Wirtschaft Düsseldorf unplugged

Unternehmerische Verantwortung: Was bedeutet Corporate Citizenship im 21. Jahrhundert?

Wirtschaft Düsseldorf unplugged
„Volles Haus" beim Live-Podcast in der IHK Düsseldorf.

Text: Dagmar Haas-Pilwat, Fotos: Andreas Endermann
Podcasts werden immer beliebter: Man kann sie auf dem Sofa, beim Joggen oder im Auto anhören. Oder sogar live bei den Aufnahmen dabei sein, wenn es bei der Industrie- und Handelskammer heißt: „Wirtschaft Düsseldorf unplugged“. Bei der Premieren-Veranstaltung in den neugestalteten Räumen im elften Stock des IHK-Gebäudes konnte sich Gregor Berghausen über ein volles Haus freuen. „Per Podcast Wirtschaft Düsseldorf unplugged wollen wir mit unserem Partner Rotonda Business Club und der Wirtschaftsförderung Düsseldorf das Verständnis für wirtschaftliche Belange in unserer Region und die wirtschaftliche Vernetzung vor Ort fördern“, sagte der IHK-Hauptgeschäftsführer. Diesmal saßen auf dem Podium neben Moderatorin Andrea Greuner vier Protagonisten aus unterschiedlichen Branchen. Sie berichteten über ihre Vorstellungen von unternehmerischer Verantwortung, beleuchteten Themen wie Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und New Work.

Finanz-Service von Frauen für Frauen

Maria Mann hat 2018 das Start-up Financery gegründet. „Wir sind der erste weiblich geführte Robo-Advisor und der erste unabhängige Finanz-Service von Frauen für Frauen“, sagte sie. Ihr Ziel ist es, die Wohlstandslücke zwischen Männer und Frauen, zu schließen. „In 30 Jahren werden 75 Prozent der heute 35-jährigen Frauen eine Rente von nur 400 Euro erhalten. Ich möchte Frauen die Möglichkeit geben, finanziell unabhängig und selbstbestimmt vorzusorgen“, erklärte die Gründerin und CEO. Unternehmerische Verantwortung bedeutet für sie auch, dass ihre Mitarbeiterinnen sich mit Financery identifizieren können. „Jede einzelne im Team hat ein hohes Maß an Eigenverantwortung und kann eigene Ideen einbringen, die auch wirklich umgesetzt werden“, betonte Maria Mann.

Thomas Perterer führt die Geschäfte von Lhoist in Wülfrath, das mit 1.300 Mitarbeitern größte Kalkwerk in Europa. „Kalk ist in über 1.000 Produkten unverzichtbar – beispielsweise in der Landwirtschaft, bei der Herstellung von Stahl und Kunststoffen, Klebstoffen, Farben und Lacken, in Waschmitteln, Kosmetika und Pharmazeutika“, sagte der CEO. Doch so erfolgreich die Firma ist, sie hat dennoch ein großes Problem: Der Kalkstein enthält CO₂, das zum einen bei der Produktion durch energieintensive Brennprozesse in Industrieöfen freigesetzt wird. „Daher sollen die verwendeten fossilen Brennstoffe durch klimafreundlichere ersetzt werden“, sagt Perterer. Zum anderen stammen die meisten CO₂-Emissionen aus dem Kalkstein selbst. „Deshalb bedeutet für mich unternehmerische Verantwortung, proaktiv den CO₂-Transformationsprozess voranzutreiben. Geplant ist eine Anlage, mit der das Kohlendioxid abgeschieden und unterirdisch eingelagert werden kann“, erklärte Thomas Perterer.

Bürokratie abbauen

Hicham El Founti hat mit 19 seine Cargo-Firma für die Überführung von Särgen gegründet. Inzwischen agiert die Aalam Logistics Group als Vermittler von Luftfrachtkapazitäten aller Art, von insgesamt 8 Airlines in 17 Ländern. El Founti ist zudem Inhaber des vom Großvater in den 1970er Jahren gegründeten ersten islamischem Bestattungsinstituts in NRW – und er engagiert sich ehrenamtlich als Vorsitzender der Wirtschaftsjunioren Düsseldorf. Der 31-Jährige ist meinungsstark und erhebt lautstark auch auf landespolitischer Ebene seine Stimme, wobei ihn vor allem der Fachkräftemangel umtreibt. „Wir müssen bei der Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer die bürokratischen Hemmnisse abbauen, ansonsten fahren wir das Thema an die Wand und bremsen die Wirtschaft aus“, betonte er. Als engagierte Stimme der jungen Wirtschaft ist es sein Anliegen, über den Tellerrand zu blicken, konstruktiv nach Lösungen zu suchen und so jungen Menschen in der Unternehmerwelt den Rücken zu stärken.

Vier-Tage-Woche Thema bei Wirtschaft Düsseldorf unplugged

Nadja Amireh, Inhaberin der PR-Agentur Wake-Up-Communications, geht gerne neue Wege und „investiert“ in ihre Mitarbeiterinnen. „Mein erklärtes Ziel ist es, jede und jeden von ihnen möglichst lange im Team zu behalten“, sagte die Düsseldorferin. Als ein probates Mittel hat sie vor einiger Zeit bezahlte Ehrenamts-Tage und den „kurzen“ Freitag eingeführt. Seit einem Jahr wird in der Agentur an vier Tagen in der Woche gearbeitet – bei gleicher Bezahlung wie zuvor und ohne Extra-Überstunden. „Anfangs hielt sich die Begeisterung des Teams in Grenzen – nicht jedes Team-Mitglied konnte sich spontan mit der New-Work-Idee anfreunden“, so Nadja Amireh. Zu ihrer Verwunderung sei zudem die Bewerber-Quote durch den Anreiz einer Vier-Tage-Woche nicht gestiegen.
In einem Punkt waren sich alle Podcast-Speaker einig: Ein zentraler Schlüssel für erfolgreiches Wirtschaften ist die Investition in die Nachwuchs-Ausbildung – nach der Devise „Kannste was, dann biste was“.


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