Interview: Ausbildung in Corona-Zeiten

Neun von zehn Betrieben setzen weiter auf eigenen Nachwuchs

Die Corona-Krise wirkt sich auch auf die Ausbildung aus. Ein Gespräch mit Jens Peschner, Leiter Berufsbildungsmarketing und Berufsbildungsprojekte der IHK Düsseldorf.
Die Corona-Krise wirkt sich auch auf die Ausbildung aus. Ein Gespräch mit Jens Peschner, Leiter Berufsbildungsmarketing und Berufsbildungsprojekte der IHK Düsseldorf.

Interview: Lothar Schmitz, Foto: Paul Esser

Die Corona-Krise wirkt sich auch auf die Ausbildung aus. Ein Gespräch mit Jens Peschner, Leiter Berufsbildungsmarketing und Berufsbildungsprojekte der IHK Düsseldorf.

Herr Peschner, die anhaltende Corona-Krise betrifft auch die duale Ausbildung. Wie hat sich dadurch die Ausbildungssituation im IHK-Bezirk Düsseldorf verändert?

Der Ausbildungsmarkt war bis zum Beginn der Corona-Krise von einer hohen Kontinuität gekennzeichnet. Nun hat sich für die Azubis und Ausbildungsunternehmen binnen kurzer Zeit sehr viel geändert. Erstmals mussten die IHKs bundesweit Prüfungstermine verschieben, von April auf derzeit Juni. Das gab es meines Wissens noch nie. Das bedeutet für alle Azubis im dritten Lehrjahr eine riesige Umstellung. Die Bedingungen für sämtliche Azubis sind auch dadurch erschwert, dass die Berufsschulen wochenlang geschlossen waren und es teils noch sind. Viele Schulen kompensieren den Unterrichtsausfall zwar, indem sie online Material zur Verfügung stellen oder Lernplattformen unterhalten. Doch wissen wir derzeit noch nicht, wie gut die Azubis damit klarkommen und ob sie in den Unternehmen zurzeit überhaupt entsprechend begleitet werden.

Wie steht es denn um die Ausbildung in den Betrieben? Viele Firmen machen ja in der Krise weiter, allerdings unter erschwerten Bedingungen, andere kämpfen um ihre Existenz. Kann da Ausbildung überhaupt adäquat stattfinden?

Hier haben wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen allgemeinen Überblick. Tatsache ist: Es gibt Ausbildungsunternehmen, deren Geschäfte derzeit weitgehend ruhen, manche sind sogar von Insolvenz bedroht. Die IHK wird hier sicherlich demnächst gemeinsam mit anderen Partnern zum Beispiel Verbundausbildung organisieren, also Firmen suchen, die Azubis übernehmen können, um solche Fälle aufzufangen. Aber das wird erst kommen.

„Niemand muss den Kopf in den Sand stecken.“

Sie haben Mitte April eine Blitzumfrage bei über 100 ausbildenden Unternehmen in Düsseldorf und im Kreis Mettmann durchgeführt. Wie steht es denn derzeit um deren Ausbildungsbereitschaft?

Laut unserer Umfrage sagen fast neun von zehn Unternehmen, dass sie ihr Ausbildungsengagement auf dem bisherigen Niveau halten wollen!

Was heißt das für Schulabgängerinnen und -abgänger?

Dass trotz der Corona-Krise viele Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen! Niemand muss den Kopf in den Sand stecken. Medienberichte, die eine Ausbildungskrise beschwören, die gar von „Corona-Jugendlichen“ sprechen, die es nun sehr schwer hätten, sehe ich sehr kritisch.

Wie lautet Ihre Botschaft an die Jugendlichen?

Sie sollen in ihrem Bemühen um einen Ausbildungsplatz nicht nachlassen! Natürlich hängen die Chancen auch von der Branche sowie Größe der Unternehmen ab, bei denen sich Jugendliche bewerben wollen. Kleinere Unternehmen im puren Existenzkampf haben jetzt andere Sorgen als diejenigen, die zunächst einen Ausbildungsplatz besetzen wollten, diesen aber vielleicht gar nicht mehr anbieten können. Bei anderen Betrieben, etwa im Einzelhandel oder E-Commerce, läuft es gut, diese planen also mit Fachkräftenachwuchs.

„Die Lage ist für Ausbildungssuchende alles andere als hoffnungslos.“

Sie sehen also trotz allem gute Chancen für Bewerberinnen und Bewerber?

Auf jeden Fall. Wir können zwar nicht in die Glaskugel schauen, wie sich die Lage am Ausbildungsmarkt konkret entwickeln wird, aber sie ist für Ausbildungssuchende alles andere als hoffnungslos.

Wie unterstützt die IHK ihre Mitgliedsunternehmen und Ausbildungsplatzsuchende? Gibt es in der Corona-Krise Besonderheiten?

In unserer Blitzumfrage wollten wir genau das wissen: Was hilft den Firmen derzeit in Sachen Ausbildungsmarketing am meisten? Klar ist: Die große Mehrheit will Vorstellungsgespräche digital führen, etwa per Skype. Darüber hinaus interessieren sich 58 Prozent der Unternehmen für neue Wege wie Online-Plattformen, digitale Azubi-Speed-Datings oder Webinare. Das bekommen sie bei uns. Wir werden zum Beispiel unsere IHK-Webinare anbieten zu „Ausbildungsmarketing für kleinere Betriebe“, „Tipps für Bewerberinnen und Bewerber“ oder „Soforthilfe für Eltern“, die ja im Berufsorientierungsprozess ihrer Kinder eine zentrale Rolle spielen. Weitere Themen sind unter anderem „Stellenanzeigen zielgerichtet gestalten“ und „Azubis aus der Generation Z gewinnen“. Gleichzeitig behalten wir den Markt im Blick. Im Mai starten wir die nächste Umfrage!

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