Mutter und Tochter – Gegenwart und Zukunft

Charlotte Sommer kennt ihre heutige Chefin schon ihr ganzes Leben. Sie arbeitet mit im Geschäft ihrer Mutter, verkauft dort Mode und Unterwäsche zum Wohlfühlen. In zwei Jahren wird sie das Düsseldorfer Traditionsgeschäft Mohnfeld Moden übernehmen. Es wird der Abschluss eines langen Prozesses, den Mutter und Tochter bewusst ruhig angehen, etwa so wie ein Beratungsgespräch in ihrem Laden: „Es sollen sich alle wohl fühlen.“

Die Nachfolge bei Mohnfeld Moden in Düsseldorf ist geregelt.

Text, Foto und Audio: Piet Keusen
Würden Sie mit ihrer Mutter zusammen arbeiten? Charlotte Sommer hat darauf 2007 „Ja“ gesagt. 18 Jahre später ist sie mit Mutter Ulrike ein eingespieltes Team und die beiden stellen die Weichen auf Zukunft. Seit wenigen Wochen ist es offiziell: Charlotte Sommer wird den Familienbetrieb in zwei Jahren übernehmen. Darauf hat sie sich ihr halbes Leben lang vorbereitet.

Alles fing 2007 an. Ulrike Sommer war damals 47 und auf der Suche nach einer neuen Aufgabe. Die studierte Textilingenieurin wollte sich selbstständig machen und hatte das Angebot einer Agentur entdeckt. „Damals alles ganz geheim mit Chiffre“, erzählt sie heute. Die Vorbesitzerin wollte die Übergabe offenbar nicht in der Öffentlichkeit durchziehen. Mohnfeld Moden stand damals kurz vor dem 50-jährigen Jubiläum. „Niemand sollte etwas von der Übernahme erfahren“, so Sommer. „Kommuniziert wurde es erst, als alles in trockenen Tüchern war.“ Auch, dass sie ein Wäschegeschäft übernimmt, hat Ulrike Sommer erst kurz vor dem Kauf erfahren.

Die Nachfolge bei Mohnfeld Moden in Düsseldorf ist geregelt.
Gut auf die Zukunft vorbereitet: Charlotte Sommer (li.) und Ihre Mutter Ulrike Sommer (re.)

Aber sie lässt sich ein auf Wäsche, Strümpfe und Mode zum Wohlfühlen. Und sie macht vieles richtig: Sie hörte auf die Mitarbeiterinnen und nahm Ratschläge an., lernte die gelebte Kultur im Geschäft und übernahm so die DNA von Mohnfeld Moden. Auch, wenn es länger gedauert hat als erwartet. „Eine Kollegin bei einer Messe hat mir damals gesagt, es dauert etwa fünf Jahre, bis ich überhaupt im Thema bin“, erinnert sie sich heute, „das habe ich damals belächelt. Heute weiß ich: Es hat genau fünf Jahre gedauert.“

Dabei hat sich Ulrike Sommer schnell Verstärkung ins Team geholt: Tochter Charlotte hatte 2007 gerade eine Ausbildung als Sozialhelferin abgeschlossen und gearbeitet. Auf Bitten ihrer Mutter wechselt sie ein halbes Jahr später zu Mohnfeld Moden und macht ihre zweite Ausbildung, diesmal zur Einzelhandelskauffrau. Von da an war klar: Mutter und Tochter sind ab sofort nicht mehr nur verwandt, sondern auch Kolleginnen.

Ulrike und Charlotte Sommer im Interview mit IHK Inside:

Dass das nicht immer leicht war, das lässt sich im Gespräch mit den beiden durchaus heraus hören. Aber, das betont Charlotte Sommer: „Das schöne im Familienunternehmen ist, dass die Liebe da ist. Durch die Liebe ist die Akzeptanz größer, Fehler auch mal zu verzeihen und darüber zu sprechen. Wir sind ein sehr starkes Team geworden, aber das hat ein paar Jahre gedauert.“ Mutter und Tochter haben gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen eine Unternehmens-DNA entwickelt. „Bei uns gibt es mehr als Wäsche“, sagt etwa Charlotte Sommer, „wir geben Zeit, damit sich unsere Kunden und Kundinnen wohl fühlen können.“

„Übernahmen innerhalb der Familie dauern oft länger.“

Svenja Hennig, IHK

Zeit ist auch bei der Übernahme ein großer Faktor. „Übernahmen innerhalb der Familie dauern oft länger“, sagt Svenja Hennig, Beraterin bei der IHK Düsseldorf, „es gibt viele emotionale Aspekte, die man vom Verkauf trennen sollte, aber oft nicht trennen kann. Dazu kommen viele Dinge, die man erst einmal gar nicht auf dem Schirm hat. Es geht vor allem um die Kommunikation, damit die Mitarbeitenden und auch die Kundinnen und Kunden mit ins Boot geholt werden können.“

Vor sechs Jahren haben die beiden das erste Mal über die Zukunft gesprochen. Schnell war klar: Charlotte will das Geschäft übernehmen. Nur: wie geht das? Sie suchen Hilfe, sprechen mit der Bank und der IHK Düsseldorf. Aber es ist kompliziert. „Alleine konnten wir das nicht stemmen“, sagt Ulrike Sommer. „Nach einem langen Arbeitstag haben wir uns nicht auch noch damit beschäftigen können.“ Inzwischen unterstützt sie eine externe Beraterin dabei, bei der Übergabe keine Fehler zu machen. „Wir haben einen Zeitplan erstellt, können auf ihr Netzwerk zugreifen und fühlen uns so einfach sicherer“, sagt Charlotte Sommer.

Schritt eins war es, die zehn Mitarbeiterinnen über den Generationswechsel zu informieren. Schnell und offen, bevor Gerüchte entstehen können. „Das ist ein Zeichen von Wertschätzung“, sagt Charlotte Sommer. „Es geht bei der Übernahme ja nicht nur um uns, sondern auch um unsere Mitarbeiterinnen und deren Jobs, um Sicherheit für alle.“

„Diese Erfolgsgeschichte haben wir gemeinsam geschrieben.“

Charlotte Sommer, Mohnfeld Moden

„Frühzeitige Planung ist wichtig“, sagt Svenja Hennig von der IHK Düsseldorf, „Dann kann man die Weichen ohne Druck stellen und alles so vorbereiten, wie man möchte, nicht weil man plötzlich muss.“ Zeit haben die Sommers. Geplanter Übergabetermin ist 2026. Im Jahr des 70-jährigen Bestehens von Mohnfeld Moden soll die Übergabe abgeschlossen sein. „Wir sind stolz, dass ich die vierte Generation dieses Traditionsgeschäftes übernehmen darf“, betont Charlotte Sommer, „diese  Erfolgsgeschichte haben wir gemeinsam geschrieben.“ Und eines scheint jetzt schon klar: Fünf Jahre Einarbeitung wird Charlotte nicht brauchen. Sie bereitet sich ja seit 18 Jahren auf diesen Tag vor.


Beiträge zur Unternehmensnachfolge.