Text: Susan Tuchel, Fotos: Kiwifalter (Mil-Al Han, Tanja Deuß)
Die beiden Gründerinnen Stephanie Maus und Katja Kaltenbach sind angetreten, um mit ihrem Family Hub Kiwifalter jungen Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Denn hier mahlen die Mühlen immer noch langsam: 66 Prozent der erwerbstätigen Mütter arbeiten in Teilzeit. Das zieht ein um 30 Prozent geringeres Erwerbsvolumen nach sich: für den Arbeitskraft- und Fachkräftemarkt ein inländisches Potenzial, das brachliegt, vom Renten-Gender-Gap einmal ganz abgesehen.
Laut Prognos-Studie aus dem Jahr 2023, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gab, sollten deshalb „weitere familienpolitische Initiativen zur Erhöhung von Zeitautonomie in herausfordernden Familienphasen diskutiert werden“.
„Wir bringen Luft zum Atmen in den Alltag von jungen, berufstätigen Familien.“
Katja Kaltenbach, Co-Gründerin von Kiwifalter
Maus und Kaltenbach wollten lieber handeln als diskutieren und revolutionierten bereits 2019 mit ihrem Konzept den Betreuungsmarkt. „Wir bringen Luft zum Atmen in den Alltag von jungen, berufstätigen Familien, indem wir ihnen einen Coworking Space mit flexibler Kinderbetreuung sowie Kurse, Workshops und Ferienprogramme unter einem Dach anbieten“, zählt Katja Kaltenbach auf. 2020 nahm die Corona-Pandemie den Gründerinnen zunächst den Wind aus den Segeln. Die ersten vier Jahre wurden sie noch durch eine Projektförderung des Jugendamtes Düsseldorf unterstützt. Noch immer arbeiten die beiden Betriebswirtinnen ehrenamtlich, weil sie mit ihrem innovativen Konzept aktuell zu keinem Fördertopf passen. Doch ans Aufgeben denkt keine von ihnen. Zu wichtig ist ihnen ihre Mission, dem Fachkräftemangel mit Chancengleichheit und Gleichberechtigung zu begegnen. „Immer mehr Frauen möchten in den Job zurück und Männer wollen immer mehr Care-Arbeit leisten“, so ihre Erfahrung.
Große Reichweite für familienfreundliche Idee
Die Zeit spielt ihrer Geschäftsidee in die Karten. Kleine und mittlere Unternehmen und auch die ersten großen Beratungen klopfen an, weil sie erkennen, wie hoch auf der einen Seite die Fluktuations- und Wiederbeschaffungskosten sind und wie positiv sich auf der anderen Seite eine Unterstützung der Familien bei einer Rückkehr in den Job nach der Babypause auszahlt. Im Umkreis von 20 Kilometern kommen Eltern mit ihren Kindern aus Duisburg, Ratingen, Krefeld und dem Ruhrgebiet, um im Family Hub zu arbeiten und ihre Kinder, von denen über 90 Prozent unter drei Jahre alt sind, gut und flexibel betreut zu wissen. Ein Unternehmen, das das Family Coworking-Betreuungspaket von Kiwifalter für seine Mitarbeiter komplett übernimmt, ist die Cusp Capital Partners GmbH aus Essen. „Die Mitarbeiterin, die bereits mit ihrem ersten Kind gekommen ist, bekommt nun auch den Betreuungsplatz im KidsSpace für ihr zweites Kind voll bezahlt und wurde in ihrer Elternzeit befördert“, erzählt Stephanie Maus. Für Maus eine Erfolgsstory, die zeigt, wie wirksam diese Benefits sind. Familienfreundlichkeit in Unternehmen erweist sich als eine treffsichere Speerspitze gegen den Fachkräftemangel.
Die Zielgruppe
Das Family Hub in Düsseldorf-Kalkum ist bundesweit das erste, das mehrere Vereinbarkeitsangebote unter einem Dach anbietet. Anbieter für Coworking mit Kinderbetreuung gibt es schon in Köln und Berlin. „Das Konzept, eine Betreuung für Kinder ganztägig inklusive Kita Schließ- und Randzeiten anzubieten, nimmt gerade Fahrt auf“, bestätigt Katja Kaltenbach. Organisatorisch lohnen sich für KMUs eine Betriebskita oder ähnliche Betreuungsmodelle nicht. Ein Family Hub ist outgesourcte „Familienfreundlichkeit“, die sich außerdem rechnet. Für den Arbeitgeber bringt der Einsatz eine Rendite von bis zu 40 Prozent, wenn die Eltern früh aus der Elternzeit zurückkommen, zudem sind die Kosten steuerlich absetzbar. Bei zwei Elternteilen können die Kosten auch zwischen den Arbeitsgebern geteilt werden. Selbst wenn die Eltern einen Eigenanteil leisten, ist auch dieser steuerlich absetzbar. Für die Bedürfnisse der kleinen Erdenbürger ist auch gesorgt. Eine Erzieherin kümmert sich um den Nachwuchs und die Eltern werden per Pieper informiert, wenn das Baby z. B. gestillt werden muss.
Gebucht wird ohne Mitgliedschaft ganz flexibel über eine App. Um das Konzept für das eigene Unternehmen zu testen, empfehlen die Gründerinnen eine Kiwi-Karte für junge (werdende) Eltern, um ihren Mitarbeitenden einen sanften und familienfreundlichen Wiedereinstieg nach der Babypause zu ermöglichen. Das Angebot ist branchenunabhängig, die einzige Voraussetzung ist, dass die Mitarbeitenden remote arbeiten können. Niedrigschwellig ist der Einstieg auch. Er liegt bei 15 Euro pro Stunde und Kind.
Weitere Unterstützung zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Rahmen der Fachkräftesicherung bietet auch die IHK Düsseldorf.
Beiträge zu Gründenden & Start-ups und zur Fachkräftesicherung im IHK-Online-Magazin.