirtschaft gang und gäbe sei.

Verkehrsleitbild Rheinland zum Zukunftsthema Wasserstoff

Auch die Erreichbarkeit der Innenstädte gilt es zu sichern, etwa durch die Förderung betrieblicher Mobilität. „Unsere Innenstädte müssen langfristig gut erreichbar sein, denn eine starke Wirtschaft in urbanen Räumen floriert, wo der Verkehr stadtverträglich und umweltfreundlich gedacht wird“, betont Gregor Berghausen. Beim Zukunftsthema Wasserstoff fordert das Verkehrsleitbild Rheinland 2023 den schnellen und unbürokratischen Aufbau des Wasserstoffnetzes hierzulande mit Anschluss an die beiden wichtigen Partner Belgien und die Niederlande mit ihren Häfen. Denn der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft ist eine enorme technische, finanzielle und zeitliche Herausforderung – und emissionsfreier Wasserstoff wird dabei insbesondere für die Industrie eine Schlüsselrolle einnehmen. „Die enormen Mengen an Wasserstoff, die für die Transformation unserer Wirtschaft benötigt werden, können nicht nur im Rheinland produziert werden“, so Michael F. Bayer.

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