Alltagshilfen neu entwickelt

Alles, was Recht ist - damit beschäftigt sich ein Start-up aus Düsseldorf, ein zweites will Pflegebedürftigen das Leben erleichtern.

Text: Ute Rasch, Fotos: Andreas Wiese

Alle wollen, dass es funktioniert. Aber keiner will wissen wie!“ Die Frau, die diesen Satz sagt, weiß genau, wovon sie spricht: vom Steuerrecht. Nina Kuntschik hat bereits eine rasante Karriere hinter sich, nach Jura-Studium mit Promotion (Schwerpunkt Steuerbilanzrecht) und einem Steuerberaterexamen arbeitete sie zunächst in einer Großkanzlei in Köln, danach leitete sie die Steuerabteilung eines internationalen Papierherstellers und trainierte Mitarbeiter in ganz Europa zum Thema Umsatzsteuer.     

Womit sich die meisten Menschen nur widerwillig beschäftigen, bezeichnet sie als ihre große Leidenschaft. Und die mündete jetzt in eine eigene Firma. Und in die Produkte, die Nina Kuntschik in der soeben gegründeten Law in Practice GmbH anbietet. Dazu sollten wir Knut kennenlernen. Der junge Mann hat einen 3-D-Drucker entwickelt, den er an Kunden weltweit verkauft. Damit kennt er sich aus. Aber Begriffe wie Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, Vorsteuerabzug und Transaktionssteuer sind ihm ein Rätsel. Deren Bedeutung erklärt ihm Lisa, seine Steuerberaterin, die den jungen Unternehmer durch den Begriffsdschungel führt – und uns gleich dazu. Denn Knut und Lisa sind die Hauptfiguren in einem digitalen Comic, das Nina Kuntschik entwickelt hat, ein unterhaltsames Lernvideo, das komplexe Zusammenhänge einfach erklärt und einen Einstieg in die Umsatzsteuer vermittelt.

Nina Kuntschik sorgt für Durchblick bei Steuerfragen. Fotos: Andreas Wiese

Einen solchen kompakten Onlinekurs (Dauer: 90 Minuten) bietet LIP, so die Kurzform des Firmennamens, vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen an, die zwar einen Steuerberater, aber keine eigene Steuerabteilung haben. „Auch Mitarbeiter der Buchführung, des Einkaufs und Vertriebs – also zumindest alle, die mit Lieferungen oder Leistungen beschäftigt sind – sollten über Grundkenntnisse verfügen“, so die Gründerin. Und da sie aus ihrer Praxis weiß, dass die meisten Menschen vor dem Thema Steuern eher zurückscheuen, hat sie sich zum Ziel gesetzt, Kompliziertes transparent darzustellen. Das gilt auch für ihr zweites Produkt: Eine allgemeine Einführung in das deutsche Recht – ebenfalls als Online-Kurs. Da werden Unterschiede zwischen Zivil- und Strafrecht erläutert und Antworten auf Alltagsfragen gegeben: Was ist ein Kaufvertrag? Wie kommen Gesetze zustande? Gilt ein mündlicher Vertrag? Wie unterscheidet sich ein Vergehen von einem Verbrechen? Dieses Rechtstraining mit praktischen Fallbeispielen ebenfalls in 90 Minuten hat Nina Kuntschik für Privatpersonen und Unternehmen gleichermaßen konzipiert, „aber auch weiterführende Schulen können das ELearning in ihren Unterricht integrieren“. Die Gründerin hat ihr Start-up in allen Schritten, einschließlich der Videos, selbst entwickelt – und finanziert. Ein monatelanger, oft mühseliger Prozess, „man braucht schon Biss um durchzuhalten“. Und die Aussicht auf Erfolg: Umsatzsteuerrecht gilt europaweit, das erweitert den potenziellen Kundenkreis – und deshalb existiert auch bereits eine englische Version ihrer Videos. (https://lawinpractice.eu)

Eine rundum saubere Sache

Die Zahl ist bekannt: In zehn Jahren wird jeder Dritte über 65 Jahre alt sein. Die Herausforderungen aber, die mit einer alternden Gesellschaft verbunden sind, sind längst nicht gelöst – Innovationen finden eher auf anderen Gebieten statt. Auch deshalb haben die Signal Iduna Gruppe und die Deutsche Seniorenliga zum zweiten Mal einen Ideenwettbewerb initiiert, den einzigen in Deutschland, der den Alltag von Senioren in den Mittelpunkt stellt. Der Sieger dieses Senovation-Award 2019 ist ein Start-up aus Düsseldorf, das einen digitalgesteuerten Wäscheservice betreibt. Spätestens bei der Preisverleihung war klar: Diese Geschäftsidee ist eine rundum saubere Sache. 59 Den Alltag im Alter erleichtern – mit den Mitteln des digitalen Zeitalters. Dieser Anspruch brachte Cosa Vita in Schwung, gegründet im Frühling 2018 von Frank Schmitz, Professor für Betriebswirtschaft an der Hochschule Rhein-Waal. „Die Idee entstand ursprünglich in einem Projekt mit Studierenden“, so Schmitz. Dabei ging es um das zentrale Thema, wie sich hauswirtschaftliche Dienstleistungen für pflegebedürftige Menschen verbessern lassen – mithilfe moderner Logistik. Bei einer Befragung von Pflegediensten stellte sich heraus, dass 65 Prozent der Betreuten sich vorstellen konnten, zusätzliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. „Denn die Lebensqualität im Alter wird ja auch durch die Frage bestimmt, wie die alltäglichen Aufgaben im Haushalt organisiert werden können.“

Professor Frank Schmitz hat eine App entwickelt, die Wäscheservice digital regelt. Foto: Andreas Wiese

Konkretes Beispiel: Wer macht die Wäsche? Die Antwort darauf hat Cosa Vita gefunden. Das Unternehmen bietet ambulanten Pflegediensten eine Kooperation. Dazu wurde eine App entwickelt, über die sich der Wäscheservice digital regeln lässt – „ohne zusätzlichen Papierkram“. Heißt: Der Pflegedienst nimmt in einem bereitgestellten Sack die Schmutzwäsche mit, der wird mit dem Smartphone gescannt, damit Verwechslungen ausgeschlossen sind, von Großwäschereien mit zertifizierten Hygienestandards gewaschen, gebügelt und schließlich zum Pflegedienst zurückgebracht. Die Mitarbeiter nehmen das Wäschepaket beim nächsten Besuch dann wieder mit zu ihren Kunden. So schließt sich der Kreislauf – innerhalb von zehn Tagen. Eine Testphase mit der Caritas in Geldern/ Kevelaer habe das System erfolgreich bestanden, so Frank Schmitz. Andere Pflegedienste sind inzwischen an einer Zusammenarbeit interessiert, „sie haben erkannt, dass sie ihren Service verbessern können – ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand“. Noch muss der Wäscheservice von den Pflegebedürftigen privat bezahlt werden, allerdings hat der Cosa-Vita- Gründer auch dazu eine Idee: „Wir wollen anregen, dass die Pflegeversicherung die Kosten übernimmt.“ Er sieht in der Kooperation mit Großwäschereien einen zusätzlichen ökologischen Vorteil: „Allein durch das Volumen und die Ausstattung der Maschinen wird zwei Drittel weniger Energie, Chemie und Wasser verbraucht als bei handelsüblichen Haushaltsmaschinen.“ (www.cosavita.de)

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